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61Personal, Strategie 2015 Unternehmeredition | Industrie 4.0 Fokus wusstsein für den Mehrwert, den das Teilen von Daten erbringt, ist vieler- orts noch nicht ausgeprägt.“ Für die Unternehmen kann das zum Problem werden: „Es ist eine Chance, mit unseren Kunden zusammen noch bessere Leistungen zu erbringen“, be- findet Thomar vom Reinigungsspezia- listen. Die dürfe man nicht verspielen. Kärchers Reinigungsmaschinen liefern zum Beispiel ein detailliertes Protokoll über den Putzmittelverbrauch, die Ein- satzzeit und die gereinigte Fläche. Das ermöglicht dem Kunden eine absolut exakte Abrechnung. Gleichzeitig habe der Datenschutz aber weiterhin höchste Priorität bei Kärcher. Dasselbe gilt für Festo. Niemand hier will erleben, dass etwa ein Roboter gehackt wird und am Ende Menschen zu Schaden kommen. Doch auch Axel-Andreas Gomeringer betont: „Wir dürfen uns beim Thema Daten nicht selbst im Weg stehen.“ Tatsächlich scheint Industrie 4.0 insgesamt im Mittelstand noch nicht vollends angekommen zu sein: Zwar be- werten in der aktuellen Commerzbank- Mittelstands-Studie 86 Prozent den digitalen Wandel „als große Chance“ für Deutschland. Gleichzeitig gestehen aber fast zwei Drittel ein, dass der Mit- telstand das Thema bislang eher ver- nachlässige. Wie die Studie zeigt, war- ten viele Unternehmen die Entwicklung ab, statt selbst aktiv zu werden. Das hat Gründe: Oft fehlt es an Expertise, um einschätzen zu können, welche Mög- lichkeiten die Digitalisierung für das eigene Unternehmen bietet. Abschre- ckend wirken auch die notwendigen Investitionen, fehlende Standards und wenig Erfahrung im Umgang mit großen Datenmengen. Diese Zurückhaltung kann nach An- sicht von Unternehmensberater Stefan Schrauf gefährlich werden: „Das Thema Industrie 4.0 zu ignorieren ist fatal.“ Rei- ner Anderl schlägt in die gleiche Kerbe: „Jedes Unternehmen braucht eine Road Map.“ Dabei geht es freilich nicht dar- um, auf einen Schlag ein buntes Paket Industrie-4.0-Lösungen zu implemen- tieren. „Ein Unternehmen muss verste- hen, welche zwei, drei Punkte essenziell sind, die entsprechenden Industrie-4.0- Lösungen hierzu finden und dann genau dort investieren“, erklärt Schrauf. Nützliche Zusammenarbeit Hilfestellung und Fördergelder bie- ten verschiedenste Initiativen von Wirtschaft, Politik und Forschung. Zentrale Anlaufstelle ist die von Bun- deswirtschafts- und Bundesbildungs- ministerium geleitete „Plattform In- dustrie 4.0“. Speziell der Skepsis in puncto Datensicherheit könne die Po- litik zudem mit EU-weit einheitlichen Standards entgegenwirken, so Schrauf. Enormes Potenzial sieht der PwC- Mann auch in einem anderen Bereich: „Gerade Kollaborationen fördern die Entstehung und Weiterentwicklung neuer Technologien.“ Tatsächlich ist die Montage-Linie von Kärcher über knapp zwei Jahre in enger Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-In- stitut für Arbeitswirtschaft und Organi- sation entstanden. Auch mit Nachbarun- ternehmen steht Kärcher im Austausch. Festo arbeitet aktuell unter anderem mit sechs Partnern an einem virtuellen 3-D- Abbild einer Fabrik. Das Ziel: In Zukunft mithilfe einer Software Funktionen tes- ten, noch bevor die Anlage tatsächlich gebaut ist. Für jetzt sind sich aber alle Beteiligten einig: Industrie 4.0 steht in Deutschland noch am Anfang. „Wir wer- den die Einführung nicht mit einem Big Bang erleben“, befindet Professor An- derl. Er sei aber sicher, dass die Entwick- lung schnell genug vorangetrieben wer- de: „Schon in fünf Jahren wird unsere mittelständische Industrie ganz anders aussehen.“ Diese Aussicht dürfte auch Angela Merkel gefallen. ■ redaktion@unternehmeredition.de Pilot-Industrie-4.0-Montagelinie bei Kärcher: Boxen leuchten auf, wenn die entsprechende Komponente gebraucht wird.