Zahlungsmoral deutscher Unternehmen verschlechtert sich deutlich

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Im dritten Quartal 2024 hat sich die Zahlungsmoral deutscher Unternehmen deutlich verschlechtert. Der branchenübergreifende Zahlungsverzug stieg auf durchschnittlich 8,4 Tage, verglichen mit 7,6 Tagen im Vorjahreszeitraum. Dies geht aus einer Analyse des Verbandes der Vereine Creditreform hervor. Gründe sind die schwache Wirtschaftslage, zunehmende Unsicherheiten und Liquiditätsengpässe, insbesondere bei kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die wirtschaftliche Rezession und Herausforderungen in der Industrie sowie entlang der Wertschöpfungsketten haben viele Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten gebracht. Laut Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform, wird die Liquidität der Unternehmen „sukzessive aufgezehrt“. Besonders betroffen seien Betriebe, die noch Rückzahlungen staatlicher Subventionen aus der Corona-Zeit leisten müssen. Gleichzeitig hat sich der Wettbewerb für deutsche Unternehmen erheblich verschärft, was die Situation zusätzlich belastet.

Regionale Unterschiede

Die Zahlungsmoral variiert stark zwischen den Bundesländern. In Bayern, Baden-Württemberg und Hessen werden Rechnungen vergleichsweise schnell beglichen. Am anderen Ende der Skala stehen Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Auch zwischen den Wirtschaftssektoren gibt es deutliche Unterschiede. Besonders schlechte Werte zeigt das Baugewerbe, wo der Zahlungsverzug auf 12,6 Tage gestiegen ist – der höchste Wert aller Branchen. Ebenfalls stark betroffen sind die Konsumgüterindustrie und der Großhandel. In anderen Branchen, wie Chemie und Kunststoffe, blieb der Zahlungsverzug vergleichsweise stabil.

Die Verschlechterung der Zahlungsmoral ist nicht nur ein Symptom der aktuellen wirtschaftlichen Lage, sondern könnte auch langfristige Folgen haben. Unternehmen mit begrenzter Liquidität geraten zunehmend unter Druck, was zu einer Kettenreaktion in den betroffenen Branchen führen könnte. „Die schlechte Zahlungsmoral wirkt sich direkt auf die Liquiditätslage der Unternehmen aus und verstärkt Unsicherheiten in der gesamten Wirtschaft“, betonte Hantzsch.

Prognosen bleiben düster

Die Ergebnisse deuten auf eine anhaltend schwierige wirtschaftliche Phase hin. „Wir stehen vor einer längeren Periode der Unsicherheit, die für Unternehmen sehr belastend ist“, so Hantzsch. Insbesondere kleine und mittelständische Betriebe müssen mit weiteren Engpässen rechnen, während sie gleichzeitig mit einer verschärften Wettbewerbssituation und steigenden Finanzierungskosten konfrontiert sind. Die Verschlechterung der Zahlungsmoral zeigt laut Creditreform den dringenden Handlungsbedarf auf. Unternehmen müssen ihre Liquiditätsplanung anpassen, Kosten senken und Strategien entwickeln, um zahlungsfähig zu bleiben. Vor allem in stark belasteten Branchen wie dem Baugewerbe oder der Konsumgüterindustrie seien schnelle Maßnahmen gefragt, um den Herausforderungen der aktuellen Rezession zu begegnen.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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