Nach einer aktuellen Studie von PricewaterhouseCoopers (PwC) und Intes setzen inzwischen über 80% der etwa 250 befragten Familienunternehmen beziehungsweise Unternehmerfamilien auf die Expertise eines Beirats. Vor etwa 20 Jahren waren es noch unter 40%. Beiräte unterliegen keinerlei gesetzlichen Vorschriften und sind daher frei gestaltbar. Richtig positioniert und besetzt kann ein Beirat eine ganze Reihe wichtiger und sehr verschiedener Aufgaben erfüllen: Für die Geschäftsführung sind das Beratung, Entlastung und Qualitätsverbesserung von Entscheidungen, für die Gesellschafter die Kontrolle der Geschäftsführung, die Vermittlung von Wissen sowie die Moderation in und zwischen den Gremien eines Familienunternehmens.
Gerade auch bei der Frage der richtigen Unternehmernachfolge kann ein gut besetzter Beirat von besonderem Nutzen sein. Dabei ist seit Jahren zu beobachten, dass mehr und mehr Unternehmernachkommen direkt in die Kontroll- und Aufsichtsgremien gehen, ohne vorher in der operativen Führung ihres oder eines anderen Familienunternehmens tätig gewesen zu sein. Zunehmend wird auch das Modell des Alleinherrschers oder Patriarchen durch Teams ersetzt, die das Unternehmen mit einer Kombination von Familienmitgliedern und externen Führungskräften weiterentwickeln. Trotzdem bestehen in einer Vielzahl von Unternehmen noch keine konkreten Vorkehrungen hinsichtlich einer strukturierten Nachfolgeregelung – weder für die geplante noch für die risikobehaftete, das heißt ungeplante Nachfolge. Dabei ragt die Nachfolgethematik in die vielfältigen und interdependenten Teilbereiche von Familienunternehmen hinein. Zusätzlich können persönliche Auseinandersetzungen im Gesellschafterkreis die Nachfolge erschweren. Die Komplexität der zu beachtenden Einzelinteressen wächst von Generation zu Generation: So beruht eine Nachfolgeregelung in späteren Generationen vielfach eher auf einem Kompromiss und ist nicht immer die bestmögliche Alternative.
Mögliche Rollen eines Beirats
Ein Beirat kann im Rahmen einer Unternehmernachfolge vor allem dann Nutzen stiften, wenn im Unternehmen eine neue Konstellation entsteht. Dies gilt immer dann, wenn der derzeitige Unternehmer abgeben möchte und
– es mehrere Nachfolgekandidaten aus der/den Gesellschafterfamilie(n) gibt,
– es keinen Nachfolgekandidaten aus der/den Gesellschafterfamilie(n) gibt,
– es künftig eine ausschließlich familienfremde Geschäftsführung geben soll,
– es mehrere Gesellschafter im Unternehmen gibt,
– es Gesellschafter gibt, die aktuell nicht im eigenen Unternehmen tätig sind.
Hier kann einem Beirat eine ganz wesentliche Aufgabe zukommen. Seine Rolle kann von der Aufstellung eines Nachfolgeplans und der Formulierung von Auswahlkriterien für einen potenziellen Nachfolger über dessen Auswahl (entweder ein Familienmitglied und/oder eine externe Führungskraft) bis hin zu einer Notfallgeschäftsführung reichen, bei welcher der Beirat selbst für eine begrenzte Zeit die Geschäftsführung übernimmt. In letzterem Fall ist bei einem plötzlichen Ausfall des Unternehmers für die Fortführung der Geschäfte Sorge getragen – allerdings setzt sie die Existenz eines Beirats voraus, sodass dessen Mitglieder schon mit den wesentlichen Unternehmensaspekten vertraut sind. Außerdem müssen für eine Notfallgeschäftsführung durch den Beirat die erforderlichen Qualifikationen im Gremium vorhanden sein. Daher sollte mit der Aufstellung eines Beirats rechtzeitig begonnen werden, sodass den erkennbaren Herausforderungen mittels eines eingearbeiteten Beirats begegnet werden kann.
Auch nach der Übergabe an den Nachfolger kommen dem Beirat im Rahmen der reibungslosen Fortführung der Geschäfte wichtige Aufgaben zu. So ist der ausscheidende Unternehmer häufig noch emotional, zum Teil aber auch noch konkret operativ in Unternehmensentscheidungen eingebunden. Gleichzeitig will sich aber auch der Nachfolger mit seinen Vorstellungen im Unternehmen positionieren. Der Beirat kann in dieser Phase die Zusammenarbeit zwischen beiden Parteien konstruktiv und gegebenenfalls vermittelnd begleiten. Auch ein Wechsel in den Beirat kann dem ausscheidenden Senior die Übergangszeit erleichtern. Allerdings empfiehlt es sich, dass der Beiratsvorsitz insbesondere bei einer internen Nachfolge durch eine neutrale externe Person wahrgenommen wird.
Sinnvolle Besetzung eines Beirats
Dem Beirat kommt also im Rahmen der Unternehmernachfolge sowohl eine strukturierende als auch eine vermittelnde Aufgabe zu. Seine Neutralität beziehungsweise Objektivität macht ihn zu einem wichtigen Ansprechpartner für die beteiligten Personen. Dafür sollte er in seiner Struktur homogen und vor allem mit Vertretern mit unterschiedlichem Know-how besetzt sein. Hierbei ist insbesondere an Personen zu denken, die eigene unternehmerische Erfahrungen einbringen können. Beiratsmitglieder müssen darüber hinaus über die erforderliche persönliche und soziale Kompetenz verfügen und zugleich in der Lage sein, dem Unternehmen auch zeitlich im erforderlichen Maß zur Verfügung zu stehen. Es versteht sich von selbst, dass Beiräte unabhängig sein müssen. Insofern scheiden als Mitglieder in Beiräten grundsätzlich alle Personen aus, die aufgrund von aktuellen Geschäftsbeziehungen mit dem Unternehmen noch verbunden sind.
Gewinnung von Beiratsmitgliedern
Für die Gewinnung von Beiratsmitgliedern greifen Unternehmer noch immer überwiegend auf das eigene persönliche Netzwerk zurück. Dabei sind dann Interessenkonflikte und persönliche Verknüpfungen fast nicht zu vermeiden. Zunehmend werden in jüngerer Zeit externe Persönlichkeiten mit der entsprechenden Kompetenz durch die Einschaltung professioneller Dienstleister gewonnen, die sich auf die Beiratsvermittlung spezialisiert haben. Auch gibt es gute Beiräte nicht zum Nulltarif: Die Vergütung sollte dem erforderlichen zeitlichen Aufwand und der Verantwortung angemessen sein. Gute Beiräte wollen ernst genommen werden, sie wollen sich mit ihren Ideen einbringen und mitgestalten. Dann ist die Höhe der Beiratsvergütung letztlich auch ein Zeichen der Wertschätzung ihrer Arbeit.
FAZIT
Ein qualifiziert besetzter Beirat ist ein strategisches Instrument zur Sicherung der Unternehmenszukunft. In Zeiten sich immer rascher wandelnder Rahmenbedingungen und auch disruptiver Veränderungen gilt es, die Robustheit der Unternehmensstrategie regelmäßig gegenüber exogenen beziehungsweise disruptiven Veränderungen zu hinterfragen. Diese Fähigkeit von Beiräten, Entwicklungen zu antizipieren, muss eine Kernkompetenz sein, denn sie entscheidet mit über Erfolg und Misserfolg eines Unternehmens. Dies gilt insbesondere bei der Gestaltung der Unternehmernachfolge.
Dieser Beitrag ist in der Unternehmeredition 1/2021 erschienen.
Dr. Klaus Weigel ist Gastautor.