Private Equity ist zweifelsohne eine attraktive Anlageklasse für Vermögen ab 50 Mio. Euro. Bei kleineren Gesamtvermögen von Unternehmerfamilien bietet sich als liquide Alternative beispielsweise an, in börsennotierte Beteiligungsgesellschaften zu investieren – diese haben oft ein gutes Gespür für Firmen mit Aufwärtspotenzial. Wir stellen einige von ihnen vor.
von GIAN HESSAMI
Wie bereits Detlef Mackewicz in seinem Artikel beschreibt, sind die Private Equity-Investments mit den Traumrenditen à la Yale University gar nicht für jedermann zu tätigen, auch nicht bei entsprechendem „Kleingeld“. In die Programme der sogenannten Top Quartile-Fonds weltweit kommt man ohne langjährige Verbindungen erst gar nicht. Darüber hinaus ist auch eine Diversifizierung über eine Reihe einzelner Private Equity-Fonds-Investments notwendig. Ein Portfolio an Aktien börsennotierter Beteiligungsgesellschaften bietet gleich eine doppelte Diversifizierung: über die verschiedenen Aktien im Depot wie auch über die Fülle der Beteiligungen, die jede einzelne Gesellschaft wiederum hält. Dazu entfällt die Mindestanlage und der Anleger genießt den Vorteil täglicher Liquidität sowie täglicher Bewertung über die Börsenkurse. Die „Mutter aller börsennotierten Beteiligungsgesellschaften“ ist die Aktie von Berkshire Hathaway.
Berkshire Hathaway zeigt, wie es geht
An den Märkten den „richtigen Riecher“ hat schon über Jahrzehnte Berkshire Hathaway. Zu der US-Holdinggesellschaft gehören mehr als 80 Firmen. Berkshires Aktivitäten erstrecken sich über eine Vielzahl von Geschäftsfeldern, darunter Erst- und Rückversicherung, Schienengüterverkehr, Energieversorgung, Finanzdienstleistungen, produzierendes Gewerbe sowie Groß- und Einzelhandel. Ihr Chef ist der berühmteste Investor der Welt: Warren Buffett. Die Beliebtheit der Aktie zeigt allein ihr Kurs: Ein einziges Papier kostet inzwischen rund 340.000 US-Dollar. Vor zehn Jahren war der Titel rund 100.000 US-Dollar wert – ein Schnäppchen im Vergleich zu heute.
Berkshire Hathaway investiert längst nicht mehr nur in bekannte US-Größen wie American Express, Coca Cola oder IBM, sondern auch in viele US-Mittelständler, die solide Renditen abwerfen. Inzwischen sucht Buffett zudem im „German Mittelstand“ nach attraktiven Firmen. Anfang 2015 kaufte er für 400 Mio. Euro die Detlev Louis Motorradvertriebs GmbH, ein mittelständisches Unternehmen für Motorradzubehör. „Dieses Investment ist kleiner als etwas, das wir normalerweise tun würden. Aber es ist ein Türöffner. Ich mag es, dass wir den Code für Deutschland geknackt haben“, so Buffett. Die Kaufsumme war für Berkshire kein großer Deal. Doch die lebende Investmentlegende betonte selbst, es sei eben auch darum gegangen, den Fuß in die Tür des deutschen Mittelstands zu bekommen.
Ausländische Investoren schauen schon länger mit großem Interesse auf den deutschen Mittelstand – vor allem auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die definitionsgemäß bis zu 500 Beschäftigte zählen und einen maximalen Jahresumsatz von 50 Mio. Euro erwirtschaften. Konzernunabhängigkeit oder Familienbesitz sind dabei zwei große Schlagworte, die bei Investoren gut ankommen. Familienunternehmen denken langfristig und nicht nur von Quartal zu Quartal, wie etwa große Konzerne.
Deutsche Beteiligungsunternehmen im Fokus
Um über Beteiligungsgesellschaften auf den Mittelstand zu setzen, muss man nicht unbedingt nach Größen wie Berkshire Hathaway Ausschau halten – zudem deren Aktien häufig bereits hoch bewertet sind. So bieten auch deutsche Beteiligungsgesellschaften gute Einstiegsgelegenheiten. Insgesamt existieren davon inzwischen über 50 (Quelle: Smart Investor 6/2019). Im vorliegenden Artikel wollen wir sieben davon herausgreifen und am Ende auch noch eine Gewichtung in einem Portfolio vorschlagen, sollte man sich für ein Investment in genau diese sieben Titel entscheiden.
Bei den drei größeren, die wir im Folgenden vorstellen, handelt es sich um Rocket Internet (Börsenwert: 3,5 Mrd. Euro), Aurelius (1,2 Mrd. Euro) und Indus (990 Mio. Euro). Zu den mittelgroßen und kleineren Beteiligungsgesellschaften hierzulande gehören die Deutsche Beteiligungs AG (565 Mio. Euro), Gesco (196 Mio. Euro), die Mutares AG (177 Mio. Euro) und die Blue Cap AG (53 Mio. Euro).
Rocket Internet hat sich auf Internet-Start-ups spezialisiert, darunter Hello Fresh, Jumia, Global Fashion Group, home24, Delivery Hero, Westwing und Zalora. Die von Oliver Samwer gegründete Start-up-Schmiede setzt vor allem auf Neugründungen von Unternehmen, die bereits ein erfolgreiches, internationales Vorbild aufweisen. Die Geschäfte verlaufen in diesem Jahr mit Höhen und Tiefen. Während das Konzernergebnis im ersten Halbjahr durch den Verkauf von Beteiligungen auf 548 Mio. Euro sprang, schrumpfte es nach den ersten Monaten auf 285 Mio. Euro zusammen. Das Unternehmen begründete dies mit dem Rückgang der Börsenbewertungen von Jumia und der Global Fashion Group. Im Vorjahreszeitraum hatte Rocket Internet von Januar bis September einen etwas höheren Gewinn von 296 Mio. Euro ausgewiesen. Positiv sieht die Schmiede das Wachstum des Online-Modehändlers Global Fashion Group, dessen Umsatz in den ersten neun Monaten auf 928 Mio. Euro kletterte. Die Kassen sind bei Rocket Internet gut gefüllt: So standen zuletzt für weitere Investitionen liquide Mittel von mehr als 2,5 Mrd. Euro zur Verfügung.
Aurelius hat seinen Sitz in Grünwald bei München und ist eine der führenden europäischen Beteiligungsgruppen. Die Tochterunternehmen sind strategisch langfristig ausgerichtet und profitieren von der Managementerfahrung und Finanzkraft des Mutterkonzerns. Aktuell zählen weltweit 23 Unternehmen mit Standorten in Europa, Asien, und den USA zu Aurelius. Das Unternehmen gilt als Sanierungsspezialist und kauft strauchelnde Firmen oder Randaktivitäten großer Konzerne; es sucht niedrig bewertete Firmen und will sie nach einigen Jahren mit Gewinn veräußern. Im November versilberten die Bayern ihre Tochter Scandinavian Cosmetics, einen Spezialisten für Markenmanagement. Schätzungen zufolge bringt der Deal bis zu 20 Mio. Euro ein. Seit der Übernahme Anfang 2016 übernommen wurde der Umsatz um 25 Prozent gesteigert und die Marge von 8,8 auf 12,1 Prozent erhöht. Aufgrund der Konzernstruktur und der Vorgehensweise beim Kauf, der Entwicklung und dem Verkauf von Beteiligungen wird Aurelius in den Medien vereinzelt auch als „deutsche Berkshire Hathaway“ bezeichnet. In den ersten neun Monaten 2019 erzielte Aurelius einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 187 Mio. Euro – mehr als das Fünffache des Vorjahreswerts.
Indus und Gesco: kaufen, halten und entwickeln
Indus Holding aus Bergisch Gladbach investiert langfristig in mittelständische Produktionsfirmen im deutschsprachigen Raum. Für sie gilt die Devise „langfristige Strategien ohne Exit-Orientierung“. Im Visier stehen vor allem die Hidden Champions – also unbekannte Weltmarktführer, die sich durch eine starke Stellung in Nischenmärkten auszeichnen. Die Tochtergesellschaften agieren operativ und wirtschaftlich selbstständig. Den steigenden Cashflow nutzt Indus, um weitere Beteiligungen zu erwerben. Zum Portfolio gehören knapp 50 Unternehmen aus den Sektoren Bau/Infrastruktur, Fahrzeugtechnik, Maschinen- und Anlagenbau, Medizin- und Gesundheitstechnik sowie Metalltechnik. Die Probleme der Autohersteller gingen an den Rheinländern nicht spurlos vorüber: Die Aktie begab sich in den vergangenen beiden Jahren auf Talfahrt. Seit Sommer 2019 geht es jedoch wieder aufwärts – dafür sorgen auch die grundsätzlich gut laufenden Branchen wie Bau/Infrastruktur, Medizintechnik und Maschinenbau. Auf Zehnjahressicht liegt der Titel immer noch mit rund 200 Prozent im Plus.
Gesco wird oft mit Indus in einem Atemzug genannt. Beide Gesellschaften verfolgen eine konservative Buy and Hold-Strategie, beide suchen nach Hidden Champions im deutschen Mittelstand. Wie Indus konzentrieren sich die Wuppertaler auf wirtschaftlich gesunde Firmen, die ohne Exit-Absicht in die Gruppe aufgenommen und weiterentwickelt werden. Genau wie Indus sucht man Kandidaten mit geringer Verschuldung und stabilem Geschäftsmodell. Schwerpunktbereiche stellen Gesundheit, Maschinen- und Anlagenbau, Fahrzeugtechnik, Metallverarbeitung und Kunststoffe dar. Die Aktie litt zuletzt am eingetrübten Umfeld in der Investitionsgüter- und der Automobilindustrie. Für viele Analysten ist der Titel aktuell ein Kauf. Insbesondere ab 2021 erwarten die Experten wieder Wachstum und eine steigende Profitabilität.
Die Deutsche Beteiligungs AG (DBAG) investiert als aktivster und größter Private Equity-Investor im deutschen Mid Cap-Bereich in Sektoren wie Automobile, Konsumgüter und industrielle Fertigung. Investmentfokus der Frankfurter liegt auf Management Buy-outs, wobei Unternehmen gemeinsam mit ihrem Management übernommen werden. Die DBAG legt geschlossene Private Equity-Fonds auf und investiert an der Seite der DBAG-Fonds in mittelständische Unternehmen. Das von der DBAG verwaltete und beratene Kapital beträgt rund 2,5 Mrd. Euro. Das Geschäft der Frankfurter hängt besonders stark von der Entwicklung der Aktienmärkte ab: So zog es die Aktie 2018 deutlich nach unten. In den vergangenen Monaten kannte der Kurs hingegen fast nur eine Richtung: aufwärts.
Für Investoren, denen konservative Value-Ansätze wie bei Indus und Gesco oder arrivierte Beteiligungsgesellschaften wie Rocket Internet, Aurelius und die DBAG nicht spannend genug sind, könnten zwei kleineren Unternehmen interessant sein: Mutares und Blue Cap. Mutares erwirbt mittelständische Unternehmen in Turnaround-Situationen und restrukturiert sie. Das Portfolio der Münchner enthält derzeit zwölf Firmen aus den Bereichen Automotive and Mobility, Engineering and Technology sowie Goods and Services. Die Aktie kam angesichts der kriselnden Automobilbranche 2018 mächtig unter die Räder. Darüber hinaus entpuppte sich der Börsengang der Beteiligung des Zulieferers der Nutzfahrzeugbranche STS Group als Flop. In den vergangenen Monaten zeigt der Kurstrend allerdings nach oben. Im dritten Quartal ist das Unternehmen dank mehrerer Zukäufe stark gewachsen. Für 2020 und 2021 sehen Beobachter weiteres Aufwärtspotenzial.
Auch mit der Aktie von Blue Cap ging es vor gut einem Jahr deutlich bergab – obwohl es operativ gut lief. 2018 stieg der Umsatz um 24 Prozent auf rund 176 Mio. Euro. Das Unternehmen investiert in mittelständische produzierende Unternehmen, unter anderem in Bereichen Kleb- und Kunststoff-, Beschichtungs-, Produktions-, Metall- sowie Medizintechnik. Verantwortlich für die schlechte Stimmung war ein Streit mit dem Großaktionär PartnerFonds, der das Unternehmen vorübergehend lahmlegte. Seit der Beilegung der Querelen geht es jedoch wieder bergauf. Für ein Fragezeichen sorgte allerdings noch, ob der Rückzug von Dr. Hannspeter Schubert, der das Amt des CEO zum Jahresende abgegeben hat, eine Lücke bei den Münchnern hinterlassen wird.
FAZIT
Wer an der Börse nach Private Equity-Alternativen sucht, für den stellen die Aktien börsennotierter Beteiligungsgesellschaften interessante Vehikel dar. Sie investieren in Start-ups, Sondersituationen oder in den klassischen deutschen Mittelstand. Wer ihrer Expertise bei der Beteiligungsauswahl vertraut, kann inzwischen unter mehr als 50 Gesellschaften aussuchen. Sieben davon haben wir Ihnen im vorliegenden Artikel vorgestellt. Sowohl für Value-Anleger als auch für risikobereitere Investoren ist hier etwas dabei. Für Abbildung 1 haben wir neben den allgemeinen Kennzahlen in der ganz rechten Spalte einen Vorschlag für eine Portfoliogewichtung erarbeitet, sollte jemand einen kleinen Betrag in genau diese sieben Titel investieren wollen.