Branchenübergreifend müssen sich Unternehmen jeder Art und Größe jetzt mit der Digitalisierung ihres Geschäftsmodells auseinandersetzen, um nachhaltig wettbewerbsfähig zu bleiben. Wer die Notwendigkeit ignoriert, sich digital zu transformieren, wird über kurz oder lang seine Kunden nicht mehr erreichen können – und sein Geschäft wird damit obsolet.
Insbesondere mittelständische Unternehmen sehen sich hierbei nicht nur mit dem Druck konfrontiert, Prozesse zu optimieren, effizient zu wirtschaften und Kundenwünsche zu erfüllen: Auch die Anforderungen von Geschäftspartnern und Mitarbeitern, die Arbeitsabläufe zu digitalisieren, sind erheblich gestiegen. Es genügt somit beispielsweise nicht, nur die Vertriebskanäle zu digitalisieren. In letzter Konsequenz müssen Bestell-, Produktions- und Lieferprozess integraler Bestandteil einer Plattform werden, in der sämtliche Endgeräte und Maschinen vernetzt miteinander kommunizieren und Prozessschritte auslösen.
Start-ups bieten neue Technologien
Diese Plattformmodelle setzen an der Schnittstelle von Produzenten, Kunden sowie Zulieferern an und werden von digitalen Markt- und Branchenneulingen eingeführt, was sie zu Gatekeepern macht. Dieses Phänomen zeigt sich sehr deutlich an der Entwicklung des Fintechmarkts: Gerade hier verstehen es Start-ups hervorragend, auf Basis von Analysen der Kundenkontodaten eigene wertschöpfende Angebote zu machen, die der klassischen Bank aufgrund fehlender technischer Möglichkeiten vorenthalten bleiben. Durch eine passende Investition oder Übernahme eines solchen Start-ups könnte diese Lücke jedoch erfolgreich geschlossen werden.
Nicht alle Ansätze von Erfolg gekrönt
Die digitale Transformation ist in fast allen Industrien und Segmenten ein wesentlicher Punkt auf der strategischen Agenda. Nachdem Zielbild und digitale Roadmap entwickelt und festgelegt sind, werden die Maßnahmen für die Transformation hin zu einem digitalen Produkt- und Serviceanbieter entschieden. Hier haben sich drei wesentliche Vorgehens-weisen herausgebildet:
- Softwareentwicklung durch die hauseigene IT-Einheit
- operative Kooperation zwischen etablierten Firmen und Technologie- Start-ups
- Investition in oder Übernahme von Technologie-Start-ups durch etablierte Firmen
Die Entwicklung einer eigenen Software – das hat sich zwischenzeitlich gezeigt – ist besonders für den Mittelstand schwer zu bewältigen. Wesentliche Gründe hierfür sind fehlende Kapazitäten und digitale Kompetenzen sowie eine klare Zielsetzung der Entwicklung und häufig der fehlende Fokus auf den Kunden, denn dessen Bedürfnisse müssen im Zentrum aller Produkt- und Serviceangebote stehen. Auch der Zeitfaktor kann ein Scheitern bedingen: Selbst wenn ein etabliertes Unternehmen exakt das richtige Produkt mit entsprechender Technologie inhouse entwickelt, vergeht hierbei erfahrungsgemäß zu viel Zeit, als dass man im Wettbewerb mithalten könnte.
Auch Kooperationen sind nicht automatisch ein Erfolgsgarant. Ihr Erfolg hängt stark von der Perspektive beider Kooperationspartner und damit der passenden Kooperationsform ab. Das etablierte Unternehmen kann hierdurch wichtiges Know-how aufbauen, Fachkräfte und -wissen nutzen, seine Reputation erhöhen und die „Time-to-Market“ verbessern. Auf der Kehrseite allerdings müssen häufig erhebliche kulturelle Differenzen überwunden werden, die sich im Wesentlichen in der Planung und Umsetzung von Projekten widerspiegeln. Interne Widerstände, Regulatorik, Datenschutz sowie Wettbewerbseinschränkungen et cetera führen zu formellen Schwierigkeiten und oftmals zum Scheitern. Die Resultate von Kooperationen geben daher ein eher heterogenes Bild ab und haben nicht in allen Fällen die Erwartungen und Ziele der Unternehmen oder Start-ups erfüllt.
M&A: ein erfolgversprechender Weg
Mittelständische Unternehmen waren bislang zurückhaltend mit Übernahmen oder Eigenkapitalinvestments. Zu groß ist die Sorge einer Fehlinvestition. Doch gerade mittels Akquisitionen können neue Geschäftsfelder entwickelt oder Systeme und Prozesse auf allen Ebenen sinnvoll ergänzt werden. Drei wesentliche Aspekte, die für M&A sprechen:
- Die Erfahrung zeigt, dass eine Übernahme und anschließende teilweise Integration des Zielunternehmens in die eigene Organisation am effektivsten sind. Die Möglichkeiten direkter Einflussnahme sind weitaus größer als im Rahmen einer Kooperation. So obliegen zum Beispiel die strategische Ausrichtung und damit auch die klaren Entscheidungsprozesse der Muttergesellschaft. Allerdings sollte das Start-up weitgehend in Sachen Strategieumsetzung und Organisationsgestaltung eigenständig bleiben, um es nicht zu lähmen und so die erwünschten Innovationen auszubremsen.
- Das finanzielle Investment kann sich im Falle einer klugen Umgestaltung des eigenen Produkt- und Leistungsportfolios als äußerst rentabel erweisen. Einerseits steigt der Unternehmenswert durch eine strategisch passende Integration erheblich; andererseits lässt sich durch einen möglichen Exit eine attraktive Beteiligungsrendite erzielen.
- Durch die Investition in das Start-up kann das Unternehmen recht schnell eine führende Marktposition erreichen. Ersteres muss nicht mehr permanent frisches Kapital einwerben, sondern kann sich voll und ganz auf den Aufbau neuer Geschäftsmodelle konzentrieren.
Auch wenn es bei M&A-Transaktionen im Start-up-Umfeld bestimmte Vorgehensweisen sowie kulturelle und organisatorische Unterschiede zu beachten gilt, kann sich ein solches Investment positiv auf beide Transaktionspartner auswirken und die digitale Transformation im Mittelstand entscheidend voranbringen.
FAZIT: Mit Kompetenz zum Erfolg
Damit eine solche M&A-Transaktion erfolgreich ist, empfiehlt es sich, einen erfahrenen M&A-/Corporate Finance-Berater hinzuzuziehen. Mittels seines Netzwerks, der Erfahrung, umfassender Analysen, Fachkompetenz und profunder Kenntnisse digitaler Märkte kann so schnell das passende Zielunternehmen gefunden und effektiv integriert werden. Die Wahrscheinlichkeit einer rentablen und erfolgreichen Investition steigt signifikant. Unternehmen aller Branchen müssen sich zeitnah mit der Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle auseinandersetzen, um weiterhin am Markt relevant zu bleiben. M&A-Transaktionen können hierbei maßgeblich zum Erfolg beitragen, da sie bei richtiger Durchführung zu einer Win-win-Situation führen können. Eine kompetente Prozessbegleitung erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit und damit die Rentabilität solcher Transaktionen.
Dieser Beitrag ist erschienen in der Unternehmeredition 3/2020.
Andre Waßmann
Andre Waßmann ist Mitglied der Geschäftsleitung und Head of M&A | Corporate Finance bei Helbling Business Advisors. Zudem ist er Managing Partner bei Corporate Finance International (CFI) dem M&A-Netzwerkpartner, zu dessen Gründungsmitgliedern Helbling Business Advisors zählt. Er hat mehr als zwanzig Jahre Erfahrung als M&A-, Corporate-Finance- und Strategie-Berater für mittelständische Kunden aus der Industrie sowie Banken, Versicherungen und Kapitalmärkte.