Wie lassen sich ESG-Themen in der Praxis umsetzen? Darüber sprechen Henning Padberg, Portfoliomanager von Nordeas Global Climate and Environment Strategie, und Michaela Zhirova, Head of Research & Products im Responsible Investments Team von Nordea Asset Management. INTERVIEW FALKO BOZICEVIC
Sie gehören bei Nordea AM verschiedenen Teams an. Wie funktioniert Ihre Zusammenarbeit für die Global Climate and Environment Strategie?
Padberg: Unsere Aufgabe ist es, Unternehmen zu identifizieren, die führend sind im Bereich Klimalösungen, und ESG spielt dabei eine immer wichtigere Rolle. Die ESG-Integration setzt bereits zu Beginn unseres Anlageprozesses ein und unsere enge Beziehung mit dem Responsible Investments Team wird durch die Tatsache unterstützt, dass wir ziemlich eng zusammen sitzen und tiefgehende Diskussionen führen können. Als Portfoliomanager im Fundamental Equities Team verfügen wir über ein solides Bottom-up-Rahmenwerk für die Bewertung und Analyse eines Unternehmens. Das umfasst seine klimaunterstützenden Lösungen und den Nutzen für die Gesellschaft genauso wie klassische Fundamentaldaten oder die detaillierte Cashflow-Modellierung. Die von Michaela bereitgestellten ESG-Analysen und Erkenntnisse liefern uns zusätzliche Informationen, die für die Beurteilung potenzieller finanzieller Renditen immer wichtiger werden.
Zhirova: Auf unserer Seite, also der des Responsible Investments Teams, führen wir eine Analyse der Geschäftsmodelle durch, um festzustellen, ob ein Unternehmen einen positiven Beitrag zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung leistet. Die Ergebnisse aus dieser Analyse verwenden wir dann als allgemeine Richtlinie für die Bewertung des gesellschaftlichen Beitrags. Wir möchten auch herausfinden, ob die nachhaltigen Elemente eines Unternehmens Wachstum und Investitionen wirklich vorantreiben. In Bezug auf umfassendere ESG-Faktoren setzen wir unsere übliche Toolbox ein. Wir betrachten beispielsweise, wie das Unternehmen geführt wird und ob es seine Kunden fair behandelt. Wir suchen auch nach Hauptrisiken wie Personalangelegenheiten, Datensicherheit oder Problemen im Zusammenhang mit Produktqualität und Service.
Am deutlichsten zeigt sich die Kooperation zwischen Ihren beiden Teams, wenn es um den Dialog mit den Unternehmen geht, in die Sie investieren. Können Sie ein Beispiel dafür geben?
Padberg: Dieser Dialog ist wichtig, um Unternehmen dabei zu unterstützen, sich in die richtige Richtung zu bewegen. Es ist aber auch ein Instrument, um unsere Überzeugung im Hinblick auf dieses Investment zu stärken. Durch unseren engen Dialog erhalten wir einen Einblick, wie Unternehmen auf bestimmte Probleme und Risiken reagieren. Ein Beispiel ist das US-amerikanische Abfallentsorgungsunternehmen Republic Services. Es hatte zunächst ein schlechtes ESG-Profil – die Bewertung war so niedrig, dass es für uns nicht investierbar war. Als wir uns das Unternehmen noch einmal ansehen wollten, nahm Michaela an unserem Treffen mit dem CFO teil. Wir stellten fest, dass das Unternehmen seit der ersten Bewertung einen langen Weg zurückgelegt hatte, so dass frühere ESG-Probleme eine Investition nicht länger behinderten. Wir haben auch eine detaillierte ESG-Analyse zu den Problemen durchgeführt, mit denen das Unternehmen noch konfrontiert war.
Zhirova: Obwohl das Geschäftsmodell von Republic Services viele negative Auswirkungen hat, beweist das Unternehmen ein beeindruckendes Management dieser Auswirkungen. Es gibt viele Beispiele für Unternehmen, in denen zwar Nachhaltigkeitsbeauftragte in die Organisation eingebettet sind, aber dann macht das Management trotzdem einfach sein eigenes Ding. Ich sah Belege dafür, dass Management und Nachhaltigkeitsteam bei Republic Services am gleichen Strang zogen, was sich auch in den Investitionsausgaben widerspiegelte. Zudem wurde ich bestätigt durch die ehrliche Diskussion, die wir mit dem Leiter Nachhaltigkeit im Hinblick auf die bevorstehenden Herausforderungen für das Unternehmen geführt haben. Ein weiteres starkes Unterscheidungsmerkmal war die Tatsache, dass Republic Services der einzige US-amerikanische Abfallentsorger war, der ein wissenschaftlich fundiertes Ziel für die Reduzierung der CO2-Emissionen vorweisen konnte. Während die externe Wahrnehmung des Unternehmens recht schlecht war, wurde unsere interne Arbeit durch ein anschließendes Upgrade des ESG Ratings von MSCI bestätigt, was sich wiederum positiv auf das Portfolio auswirkte, da unsere Portfoliomanager bereits investiert waren.
Können Sie beschreiben, wie sich dieser Unternehmensdialog auch mit den vielen derzeit laufenden globalen Initiativen überschneidet?
Zhirova: Eine Initiative, die wir bei Nordea unterstützen, besteht darin, die Unternehmen mit den höchsten CO2-Emissionen in unseren Portfolios zu ermutigen, die Standards der Expertenkommission für klimabezogene finanzielle Offenlegung (Task Force on Climate-Related Financial Disclosures, kurz: TCFD) zu übernehmen. Wir bekräftigen auch die Notwendigkeit für Unternehmen, Investoren detaillierter über die Risiken und Vorteile ihres Geschäftsmodells zu informieren. Das Unternehmen Linde, das die Portfoliomanager seit fast einem Jahrzehnt halten, ist ein gutes Beispiel für unsere Bemühungen in diesem Bereich. Linde bietet Lösungen für die Schwerlastindustrie, um Emissionen zu senken, emittiert jedoch auch selbst CO2. Obwohl es bereits eine starke Berichtsfunktion hatte, ermutigten wir das Unternehmen, sich zu den TCFD-Standards zu verpflichten. Es war äußerst positiv zu sehen, dass Linde unseren Empfehlungen folgte und seine Ausrichtung auf TCFD Anfang dieses Jahres veröffentlichte.
Sehen Sie die vollständige Aufzeichnung des Live-Interviews hier: https://www.nordea.de/de/professional/video/zu-gast-henning-padberg-michaela-zhirova/
Falko Bozicevic ist Chefredakteur des GoingPublic Magazins sowie des Anleihe-Portals BondGuide. Seine Schwerpunkte liegen vor allem auf makroökonomischen Themen sowie Investment-Fragen rund um IPOs, Anleihen und Fonds.