Wirtschaftsprognosen: ifo-Index deutlich gefallen

Foto: © Miha Creative_AdobeStock
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Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich deutlich abgekühlt. Der ifo Geschäftsklimaindex ist im Juli deutlich auf 88,6 Punkte gefallen. Das sei der niedrigste Wert seit Juni 2020. Mit diesen schlechten Nachrichten beginnen wir die Übersicht über aktuelle Wirtschaftsprognosen.

Die Unternehmen erwarten nach Angaben des Münchener ifo-Instituts in den kommenden Monaten erheblich schlechtere Geschäfte. Zudem seien sie weniger zufrieden mit ihrer aktuellen Geschäftslage. „Hohe Energiepreise und drohende Gasknappheit belasten die Konjunktur. Deutschland steht an der Schwelle zur Rezession“, sagt Clemens Fuest, Präsident des ifo-Instituts. Im Verarbeitenden Gewerbe sei der Index stark gefallen. Der Pessimismus mit Blick auf die kommenden Monate sei so schlimm, wie zum Beginn der Coronapandemie. Dies ziehe sich nahezu durch alle Industriebranchen. Die Neuaufträge waren laut ifo-Institut erstmals seit zwei Jahren leicht rückläufig.

ifo-Geschäftsklima-Index Auch im Dienstleistungssektor hat sich das Geschäftsklima erheblich verschlechtert. Insbesondere die Erwartungen sind eingebrochen. Nach zuletzt großem Optimismus drehte sich die Stimmung auch im Tourismussektor und dem Gastgewerbe. Auch im Handel waren die Unternehmen weniger zufrieden mit den laufenden Geschäften. Es gebe gegenwärtig keine Einzelhandelssparte, die optimistisch in die Zukunft schaut.

DIHK sieht Schwund bei der Produktion

Immer mehr Betriebe geben wegen der stark gestiegenen Energiepreise ihre Produktion in Deutschland auf oder haben ihren Geschäftsbetrieb eingeschränkt. Das geht aus einer DIHK-Vorabauswertung des jährlichen Energiewendebarometers unter bundesweit rund 3.500 Unternehmen aus allen Branchen und Regionen hervor, die heute veröffentlicht wurde. Nach der Befragung sehen sich insgesamt 16% der Industriebetriebe gezwungen, auf die aktuelle Energielage mit einem Zurückfahren der Produktion oder einer zumindest teilweisen Aufgabe von Geschäftsbereichen zu reagieren. Knapp ein Viertel dieser Betriebe hat das nach eigenen Angaben bereits realisiert, ein weiteres Viertel ist gerade in der Umsetzung. “Das sind alarmierende Zahlen. Sie zeigen, wie stark dauerhaft hohe Energiepreise eine Belastung unseres Standortes sind. Vielen Unternehmen bleibt nichts anderes übrig, als zu schließen oder die Produktion an andere Standorte zu verlagern”, sagt DIHK | Deutscher Industrie- und Handelskammertag-Präsident Peter Adrian. Besonders stark betroffen sei die energieintensive Wirtschaft: Hier sind die Werte durchweg noch mal doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Industrie.

S&P Global ist pessimistisch

Die rückläufige Binnen- und Exportnachfrage infolge des unsicheren wirtschaftlichen Umfelds, der Lieferengpässe und der Kaufzurückhaltung der Kunden führt nach aktuellen Zahlen von S&P Global dazu, dass die deutsche Wirtschaft erstmalig seit Dezember des vergangenen Jahres wieder schrumpft. Die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist fielen erstmals seit Mai 2020 – dem Höhepunkt der ersten Coronawelle – wieder pessimistisch aus.  Der S&P Composite Index Produktion gab im Juli weiter nach und rutschte auf den tiefsten Wert seit 25 Monaten. Abwärts ging es demnach sowohl mit der Industrieproduktion als auch mit der Geschäftstätigkeit im Servicesektor. Bei den Dienstleistern habe die niedrige Ausgabenbereitschaft der Kunden infolge der steigenden Preise das Neugeschäft belastet. Bei Industrieunternehmen gebe es eine verbreitete Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine sowie wegen der Sorge um die Energiesicherheit. Dies führe auch zu einem weiterhin hohen Kostendruck. Paul Smith, Economics Director bei S&P Global Market Intelligence, kommentiert: „Nach einem Aufwärtsschub, ausgelöst durch die Lockerungen der Coronarestriktionen, hat der Gegenwind gleich aus mehreren Richtungen dafür gesorgt, dass die deutsche Wirtschaft im Juli erstmals in diesem Jahr wieder Wachstumseinbußen zu verzeichnen hatte. Anhaltende Lieferverzögerungen, die durch den Krieg in der Ukraine verursachte Unsicherheit und die Inflation samt negativer Auswirkungen auf die Ausgabenbereitschaft der Kunden waren laut Aussagen der Befragten dafür verantwortlich, dass die Konjunktur im Privatsektor Deutschlands im Umfragemonat so schlecht dastand wie nie seit dem Höhepunkt der ersten Coronawelle im Frühjahr 2020.“

ZEW-Konjunkturerwartungen brechen ein

Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland brechen in der aktuellen Umfrage vom Juli 2022 regelrecht ein. Auch die Bewertung der gegenwärtigen konjunkturellen Lage für Deutschland verschlechtert sich signifikant. Die Expertinnen und Experten des ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim bewerten die aktuelle Wirtschaftslage deutlich schlechter als im Vormonat und senken ihre ohnehin ungünstigen Prognosen für die nächsten sechs Monate weiter ab. Gegenüber der Umfrage vom Juni 2022 habe sich damit der Ausblick massiv verschlechtert.

ZEW-IndexDie Werte für die Lageeinschätzung und die Konjunkturerwartungen würden damit sogar niedriger als zum Höhepunkt der coronabedingten Unsicherheit im März 2020 liegen. Die Ursachen für diese Einschätzung liegen laut ZEW in den großen Sorgen über die Energieversorgung, den angekündigten Zinsanstieg der EZB sowie weitere coronabedingte Einschränkungen in China. Die sowohl energieintensiven als auch exportorientierten Sektoren Chemie/Pharma, Stahl/NE-Metalle, Maschinenbau, Elektrotechnik und Fahrzeugbau würden wieder deutlich negative Ertragserwartungen aufweisen. Für dieses und die kommenden Jahre erwarten die ZEW-Finanzmarktexperten für die deutsche Wirtschaft im Durchschnitt moderate jährliche Wachstumsraten. Im Vergleich zum April 2022 fallen die aktuellen Prognosen für 2022 und 2023 niedriger aus. Was die deutsche Wirtschaft betrifft, so erwartet das ZEW ein reales Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent für das Jahr 2022.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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