Die Nord Holding konzentriert sich bei ihren Direktinvestments auf zukunftssichere Branchen und ertragsstarke Unternehmen. Zugleich setzt sie aufstrebende Firmengruppen – Buy and Build. Im nächsten Jahr will sie aus einem neuen Fonds auch in den klassischen Mittelstand investieren.
Unternehmeredition: Die deutsche Wirtschaft wächst nicht mehr, auch der Mittelstand hat Probleme. Wie erklären Sie diese?
Andreas Bösenberg: Wir erleben auch hier eine Zeitenwende. Über viele Jahre gab es extrem niedrige Zinsen, es gab billiges Gas, wir hatten weder eine Pandemie noch Kriege vor der Haustür. Diese günstigen Rahmenbedingungen haben vielfach strukturelle Defizite in den Unternehmen überdeckt, die jetzt sichtbar werden. Wir haben immer noch hervorragende Firmen, aber in manchen müssen jetzt Geschäftsmodelle geändert oder weiterentwickelt werden. Es muss mehr digitalisiert werden. Es müssen Effizienzsteigerungen erreicht werden. Die Unternehmen müssen viel agiler und schneller werden. Die Prozesse müssen modernisiert werden. Das Personalwesen ist vielfach ebenso veraltet wie die Produktentwicklung. Wir sehen oft, dass das Management von Unternehmen diese Notwendigkeiten gar nicht erkennt und Veränderungen auch nicht umsetzen kann. Diese Situation bietet aber auch Chancen. Wir zum Beispiel verstehen uns als Transformationspartner für den Mittelstand. Wir benchmarken die operativen Fähigkeiten von Unternehmen – und das Management kann sich dann explizit auf diese Werttreiber fokussieren.
Warum finden dann so wenige Transaktionen statt?
Derzeit trennt sich die Spreu vom Weizen. Private-Equity-Firmen kaufen nur die besten Firmen, die zu haben sind – oder die schlechtesten, weil man sich davon Restrukturierungsgewinne verspricht. In der Mitte passiert relativ wenig. Dort sind viele Firmen, die an sich eine gute industrielle Basis aufweisen, aber oftmals mehr und anderes Management benötigen, um Herausforderungen anzugehen. Ein „More of the Same“ kann nicht das Erfolgsrezept sein, wenn man heute als Private-Equity-Gesellschaft eine Firma erwirbt. Den Ansprüchen, die wir in den heutigen Industrien haben, wird das nicht gerecht.
Wie ist denn Ihr Geschäft in diesem Jahr bislang gelaufen?
Wir erleben das beste Geschäftsjahr, das wir je hatten. Uns sind in einem schwierigen Marktumfeld großartige Exits gelungen, was zeigt, dass unsere Unternehmen einen strategischen Wert besitzen und somit in allen Lagen interessante Übernahmeziele darstellen. Damit sind auch unsere Investoren sehr zufrieden. Natürlich gibt es auch bei uns Herausforderungen; Portfoliofirmen erfordern viel Aufmerksamkeit. Das ist normal – es kommt aber immer darauf an, wie man diesen Herausforderungen begegnet.
Hilft Ihnen derzeit Ihre Strategie als Evergreen-Investor?
Als Evergreen-Investor unterliegen wir nicht den klassischen Investitionszyklen, die andere Private-Equity-Firmen haben. Wir können Beteiligungen länger halten. Es ist komfortabel, nicht in Notsituationen verkaufen zu müssen. Wir können Firmen auch über längere Durststrecken hinweghelfen. Aber natürlich sind auch wir als Private-Equity-Firma immer nur ein guter Eigentümer für eine gewisse Zeit. Danach muss ein anderer Eigentümer kommen, der dann wiederum dem Unternehmen neue Impulse bringt.
Welche politischen Rahmenbedingungen sollten sich ändern?
Die Unternehmen und auch wir als Investoren brauchen Sicherheit und Berechenbarkeit. Darüber hinaus wäre es wichtig, die Kosten zu senken, sprich Abgaben und Prozesse. Eine bessere Verkehrsinfrastruktur ist auch sehr wichtig. Durch die maroden Straßen und Schienen sind Mitarbeiter nicht mehr agil, weil sie stundenlange Fahrtzeiten zur Arbeit und zum Kunden nicht in Kauf nehmen wollen. Dabei brauchen wir diese agilen Mitarbeiter in einem dezentralen Deutschland, wo die Hidden Champions nicht selten abseits der Metropolen beheimatet sind.
Wie schätzen Sie das nächste Jahr ein?
Bei uns steht das Investieren im nächsten Jahr im Vordergrund. Wir sind dabei, einen neuen Fonds zu schließen. Derzeit legen wir fest, wo wir etwas kaufen wollen. Ein Bereich ist sicherlich Technologie und Software, aber wir sind auch an der klassischen Industrie interessiert. Da gibt es immer noch Hidden Champions mit ausgezeichneten Produkten und einer hervorragenden Stellung am Weltmarkt – die werden wir suchen und finden.
Das Interview führte Bärbel Brockmann.
👉 Dieser Beitrag erscheint auch im Spezial “Investoren im Mittelstand”.
ZUR PERSON
Andreas Bösenberg,
Geschäftsführer,
Nord Holding Unternehmensbeteiligungsgesellschaft mbH
info@nordholding.de
Bärbel Brockmann
Bärbel Brockmann ist eine freie Wirtschaftsjournalistin, die schwerpunktmäßig über Finanz-, Energie- und Immobilienthemen schreibt. Die frühere Leiterin des Düsseldorfer Korrenspondentenbüros der Nachrichtenagentur Reuters begann ihre berufliche Karriere bei einer großen Regionalzeitung.