Zinswende, Inflation und globale Unsicherheiten fordern neue Ansätze in der Vermögensplanung. Private Equity, Infrastrukturprojekte und globale Oligopole rücken in den Fokus, während traditionelle Immobilieninvestments zurückgefahren werden. Elmar Peters, Gründer von Praemium Capital, erläutert im Interview, wie er diese Trends in seiner Multi-Asset-Strategie umsetzt und warum er einen langfristigen Anlagehorizont verfolgt.
Unternehmeredition: Herr Peters, Unternehmer denken bekanntlich in Generationen. Wie lässt sich dieser Anspruch an die Vermögensanlage in der aktuellen Situation umsetzen?
Elmar Peters: In früheren Generationen lag der Fokus stark auf Immobilien, insbesondere regionalen Immobilien in Deutschland oder der DACH-Region. Die nachfolgenden Generationen gehen nun einen anderen Weg. Sie versuchen, die Immobilienlastigkeit zu reduzieren und ihre Investments globaler auszurichten.
Manche Familien sind mutig und investieren weltweit, auch in Asien. Andere bleiben stärker in entwickelten Märkten. Dabei wird der Immobilienanteil reduziert und gleichzeitig in andere Anlageklassen diversifiziert. Das umfasst liquide Assets wie Aktien und Anleihen, aber auch eher illiquide Investments wie Private-Equity-Fonds oder Joint Ventures mit langfristigen Haltefristen von zehn bis 15 Jahren. Einige Familien engagieren sich auch in Infrastrukturprojekten mit langen Laufzeiten, oft verbunden mit ESG-Faktoren. Insgesamt wird das Portfolio breiter und globaler aufgestellt.
Wie bewerten Sie die Entwicklung der globalen Anlagemärkte, insbesondere im Hinblick auf die Zinswende und ihre Auswirkungen auf verschiedene Anlageklassen?
Seit der Finanzkrise, insbesondere seit Lehman, wurde massiv Geld gedruckt und die Geldmenge stark ausgeweitet, um wirtschaftliche Probleme zu lösen oder zumindest mit Geld zu überschwemmen. Gleichzeitig wurden die Zinsen gesenkt und die Anforderungen an Bonitäten reduziert. Das führte zu einer Situation, in der praktisch unbegrenzt Geld zu niedrigen oder sogar negativen Zinsen zur Verfügung stand.
In den letzten ein bis zwei Jahren hat sich das geändert. Zum einen hat das viele Geld inflationäre Tendenzen ausgelöst und zum anderen werden Risiken wieder stärker bepreist. Dadurch können festverzinsliche Anlagen, wie Staats- oder Unternehmensanleihen, wieder ordentliche Renditen bringen und sind somit wieder in den Fokus gerückt.
Gleichzeitig hat das viele Geld in der realen Wirtschaft Überkapazitäten geschaffen, was deflationäre Tendenzen hervorrufen kann. Die höhere Verzinsung und die Risikoaufschläge belasten jedoch andere Sachwerte wie Unternehmensbeteiligungen, da diese durch die höheren Abzinsungsfaktoren in ihrer Bewertung sinken.
Welche Rolle spielen kleinere und innovative Unternehmen in Ihrem Anlageuniversum?
Wir suchen hauptsächlich nach globalen Oligopolen – Unternehmen mit beherrschender Marktmacht, die über verschiedene Wirtschaftszyklen hinweg hohe Gewinne erzielen, niedrige Verschuldung und starken Free Cashflow aufweisen. Diese Unternehmen sind zwar selten günstig, aber oft attraktiv bewertet.
Auf der anderen Seite gibt es derzeit eine starke Fokussierung auf wenige große Unternehmen, insbesondere solche mit Bezug zu KI. Dadurch sind viele Small- und Mid-Cap-Unternehmen, die vielleicht temporär schwächere Quartale haben, deutlich unterbewertet. Diese Unternehmen haben oft eine gute Marktpositionierung und bieten langfristig attraktive Kaufgelegenheiten, auch wenn ihre Performance kurzfristig hinter den großen Unternehmen zurückbleiben könnte.
Wichtig ist bei diesen kleineren Unternehmen, dass sie nicht zu hoch verschuldet sind und eine Art „Schutzwall“ haben – etwa Preissetzungsmacht oder ein revolvierendes Geschäftsmodell, das für langfristige Einnahmen sorgt, wie bei Druckerpatronen oder Kreditkarten. Solche Schutzmechanismen stellen sicher, dass das Unternehmen auch in schwierigen Zeiten stabil bleibt.
Neben Oligopolen und etablierten Unternehmen mit starken Marktpositionen achten wir auch auf innovative Firmen, die neue Produkte einführen und ihre Margen durch Forschung und Entwicklung ausweiten können, etwa im Pharmabereich, wo sich gerade sehr viel wandelt. Beispiele für solche Oligopole sind Börsenbetreiber oder Ratingagenturen.
Wie bewerten Sie ESG-Kriterien in der Vermögensanlage?
ESG-Kriterien sind wichtig, aber die EU-Taxonomie wird oft als unpraktisch und von oben verordnet empfunden. In unseren Fonds verfolgen wir eigene, strengere ESG-Werte, die über die EU-Vorgaben hinausgehen. Beispielsweise investieren wir nicht in Staatsanleihen von Ländern, die die Todesstrafe vollstrecken, oder in Unternehmen, die mit Alkohol, Pornografie, Massentierhaltung oder Waffen Geld verdienen.
Wir legen Wert darauf, die Prozesse der Unternehmen zu prüfen und zu beurteilen, ob sie langfristig gesellschaftlichen oder operativen Problemen ausgesetzt sein könnten. Ein Beispiel ist der Wasserverbrauch großer Nahrungsmittelhersteller wie Danone und Nestlé. Diese Firmen pumpen Wasser in Regionen ab, wo Wasser knapp ist, was zu Problemen für die lokale Bevölkerung führen kann. Solche Praktiken könnten langfristig das operative Geschäft der Unternehmen gefährden und beeinflussen unsere Investitionsentscheidungen.
Wir halten es für sinnvoll, eigene Werte zu definieren, um nachhaltige Investitionen zu tätigen, statt sich nur auf pauschale EU-Vorgaben zu verlassen. Dies kann helfen, Risiken besser zu erkennen und moralische Standards in die Anlageentscheidungen einzubeziehen.
Was war der ausschlaggebende Grund für die Entscheidung, sich auf Multi-Asset-Mandate zu konzentrieren, und wie spiegelt sich diese Entscheidung in der Struktur Ihrer Fonds wider?
Diese Entscheidung basiert darauf, dass wir Unternehmen ganzheitlich betrachten. Anstatt uns nur auf eine bestimmte Assetklasse wie Aktien oder Anleihen zu fokussieren, analysieren wir das gesamte Unternehmen und bewerten das Chancen-Risiko-Verhältnis. Diese Herangehensweise erlaubt es uns, flexibel zwischen verschiedenen Assetklassen zu wechseln und unser Portfolio entsprechend anzupassen.
Aktuell bevorzugen wir eine geringere Aktienquote und eine höhere Anleihequote, da wir das Risiko bei Aktien derzeit als höher einschätzen. Diese Gewichtungen passen wir kontinuierlich an, wenn sich die Marktbedingungen ändern.
Welche Ziele haben Sie für Praemium Capital Partners in den nächsten fünf Jahren?
Wir haben uns fest vorgenommen, unsere Philosophie und unseren Investmentstil nachhaltig in unseren Fonds umzusetzen. Dafür haben wir einen Großteil unseres eigenen Geldes in diese Fonds investiert, weil wir von unserer Strategie überzeugt sind. Unser Ziel ist es, weitere Investoren von unserem Ansatz zu überzeugen, aber nicht um jeden Preis. Wir möchten, dass die Investoren verstehen, was wir tun, und sie auf dieser Reise begleiten. Besonders zu Beginn legen wir großen Wert darauf, intensiv mit Investoren und Vermittlern zu kommunizieren, damit sie unsere Vorgehensweise nachvollziehen können.
Wie weit sind Sie bei der Akquisition von Investoren und haben Sie sich konkrete Ziele gesetzt, wie sich Ihre Fonds entwickeln sollen?
Aktuell haben wir in unseren drei Publikumsfonds zusammen ein Volumen von 130 Mio. EUR. Unsere Investoren sind überwiegend private Anleger, kirchliche Organisationen und Family Offices. Institutionelle Investoren sind bisher nicht dabei, da diese meist einen dreijährigen Track Record und ein bestimmtes Volumen voraussetzen.
Unser Ziel ist es, im Praemium Capital Fonds eine jährliche Performance von 10% plus x zu erzielen. Ziele hinsichtlich des Volumens haben wir uns jedoch nicht gesetzt. Aktuell liegen wir bei einer Performance von rund 10% seit Auflage des Fonds, aber das wird sich über einen längeren Zeitraum von drei bis fünf Jahren entwickeln.
Herr Peters, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch!
Das Interview führte Eva Rathgeber.
👉 Dieser Beitrag erschien in der aktuellen Magazinausgabe der Unternehmeredition 3/2024.
ZUR PERSON
Elmar Peters ist Geschäftsführer der Fondsboutique Praemium Capital GmbH, die er 2023 zusammen mit Thorsten Vetter gegründet hat. Er verfügt über 30 Jahre Portfoliomanagementerfahrung, davon 13 Jahre bei der Flossbach von Storch AG und zehn Jahre bei der Bankhaus Lampe KG.
Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.