Der Anteil von Frauen in Managementboards und Aufsichtsräten ist in den letzten Jahren zwar minimal gewachsen, ist aber immer noch weit von einer paritätischen Ausgewogenheit entfernt. Bei einem von der Schweizer Managementberatung Leverage Experts (LE) organisierten Panel mit dem Titel „Als Rolemodel wird man nicht geboren. Internationale Top-Managerinnen im Talk.“ diskutierten eine Reihe hochkarätiger Topmanagerinnen aus Deutschland und der Schweiz die Frage, wie mehr Diversität in den Führungsgremien der Unternehmen erreicht werden kann.
Lag der durchschnittliche Anteil von Frauen in den deutschen Vorständen bei den 106 börsennotierten und voll mitbestimmten Unternehmen mit einer Frauenquote 2015 noch bei lediglich 4,9%%, sind es mittlerweile nach den Angaben von FidAR e.V., Initiative für mehr Frauen in Aufsichtsräten, immerhin 14,1%.
„Es gibt weiterhin eine Vielzahl an Unternehmen, die keine oder nur wenige Frauen in Führungspositionen haben. Besonders unverständlich ist dabei, dass in diesen Unternehmen noch allzu oft keine Ansätze zu erkennen sind, dies zu ändern“, betonte Bettina Laurick, die als Senior Advisor Unternehmen berät und Mitglied im Aufsichtsrat der EGC Eurogroup Consulting AG Deutschland sowie stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende bei der nevaal AG ist.
„Wir sind noch lange nicht da, wo wir sein könnten“, sagte auch Dr. Clea Bauch, Schweizer Expertin für Energie- und Versorgungsthemen, die Mitglied der Geschäftsleitung und Verwaltungsrätin bei plastocor-international SA ist und u.a. Verwaltungsratsmandate in KMU und einem Stiftungsrat hält.
Ursachen geringer Diversität in Führungsgremien
An dem von der LE-Geschäftsführerin Sandra Happel moderierten Panel nahmen noch weitere Top-Managerinnen teil, darunter Gabrielle Cacciatora-von Mandach, Gründerin und Geschäftsführerin der womenbiz AG, einem Schweizer Unternehmerinnen-Portal, Deborah Carlson Burkhard, Rechtsanwältin bei WBP Wernli, Biedermann Partner, Vera Calasan, Mitgründerin und Vorstandsvorsitzende der Excellence AG sowie Katrin J. Yuan, Head of Business Excellence, Leitung von acht Abteilungen und Member des Top Managements im Real Estate Service. Die Topmanagerinnen diskutierten über die Ursachen für die noch immer geringe Diversität in den Führungsetagen der Unternehmen und darüber, wie sie selbst dazu beitragen können, um die Entwicklung weiter zu befördern.
„Menschen neigen bei der Besetzung von Positionen dazu, jemanden zu suchen, der genau so ist, wie sie selbst“, sagte Calasan. Eine Veränderung werde wie immer erst dann möglich sein, wenn es eine Notwendigkeit dazu gebe, so die Vorstandsvorsitzende der Excellence AG. Diese Regel habe sich beispielsweise während der Coronapandemie bestätigt, die einen Schub für das Homeoffice und für flexible Arbeitsmodelle ausgelöst habe. Diese Notwendigkeit hat die Veränderungsbereitschaft bei allen Beteiligten ausgelöst, es wurden die technischen Rahmenbedingungen geschaffen und gesetzliche Verordnungen verabschiedet. Heute ist es zur Normalität geworden.
Topmanagerinnen müssen als Rolemodel voranschreiten
„Mehr Diversität in die Topführungsebene und Verwaltungsräte zu bringen ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Es ist ein Prozess, zu dem eine jede von uns beiträgt“, sagte Katrin J. Yuan. Ängste und Unsicherheiten seien trotz der scheinbar verbesserten Sichtbarkeit in Social Media heute stärker denn je vorhanden. „Erfolgreiche Menschen scheitern nicht weniger, ich behaupte sogar, erfolgreiche Menschen scheitern häufiger. Sie stehen immer wieder auf und machen weiter.“ Auf LinkedIn prahle man nicht übers Scheitern und wie schwer der Aufstieg für einen selbst war. Im CV liste man nicht alle Niederlagen, sondern nur die Erfolge auf. Die Lebensläufe von den wenigen Frauen, die es bis in die Topmanagementetage geschafft hätten, lesen sich überragend. „Tatsächlich verlaufen die wenigsten Lebensläufe exakt nach Plan oder geradlinig. Es ist daher wichtig, über Unsicherheiten und Scheitern zu sprechen, um andere, insbesondere Jüngere, zu motivieren, die hohe Laufbahn einzuschlagen und sich nicht abschrecken zu lassen.“
Es gelte vor allem auch den Markt und die Kundschaft im Blick zu behalten: „Führungsgremien − Verwaltungsrat und oberste Geschäftsleitung – sollten so divers sein wie die Zielgruppe der Unternehmung“, so Dr. Clea Bauch. Es gehe dabei nicht nur um Frauen und Männer, sondern auch um weitere Dimensionen der Diversität wie Alter, Nationalität, ethnischer Hintergrund etc. Bei der Besetzung müsse darauf geachtet werden, dass das Gremium nicht nur fachlich komplementär, sondern auch ausreichend divers aufgestellt ist, um diese Marktoptik optimal zu integrieren.
«Manchmal stehen wir uns selbst im Weg. Wir Frauen müssen sichtbarer werden, uns klarer positionieren und mutig vorwärts gehen“, sagte die womenbiz-Gründerin Gabrielle Cacciatora-von Mandach.
„Es reicht nicht nur fachlich gut zu sein, man muss Führung auch wollen“, ergänzte Deborah Carlson Burkhard.
„Jede Einzelne von uns kann mit Mentoring unterstützen“, sagte Bettina Laurick.
Und Calasan: „Diversität betrifft alle sieben Bereiche der Vielfalt und nicht nur das Geschlecht, welches offensichtlich ist. Wir alle können daran arbeiten, dass Diversität in allen Bereichen zur Normalität wird, in der nichts außer der fachlichen und persönlichen Befähigung bei der Einstellung oder Beförderung bis an die Spitze des Unternehmens beziehungsweise im Arbeitsalltag eine Rolle spielt.“
Moderatorin Sandra Happel kennt die Diskussionen um Female Leadership und Diversität in den Vorständen und Aufsichtsräten. Die Erfahrungen der Panelteilnehmerinnen bestätigen ihre Beobachtungen als Geschäftsführerin und als Beraterin für das Top-Management:
- Diverse Boards stehen für mehr Erfolg und Stabilität.
- Diverse Gremien sind keine Selbstläufer und bedürfen einer starke Team- und Kommunikationskultur.
- Die Anforderungsprofile für Bewerbungen im Topmanagement müssen auf den Prüfstand.
- Leitungsgremien sollten so divers wie die Kundinnen und Kunden des Unternehmens sein.
- Rolemodels sind unerlässlich und essentiell auf dem Weg zu mehr Diversität.
- Gemischte Netzwerke, das aktive Einfordern von Leitungsverantwortung und der Aufbau eines Karriere-Inner Circle sind die Aufgaben, die bei allen zukünftigen Boardmitgliedern liegen!
Sandra Happel: „Veränderung wird nicht auf dem Silbertablett serviert. Es ist Arbeit mit viel Kontinuität, einer hohen Öffentlichkeitswirkung und an vielen Stellen mit einer großer Portion Mut!“
Die komplette Studie von FidAR e.V. finden Sie hier.
Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.