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„Wir leben nicht vom Exit“

Die Industrieholding Gesco will weiter wachsen. Allerdings nur, wenn sich entsprechend lukrative Investments finden. Im Interview spricht Vorstand Dr. Hans-Gert Mayrose über die weitere Entwicklung des SDAX-Konzerns.

Unternehmeredition: Herr Dr. Mayrose, als Industrieholding kaufen Sie bevorzugt gesunde Nischenanbieter in Nachfolgesituationen, warum?

Dr. Mayrose: Wir streben nicht den Exit an, sondern halten unsere Unternehmen langfristig und entwickeln sie weiter. Viele suchen einen unternehmerisch denkenden Eigentümer, bei dem sie ihr Lebenswerk und damit auch ihre Belegschaften in guten Händen sehen.

Haben Sie Vorgaben, was ein Unternehmen kosten darf?

Wir leben nicht vom Exit, sondern von den Gewinnausschüttungen der Tochtergesellschaften. Berücksichtigt man typische Ausschüttungsquoten und eine angemessene Amortisationszeit, dann ergibt sich eine Kaufpreisgrenze in der Größenordnung von fünfeinhalb- bis sechsmal EBIT.

Gibt es Konkurrenten mit einem ähnlichen Geschäftsmodell?

Nicht sehr viele. Der Kreis der langfristig orientierten Finanzinvestoren ist begrenzt. Natürlich gibt es in nahezu jedem M&A-Prozess Wettbewerber, darunter auch Private-Equity-Unternehmen oder ausländische strategische Käufer.

Woran liegt das?

Kleine und mittelständische Unternehmen in einer dynamischen Welt zu betreuen und zu entwickeln ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Dafür braucht man ein Team, das die Sprache dieser Unternehmen spricht. Da prallen manchmal Welten aufeinander. Und nicht jeder hat den langen Atem, um ein solches Geschäftsmodell wirklich nachhaltig zu betreiben.

Sind Käufe in Nachfolgesituationen lukrativer, wenn der Unternehmer unter einem gewissen Druck steht?

Im Gegenteil! Wer unter Druck steht, handelt nicht immer rational und hat Angst, Fehler zu machen. Mir ist ein Verkäufer am liebsten, der rechtzeitig und ohne äußeren und inneren Druck agiert. Wenn die Transaktion dann noch von einem kompetenten Berater begleitet wird, ist dies für alle Beteiligten sinnvoll.Was sind denn die wichtigsten Gründe, dass sich Unternehmer für einen Verkauf entschließen?

Viele Unternehmer wünschen sich eine Nachfolge innerhalb der Familie. Kommt diese nicht zustande, stellt der Verkauf an einen fremden Dritten eine Alternative dar. Und dann gibt es die Unternehmer, die im Grunde ihres Herzens gar nicht aufhören wollen, sondern extern getrieben sind, sei es von der Gattin, dem Arzt oder der Hausbank. In jedem Fall gilt: Je klarer sich der Unternehmer über seine Ziele und Prioritäten beim Verkauf ist, desto größer die Chance, dass die Transaktion gelingt und er zufrieden den Ruhestand antreten kann.

Kraft der Industrie: Bei ihren Beteiligungen legt Gesco einen Schwerpunkt auf den Maschinen- und Werkzeugbau.

Dennoch spielt die Emotionalität eine große Rolle. Viele Unternehmer suchen doch sicherlich den Nachfolger in der Familie wider besseres Wissen.

Das mag es hier und da noch geben, aber grundsätzlich ist die nachfolgende Generation heute immer weniger bereit, sich in fremdbestimmte Lebensentwürfe pressen zu lassen. Im Idealfall werden Neigungen und Qualifikationen frühzeitig in der Familie besprochen.

Ist es sinnvoll, jemanden aus der Familie als angestellten Geschäftsführer einzustellen?

Absolut. Ist im Unternehmen ein potenzieller Geschäftsführer vorhanden, ist uns diese Situation nur recht – sei es ein Familienmitglied oder ein Fremdgeschäftsführer. Diese Konstellation gibt es jedoch leider relativ selten.

Wie sieht die typische Nachfolgeregelung aus?

In der klassischen Nachfolge erwerben wir vom Eigentümer, der im kleineren Mittelstand ja meist auch Geschäftsführer ist, 100 Prozent der Anteile, so dass die Nachfolge auf Gesellschafterebene gelöst ist. Anschließend steht uns der Verkäufer solange als Geschäftsführer zur Verfügung, bis sein Nachfolger gefunden und eingearbeitet ist. Dieser neue Manager erwirbt nach einer Bewährungsphase 10% bis 20% der Anteile an seinem Unternehmen. Das Unternehmertum bleibt also bewahrt.Wie lange dauert ein Kaufprozess?

Das hängt davon ab, wie gut ein Unternehmen auf den Verkauf vorbereitet ist. Wir haben Unternehmen schon innerhalb von vier Monaten gekauft. Teilweise dauerte es auch mehr als ein Jahr, bis der Kaufprozess abgeschlossen war.

Zuletzt kauften Sie in den USA zu. Wollen Sie künftig stärker im Ausland wachsen?

Nur über unsere Tochtergesellschaften. Gesco an sich wird weiterhin in Unternehmen investieren, die ihren Hauptsitz in Deutschland haben. Hierzulande stehen viele Unternehmen zum Verkauf. Da wir keine Fondsgesellschaft sind, haben wir auch keinen Anlagedruck. Ein bis drei Firmen wollen wir jährlich kaufen.

Allerdings haben Sie Ihre Aktionäre im Nacken, die eine Rendite sehen wollen.

Die Rendite kommt ja im Wesentlichen aus der bestehenden Unternehmensgruppe, Neuerwerbe kommen on top dazu. Unsere Aktionäre schätzen Akquisitionen mit Augenmaß. Den Druck machen wir uns selbst: Wir wollen extern wachsen – aber nur wenn der Preis stimmt.

 
Nachhaltiger Einsatz: Für Gesco zählt nicht allein der Exit, sondern die Entwicklung der Unternehmen.

In welchen Sparten schauen Sie sich momentan nach einer Übernahme um?

Vorstellen können wir uns beispielsweise einen Zukauf in der Landtechnik. Hier sehe ich einen Megatrend, an dem wir mit einer unserer Tochtergesellschaften bereits sehr erfolgreich partizipieren. Grundsätzlich sollten die Zielunternehmen zu unseren Segmenten Werkzeug-/Maschinenbau und Kunststofftechnik passen. Hier trifft man immer wieder auf kreative Nischenanbieter mit manchmal verblüffend pfiffigen Geschäftsmodellen. Es gilt, offen zu bleiben und jedes Geschäftsmodell für sich zu betrachten.

Wer prüft die Unternehmen?

Wir prüfen mit einem unserer Wirtschaftsprüfer, und bei jeder Due Diligence ist auch zwingend jemand von unserem Team mit vor Ort. Wir wollen ein Gefühl für das Unternehmen, seine Belegschaft und seine Kultur entwickeln. Dieser Eindruck ist absolut unerlässlich. Bei speziellen Fragestellungen etwa zu Technologien oder Märkten bedienen wir uns zudem zusätzlicher externer Expertise.Wo liegen denn die größten Probleme für Nachfolgeregelungen im Mittelstand?

Immer noch beschäftigen sich etliche Unternehmer viel zu spät mit dieser Frage. Nicht selten stellt der Inhaber dann fest, dass das Unternehmen gar nicht verkaufsfähig ist. Mal ist die Kundenabhängigkeit zu hoch, mal gibt es keinen Unterbau und alles hängt vom Chef ab. Viel früher müssten Unternehmer sich einen Experten ins Haus holen, der prüft, ob und wie die Firma verkauft werden kann.

Warum finden sich immer weniger Nachfolger?

In den Unternehmerfamilien selbst finden sich immer weniger Nachfolger, weil der Automatismus der innerfamiliären Nachfolge nicht mehr gegeben ist. Aber auf der anderen Seite gibt es Manager mit unternehmerischem Biss, die aus dem Angestelltendasein ausbrechen wollen. Sich alleine ein Unternehmen zu kaufen, funktioniert aber oft nur bei Sanierungsfällen; bei gesunden Unternehmen ist das Unterfangen ab einer gewissen Größenordnung für den Privatmann teuer und riskant. In unserem Modell ist der Geschäftsführer zwar nur Minderheitsgesellschafter, kann sich aber unternehmerisch voll entfalten und damit richtig Geld verdienen. Zugleich profitiert er von den Vorteilen einer starken Gruppe.


Zur Person

Dr. Mayrose ist promovierte Ingenieur und seit dem 1. Januar 2002 Mitglied des Vorstands der GESCO AG. Bei der Industrieholding verantwortet er die Akquisition neuer Unternehmen, die Betreuung bestehender Beteiligungen und Investor Relations. Aktuell gehören zum Gesco-Portfolio 17 Unternehmen. Der SDAX-Konzern ist vor allem an Übernahmen von Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 10 und 50 Mio. EUR interessiert. Gesco legt den Fokus auf Unternehmen aus den Sektoren Werkzeug- und Maschinenbau. www.gesco.de

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