Wenn die Nachfolge in der Familie, innerhalb der Belegschaft oder die Übernahme durch einen Wettbewerber nicht gewollt oder unmöglich ist, ist das genau die Bresche, in die Finanzinvestoren springen können. Was viele nicht wissen: Eine Nachfolgeregelung mit einem Finanzinvestor bietet eine Reihe von Vorteilen und Besonderheiten. Wir sprachen darüber mit Mark Suderow, Partner bei DPE Deutsche Private Equity.
Unternehmeredition: Welche Erfahrungen machen Sie bei DPE mit dem Thema Unternehmensnachfolge?
Mark Suderow: Nachfolgeregelungen haben generell bei uns einen hohen Stellenwert. DPE ist ein auf Wachstum spezialisiertes Beteiligungshaus, das heißt, unser Fokus liegt auf der Förderung und Beschleunigung von nachhaltig profitablem Wachstum unserer Unternehmen. Vor unserer Beteiligung wachsen die Unternehmen im Durchschnitt etwa 10% jährlich, später eher 20%. In vielen Nachfolgesituationen geht es um stark wachsende Unternehmen. Daher ist das ein Kernbereich unserer Beteiligungsstrategie. Absolut entscheidend dabei ist die Person des Unternehmers: Wir suchen Unternehmer, mit denen wir die Nachfolge partnerschaftlich gestalten können. Da machen wir in der Regel hervorragende Erfahrungen.
Mit welchen Motivationen wenden sich nachfolgesuchende Unternehmer an Sie?
Der klassischste Fall ist die altersbedingte Nachfolge. Des Weiteren können die Ursachen in einer Krankheit oder in einer Erbschaft liegen; ferner kann eine wirtschaftlich schwierige Situation den Anstoß geben. In jedem Fall spielt der Wert oder Kaufpreis eine Rolle, wenn auch nicht die einzige. Weitere Faktoren sind unterschiedlich. Oft geht es um die Sicherheit der Mitarbeiter und deren Familien, häufig auch um den Erhalt des Familiennamens oder um die eigene Rolle. Da machen wir unterschiedliche Erfahrungen mit unterschiedlichen Unternehmertypen. Wichtig ist vor allem, von Anfang an offen und ehrlich zu sich und anderen zu sein, denn nur so findet man einen gemeinsamen Weg.
Wie sind die aktuellen Trends?
Insgesamt steht der M&A-Markt in Deutschland zurzeit unter Druck. Seit COVID und spätestens seit dem Ukrainekrieg wirken enorme Einflüsse durchaus negativ auf die Dealaktivität ein. Im Jahr 2022 ist das Dealvolumen im Mid-Cap-Bereich deutlich heruntergegangen, was nach unserer Wahrnehmung sogar überdurchschnittlich stark für Nachfolgeregelungen gilt. Studien zufolge ist der Anteil an Nachfolgesituationen im Mid-Cap-Bereich mit Private-Equity-Beteiligungen von 40% auf 15% zurückgegangen. Auch wir bei DPE haben im Bereich Nachfolge deutlich gespürt, dass im letzten Jahr weniger los war. Mutmaßlich liegt das daran, dass die Unternehmer die gesunkenen Bewertungen nicht akzeptieren und abwarten wollten, ob sich das vielleicht wieder normalisiert. Viele warteten sicher auch die Finanzergebnisse für 2022 ab, um Interessenten eine belastbare Bewertungsbasis vorweisen zu können. Für mich ist so ein Verhalten kurzfristig verständlich, ich halte es aber nicht unbedingt für richtig. Gerade in Nachfolgesituationen, die ja nicht unendlich Zeit haben, kann es sein, dass Wert durch zu langes Zögern vernichtet wird, spätestens sobald man ungewollt in eine Situation kommt, in der das Unternehmen schwieriger verkäuflich wird.
Was sind die wesentlichen Besonderheiten bei einer Nachfolgeregelung mit Finanzinvestoren?
Bei der Nachfolge geht es sehr oft um das Lebenswerk einer oder gar mehrerer Generationen. Der Vorteil von Finanzinvestoren sind mehrere unterschiedliche Faktoren, welche in der Kombination so von keiner anderen Partei angeboten werden können. Insbesondere spreche ich von einer adäquaten Bewertung und einer Kaufpreiszahlung in Cash, flexible Transaktionsstrukturen, die auf die individuelle Situation von Unternehmer, Familie und Mitarbeitern maßgeschneidert werden können, die Möglichkeit, über einen sinnvollen Zeitraum (zum Beispiel fünf Jahre) mit dem Unternehmer gemeinsam eine Übergabe der operativen Geschäftsführung sicherzustellen, ein finanzstarker Partner im Rücken und, nicht zu unterschätzen, ehrliche Wertschätzung für das Lebenswerk und Fortführung des Familiennamens. Ein Unternehmer, dem alle diese Punkte wichtig sind, wird wahrscheinlich in einem Finanzinvestor einen guten Partner für die Nachfolge finden.
Wo werden in der praktischen Umsetzung die meisten Fehler gemacht?
Die größten Stolpersteine liegen bereits in der Vorbereitung. Der Unternehmer muss eine klare Entscheidung für sich treffen, dass er einen Verkauf auch wirklich will. Er sollte eine realistische Vorstellung vom Wert der Unternehmensanteile haben und mit der Familie wie auch mit den wichtigsten Mitarbeitern den Schritt besprochen haben. Schwierig wird es, wenn der Unternehmer während des Prozesses Zweifel bekommt oder man feststellt, dass andere Stakeholder völlig unterschiedliche Interessen haben. Das Zweite ist die Abhängigkeit eines Unternehmens vom Unternehmer selbst, dessen Nachfolge geregelt werden soll. Das damit verbundene Risiko ist für Finanzinvestoren enorm. Daran scheitern auch Transaktionen. Das Problem sollte früh und ausreichend adressiert werden. Und das Dritte ist das Timing. Oft wird die Nachfolge zu spät angegangen – das erschwert den Verkaufsprozess oder drückt auf die Unternehmensbewertung.
Wie bereitet man die Nachfolge also am besten vor?
Ein Unternehmer sollte früh Klarheit schaffen, was seine eigenen Ziele sind und was seine Rolle nach einem Verkauf angeht. Das Unternehmen sollte frei von Altlasten und Ansprüchen Dritter sein, die den Prozess stören können. Letztlich sollte ein Unternehmer auch gegen die Intuition sicherstellen, dass er entbehrlich wird. Wenn man diese Themen alle im Griff hat, bevor man eine Transaktion konkret vorbereitet, dann hat man gute Karten.
Wann ist der beste Zeitpunkt für die Nachfolge?
Idealerweise sollte der Unternehmer noch fünf Jahre operativ, aber mit abnehmendem Einsatz, im Unternehmen tätig sein können und dann in einem Alter sein, wo er glaubhaft seinen Lebensabend genießen möchte.
Mit welchen Erwartungen sollte man an die Nachfolge herangehen?
Man sollte sich im Klaren darüber sein, dass es Neuerungen geben und jemand Neues eine wichtige Rolle übernehmen wird. Gerade mit Finanzinvestoren bekommt man einen Sparringspartner, der alte Mechanismen hinterfragt, neue Ideen hat und in neue Geschäftsfelder investieren möchte. In der Regel tut so etwas dem Unternehmen auch gut.
Wie sieht Ihr Ausblick für das laufende Jahr aus?
Wir tauschen uns viel mit einschlägigen M&A-Beratungshäusern aus, und wenn man diese Meinungen mittelt, ergibt sich ein recht klares Bild. Viele Unternehmen haben ihre Finanzergebnisse für 2022 abgewartet, um eine klare Aufsatzbasis für Bewertungen zu haben. Aussagegemäß werden gerade vielerlei Prozesse vorbereitet, die ab dem zweiten Quartal dieses Jahres auf den Markt kommen werden. Insofern gehen wir davon aus, dass sich die kleine Delle, die wir im letzten und in diesem Quartal sehen, gegen Mitte des Jahres glätten wird.
Herr Suderow, wir danken Ihnen für das Gespräch!
ZUR PERSON
Mark Suderow ist Partner bei DPE Deutsche Private Equity. Er arbeitete vor seinem Wechsel zu DPE im Jahr 2009 für die Investmentbanken Lehman Brothers und Nomura in Frankfurt und London im Bereich Corporate Finance. Dort begleitete er eine Reihe von Transaktionen als M&A- und IPO-Berater. Der Diplom-Kaufmann begann seine Karriere studienbegleitend als Freelancer für Equity Research bei Rochdale Securities in New York.
Dieser Beitrag erscheint in der Magazinausgabe 1/2023 der Unternehmeredition mit Themenschwerpunkt “Unternehmensnachfolge”.
Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.