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“Wer seine Marktchancen nutzen will, für den ist Mezzanine hilfreich”

 

Die Firma Proleit vertreibt weltweit Prozessleitsysteme und hat sich dabei auf die Konsumgüterbranche spezialisiert. Insbesondere bei Brauereien ist man stark im Geschäft – Heineken, Grolsch und Warsteiner gehören zu den Kunden. Zur Finanzierung seiner internationalen Strategie hat das Unternehmen bereits zweimal Mezzanine-Kapital aufgenommen. Im Interview spricht CEO Wolfgang Ebster über seine Erfahrungen mit dieser Finanzierungsform.

Unternehmeredition: Herr Ebster, wann kamen Sie zum ersten Mal mit Mezzanine in Berührung?
Ebster: Wir planten Ende der 90er Jahre, unser Geschäft und unsere Kundenbasis zu internationalisieren und den Verkauf unserer Softwareprodukte für Prozessleitsysteme zu forcieren. Dafür benötigten wir zusätzliches Kapital, aber ein Gang an die Börse kam wegen des Einbruchs am Neuen Markt nicht zustande. Der Aufwand für die IPO-Vorbereitung und die Investitionen in Produktentwicklung und -marketing führten uns in einen finanziellen Engpass. Da wir eine stille Beteiligung der WestLB über 5 Mio. EUR bis 2003 zurückzahlen sollten und eine unserer Geschäftsbanken 2001 ihre Kreditlinie kündigte, brauchten wir dringend eine Lösung. Zu dieser Lösung gehörte, dass eine unserer anderen Geschäftsbanken ihren Kontokorrentkredit in Höhe von 750.000 EUR in Mezzanine-Kapital umwandelte. Zudem verlängerten die Bayerische Beteiligungsgesellschaft (BayBG) und die WestLB jeweils ihre stillen Beteiligungen.

Unternehmeredition: Um welche Art von Mezzanine handelte es sich?
Ebster: Es war ein Nachrangdarlehen. Diese Umwandlung des Kontokorrents verbesserte unsere Passivseite und damit auch unsere Bonität. Die Bank hatte ihrerseits den Vorteil, bei wenig verändertem Risiko mehr an der Finanzierung zu verdienen. Insgesamt brachten uns die Maßnahmen den notwendigen Spielraum, um die überfällige Internationalisierung anzugehen, denn die ausländischen Kunden drängten uns zu einer Vorortpräsenz. In den Jahren 2004 bis 2008 gründeten wir Niederlassungen bzw. Joint Ventures in den Niederlanden, Österreich, Russland, China, Brasilien, Spanien, Mexiko und Südafrika. Die ersten fünf vollzogen wir bis 2006 und konnten mit diesen voll am weltweiten Aufschwung teilhaben. Die letzten drei Standorte dagegen brachten Anlaufverluste, da ihrer Eröffnung schon bald die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 folgte.

Unternehmeredition: Bekamen Sie Schwierigkeiten hinsichtlich Ihres Kapitaldienstes oder Ihrer Eigenkapitaldecke?
Ebster: Wir wollten die stillen Beteiligungen planmäßig bis Ende 2009 zurückführen, was auch gelang. Aber für diesen Zweck wurde ein Großteil unseres Cashflows beansprucht. Zudem bedeuteten diese Rückzahlungen eine Minderung unserer Eigenkapitalbasis, und die Banken machten Druck, etwas zu tun – das heißt, wir sollten neues Eigenkapital zuführen. Anfang 2009 sagten alle beteiligten Banken zunächst einmal zu, ihre Kreditlinien aufrecht zu erhalten. An größere Investitionen war in dieser Zeit natürlich nicht zu denken. Um weitere Mittel von unseren Geldgebern zu erhalten, hätten wir allerdings selbst zusätzlich frisches Eigenkapital von außen einwerben müssen. Aber dazu kam es nicht, da neue Investoren als Sicherheit die Rechte an unserer System-Software haben wollten, was unsere Banken ablehnten.

Unternehmeredition: Spielte Mezzanine in dieser Phase eine entscheidende Rolle in Ihren Planungen?
Ebster: Ja, denn wir mussten nach einer Alternative suchen, um unsere Eigenkapitalquote wieder zu erhöhen, ohne zu starke Mitspracherechte von außen zuzulassen. Deshalb schalteten wir die Finanzierungsberatungsfirma Network Corporate Finance (NCF) ein. Sie legte uns im März 2009 eine Longlist von insgesamt 21 möglichen Finanzierungspartnern vor – darunter Mezzanine-Töchter einiger Banken sowie unabhängige Mezzanine-Geber aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Elf dieser Adressen sprachen wir dann mit Unterstützung von NCF an. Im Juni, nach etwa drei Monaten, lief schließlich alles auf die M Cap Finance – ein EK- und Mezzanine-Geber in Frankfurt – hinaus. Sie war sogar bereit, eine höhere Summe zu investieren. Nach Due Diligence und mehrmonatigen Verhandlungen war im Dezember 2009 der Vertrag unter Dach und Fach: M Cap Finance gab 3,5 Mio. EUR nachrangiges Genussrechtskapital für fünf Jahre.

Unternehmeredition: War es denn nicht gerade 2009 besonders schwierig, Mezzanine-Kapital zu bekommen?
Ebster: Das kann man wohl sagen, das zeigte auch unser Suchprozess. Die Vereinbarung mit M Cap Finance kostet uns letztlich rund 15% p.a. Davon sind 7% plus 3-Monats-Euribor laufende und 7% endfällige Verzinsung. Dazu kommt – gewinnabhängig – ein Equity Kicker. Die Tilgung ist ebenfalls endfällig. Vertragsbestandteil sind auch zwei Finanzkennzahlen (Covenants), die wir einhalten müssen: ein positiver free Cashflow und ein EBITDA mindestens auf 2008er Niveau. Bisher können wir diese Bedingungen gut erfüllen. Im Vergleich zu unserer ersten Mezzanine-Finanzierung, als es sich nur um die Umwandlung einer bestehenden Kreditlinie handelte, haben wir nun aber immerhin “fresh money” erhalten.

Unternehmeredition: Wenn Sie Mezzanine insgesamt betrachten aus Sicht eines Mittelständlers, wie würden Sie es bewerten?
Ebster: Es kommt immer auf die Situation des Unternehmens an. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass Mezzanine relativ teuer ist. Wer genügend Cashflow zur Innenfinanzierung hat oder aus dem Gesellschafterkreis frisches Kapital erhält, kann gut darauf verzichten. Andererseits ist die Beschaffung von Fremdkapital schwieriger geworden – wer seine Marktchancen nutzen will, für den ist Mezzanine hilfreich. Wir haben es aufgenommen, weil wir sonst unsere Wachstumschancen nicht hätten wahrnehmen können. Zudem waren wir unter Druck wegen der verschlechterten Passivseite unserer Bilanz. Vorteil ist auch, dass man nachrangiges Kapital ohne die Stellung von Sicherheiten bekommt und damit seine Bonität verbessert. Auf jeden Fall ist es eine Alternative zur Abgabe von Unternehmensanteilen bzw. Mitspracherechten, wie dies bei “echtem” Eigenkapital der Fall ist.

Unternehmeredition: Wie geht es Ihrem Unternehmen heute?
Ebster: Wir haben heute einige Alleinstellungsmerkmale. Neben der technischen Kompetenz haben wir uns auch tiefgehendes Branchen-Know-how im Konsumgüterbereich erworben. Wir beschäftigen nicht nur Spezialisten der Automatisierungstechnik, sondern eben auch Braumeister, Molkereitechnologen und Chemie-Ingenieure. So verstehen wir unsere Kunden besonders gut und können uns mit unserer Leitsystemfamilie stärker auf deren Bedürfnisse einstellen. Das betrifft die Produktivität der Anlagen, die Qualität der Produkte und die Sicherheit (Verbraucherschutz). Vor diesem Hintergrund und infolge des langsamen Auflösens des Investitionsstaus rechnen wir mit einer dynamischen Entwicklung unseres Geschäfts in nächster Zukunft.

Unternehmeredition: Herr Ebster, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Bernd Frank.
redaktion@unternehmeredition.de


Zur Person: Wolfgang Ebster
Wolfgang Ebster ist Gründer und CEO der Proleit AG (www.proleit.de) in Herzogenaurach (bei Fürth), die auf die Automatisierung von Industrieanlagen spezialisiert ist und – insbesondere für Brauereien, Molkereien und Getränkehersteller – Software für die Steuerung von Produktionsprozessen entwickelt und installiert. 1986 gegründet, hat das Unternehmen heute vier Inlands- und zehn Auslandsstützpunkte mit gruppenweit 250 Mitarbeitern, davon 180 in Deutschland.

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