„Wenn ich als Nachfolgerin nachfrage, bricht mir kein Zacken aus der Krone“

Interview mit Dina Reit, Nachfolgerin bei der SK Laser GmbH

Seit drei Jahren läuft bei der SK Laser GmbH der Nachfolgeprozess von der ersten auf die zweite Generation.
Nachfolgerin Dina Reit und ihr Vater Christoph Kollbach; Foto: © SK Laser GmbH

Seit drei Jahren läuft bei der SK Laser GmbH der Nachfolgeprozess von der ersten zur zweiten Generation. Schritt für Schritt übernimmt Dina Reit den Wiesbadener Hersteller qualitativer Lasersysteme zur Oberflächenbearbeitung von ihrem Vater Christoph Kollbach. Wir haben bei der 29-Jährigen nachgefragt, wie sich die Unternehmensnachfolge gestaltet.

Unternehmeredition: Frau Reit, wie sieht ihr Alltag als junge Nachfolgerin bei SK Laser aus?

Dina Reit: Ich habe gut zu tun. Mein Tätigkeitsportfolio hat sich seit meinem Einstieg in die Firma natürlich total gewandelt. Anfangs dachte ich, ich müsste innerhalb von zwei Monaten alles beherrschen, was mein Vater nach Jahrzehnten Berufserfahrung kann. Das ist natürlich totaler Quatsch! Ich bin seit August 2019 im Unternehmen, im August sind es also drei Jahre. Am Anfang habe ich sehr viel Technisches gelernt, jetzt bin ich mehr im Projektmanagement tätig.

Regelmäßig führen wir gemeinsame Entscheidungsprozesse mit meinem Vater durch. In unseren Meetings geht es beispielsweise um Bewerbungsgespräche, die strategische Ausrichtung des Unternehmens oder um Marketingfragen. Auch Kundentermine nehmen wir oft gemeinsam wahr. Wenn mein Vater nicht da ist, erledige ich die Aufgaben auch alleine.

Haben Sie das Gefühl, dass Sie allmählich immer mehr Verantwortung übernehmen?

Am Anfang war der Nachfolgeprozess komplett planlos. Nach zwei Monaten war ich deshalb sehr gefrustet. Man lernt zwar hier und da ein bisschen, aber es lief nicht strukturiert. Dann haben wir eine Beraterin reingeholt, die uns auch heute noch begleitet. Ich habe dann sehr strukturiert angefangen, mit jedem Mitarbeiter für eine Zeit lang zusammenzuarbeiten und unsere Produkte dadurch sehr tiefgreifend kennengelernt. Ich habe mich technisch auch sehr stark weiterentwickelt und fast ein Jahr lang in der Konstruktion gearbeitet. Das war eine sehr prägende Zeit für mich.

Wenn man einsteigt, ist man noch die Tochter. Im nächsten Schritt ist man die Angestellte, die versucht, sich das Wissen des Vaters anzueignen, das hierarchische Verhältnis ist aber noch da. Und mit der Zeit wechselt das und man ist dann auf Augenhöhe, bespricht Dinge gemeinsam und die eigene Meinung zählt immer mehr.

Natürlich ist seine Erfahrung unbezahlbar. Aber es gibt eben auch Momente, in denen ich mir ganz sicher bin, dass etwas so richtig ist, wie ich es denke. Und dann passt er sich da auch an, das ist eine ganz große Leistung von ihm. Es gibt auch Bereiche, in denen ich mehr den Hut aufhabe und ihn dann korrigiere. Das ist eine ganz normale Sache für uns.

Für mich war immer die absolute Horrorvorstellung, dass der Senior um 5 Uhr früh in die Firma kommt und alle Pläne umwirft, sodass keiner mehr weiß, was er zu tun hat. Es ist deshalb für mich ganz wichtig, dass mein Vater und ich an einem Strang ziehen.

Dafür braucht es sicher auch ein sehr gutes persönliches Verhältnis.

Reit: Da haben Sie Recht. Mein Vater und ich verbringen extrem viel Zeit miteinander. Wir wohnen auch nicht so weit voneinander und essen manchmal abends gemeinsam. Man muss sich schon sehr gut verstehen, damit es mit der Nachfolge klappt.

Warum haben Sie sich für die Nachfolge im elterlichen Betrieb entschieden?
Hätte es für Sie Alternativen gegeben?

Ich habe Wirtschaft, Kunstgeschichte und Philosophie studiert. Zunächst wollte ich Kuratorin werden. Dann habe ich jedoch gesehen, dass das gar nicht so mein Ding ist. Der Kunstbereich ist ein hart umkämpfter Markt, eine Festanstellung ist nicht einfach zu bekommen. Ich dachte eigentlich, es hätte viel mit Kunst zu tun, was aber nicht der Fall ist. Außerdem wünschte ich mir Freiraum im Schaffen, musste jedoch feststellen, dass man sehr abhängig von Geldgebern ist. Gleichzeitig wurde mir mehr und mehr klar, dass ich mein eigener Chef sein, mein eigenes Ding machen und Unternehmerin sein möchte, so wie ich es aus meinem Elternhaus kannte. Da bin ich ziemlich anders als meine jüngere Schwester, die im Bildungsbereich tätig ist. Sie hatte nie den Wunsch, Unternehmerin zu sein.

Hatten Sie denn schon als Kind Gelegenheit hineinzuwachsen?

Seit die Firma 2005 gegründet wurde, habe ich immer wieder für das Unternehmen gearbeitet. Ich habe dort schon als Schülerin ausgeholfen, war öfter auf Messen mit dabei und habe das ein oder andere Produktvideo gedreht.

Frauen sind in technischen Berufen ja immer noch unterrepräsentiert. Wie haben Sie ihren persönlichen Zugang zur Lasertechnologie gefunden und wie können sie sich als junge Frau in dieser Männerdomäne behaupten?

Ursprünglich wollte ich sogar Ingenieurwesen studieren, habe das dann aber wieder verworfen. Ich bin in der Branche auf jeden Fall ein Sonderling. Wenn ich beim Kunden bin, sind da 90% Männer. Natürlich hatte ich als Nachfolgerin einen leichteren Zugang. Dennoch habe ich einiges dafür getan, damit es funktioniert. Ich habe mir die Ärmel hochgekrempelt, bin an die Säge gegangen und habe gelernt zu bohren. Durch solche praktischen Erfahrungen habe ich mir eine gewisse Sattelfestigkeit erworben, sodass ich unsere Maschinen ohne Probleme verkaufen kann und auch keine Berührungsängste habe, in eine Produktion beim Kunden zu gehen und mir dir dortigen Prozesse anzuschauen.

Wenn ein Kunde zu uns kommt und nicht weiß, dass ich die Nachfolgerin bin, kann es sein, dass er anfangs schon mal komisch guckt, wenn ich auf ihn zukomme. Im Gespräch überzeuge ich dann aber und fange die Leute relativ schnell ein. Ich liebe den kommunikativen Austausch mit den Geschäftspartnern.

Ich bin zwar keine promovierte Ingenieurin, aber mein Anreiz, unsere Maschinen gut erklären zu können und deren Anwendungsgebiete zu kennen, ist extrem groß. Dafür kniee ich mich auch privat in das Thema rein. Auf jeden Fall ist das kein Nine-to-Five-Job. Es gab Zeiten, in denen ich alle fünf Minuten in die Produktion gelaufen bin und jemanden gebeten habe, mir die technischen Sachverhalte zu erklären.

Ich habe kein Problem damit zu respektieren, wenn sich jemand in seinem Fachgebiet gut auskennt. Es wird immer jemanden geben, der sich besser auskennt als man selbst. Das hat nichts damit zu tun, dass ich eine Frau oder so jung bin. Ich frage einfach auch mal nach, dabei bricht mir ja kein Zacken aus der Krone. Meine Devise ist: Mit offenen Augen durchs Leben gehen und aufschnappen, was kommt.

Was wollen Sie anders machen als ihr Vater und warum?

Mein Vater ist der Gründer der Firma. Das bedeutet, er hat ein Unternehmen geschaffen, das perfekt auf ihn und seine Fähigkeiten zugeschnitten ist. Das heißt, dass es zwar eine mittlere Führungsebene gibt, er aber in vielen Prozessen nach wie vor sehr stark involviert ist. Nachfolge führt meistens einen weiteren Professionalisierungsschritt ein. Von der ersten zur zweiten Generation wird meistens der größte Schritt gemacht. Ich möchte das Unternehmen nun nicht wiederum perfekt auf mich zuschneiden, sondern möchte es so organisieren, dass auch eine dritte Generation es gut übernehmen kann. Es soll nicht alles an mir als Person hängen. Das heißt, dass ich weniger im, sondern am Unternehmen arbeiten möchte.

Können Sie das noch ein bisschen ausführen?

Mein Vater ist beispielsweise sehr stark im Vertrieb. Für mich ist jetzt das Ziel, eine Vertriebsstruktur aufzubauen, die von meinem Vater losgelöst ist. Das bedeutet, den Vertrieb erst einmal von meinem Vater loszulösen und dann den Bereich mit Verkäufern und in Unterbereiche zu strukturieren. Das ist ein großer Changeprozess, der mit sich bringt, dass neue Mitarbeiter und neue Prozesse etabliert werden und dass mein Vater sehr viel Wissen weitergeben muss.

Unter anderem gibt es daneben eine Reihe typischer Geschäftsführertätigkeiten, die ich von meinem Vater übernehme. Das heißt aber auch, dass die einzelnen Tätigkeitsbereiche erst einmal auseinanderdividiert und separat definiert werden müssen.

Und dann kommt noch hinzu, dass ich spezielle Fähigkeiten in die Firma einbringe, die mein Vater nicht hat. Dadurch gibt es also auch einen gewissen Wechsel, in dem, was getan wird.

Welche speziellen Fähigkeiten sind das beispielsweise?

In der Coronazeit, als die ganzen Messen weggefallen sind, haben wir unseren Social-Media-Auftritt neu angestoßen. Wir hatten vorher schon YouTube-Videos und ich habe dann angefangen, die YouTube-Videos auf LinkedIn zu posten. Das ist sehr gut angekommen und wir haben das dann weiterentwickelt. Inzwischen sind wir auf unterschiedlichen Social-Media-Kanälen wie YouTube, LinkedIn, Instagram und TikTok unterwegs und posten hier regelmäßig − mindestens zweimal pro Woche – Content. Dabei bauen wir mich als Personal Brand auf, das heißt die Aktivitäten laufen nicht über einen Unternehmensaccount, sondern ich erzähle meine persönliche Geschichte als Nachfolgerin aus der Ich-Perspektive. Das ist etwas, was mir sehr viel Spaß macht und was der Firma auch zugutekommt. Mittlerweile haben wir schon über 15.700 Follower. Über Social Media generieren wir fast 60% unserer Leads.

Was waren Ihre persönlichen Highlights bei der Nachfolge?

Es war schon ein tolles Gefühl, als ein Kunde zu mir gesagt hat: „Was sie alles wissen, Sie haben aber schon etwas mit Technologie studiert, oder?“ Ein weiterer Höhepunkt war für mich, als ich meinen ersten Laser verkauft habe. Und richtig gut angefühlt hat es sich auch, als ein Mitarbeiter zum ersten Mal mit einem Problem zu mir anstatt zu meinem Vater gekommen ist.

Welche Tipps können Sie jungen Menschen mit auf den Weg geben, die vor der Entscheidung stehen, in den elterlichen Betrieb einzusteigen?

Man sollte die Nachfolge nur angehen, wenn man vom Typ her jemand ist, der gerne Verantwortung trägt und Sachen in die Hand nimmt. Auch sollte man eher Generalist, als Spezialist sein. Ganz wichtig ist, dass man gut mit der Vorgängergeneration klarkommt, da man meistens für mehrere Jahre zusammenarbeitet. Außerdem sollte man für die Unternehmensinhalte brennen, wie zum Beispiel die Lasertechnologie bei uns, oder dafür eine Passion entwickeln. Natürlich ist es auch wichtig, wie das eigene Umfeld aufgestellt ist. Mein Mann wusste schon vor der Hochzeit, dass ich ins Unternehmen gehe und somit an Wiesbaden gebunden bin.

Abschließend noch eine generelle Frage: Wie finanzieren Sie das Unternehmenswachstum? Kommen für Sie auch externe Mittel in Frage?

Wir finanzieren aktuell alles aus eigenen Mitteln, das heißt wir sind komplett Eigenkapital finanziert und benötigen keine Bankkredite. Was die Zukunft angeht, bin ich da noch nicht entschieden.

Was ist in den nächsten Jahren geplant?

Ein ganz großes Thema ist zurzeit die Digitalisierung. Für mich ist wichtig, dass wir unsere Produkte immer mehr digitalisieren. Zurzeit suchen wir beispielsweise Mitarbeiter, die in Softwareprogrammierung firm sind. Aber auch intern im Unternehmen ist eine zunehmende Digitalisierung der Prozesse sehr wichtig. Ich glaube dabei jedoch nicht an den großen Wurf, sondern dass man hier immer wieder kleine Schritte machen muss. Ich glaube auch nicht an eine große Insellösung, sondern eher an die Einführung einzelner Tools. Die große Herausforderung für mich ist, dass man bis zum Ende durchhält und die Prozesse konsequent etabliert.

Auch Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema. Der Laser an sich ist ein nachhaltiges Produkt, weil damit eine Direktmarkierung möglich ist und Verpackungen und Aufkleber gespart werden können. Mir ist außerdem wichtig, dass die Teile in unseren Lasern lange haltbar sind. Ein Laser sollte 16 bis 20 Jahre alt werden und nicht nach zwei Jahren ersetzt werden müssen. Vieles ist hier noch in der Entwicklung.

Wo wollen Sie in zehn Jahren mit der Firma stehen?

In zehn Jahren wird mein Vater nicht mehr im Unternehmen und die Nachfolge wird vollzogen sein. Die Organisation wird auf eine weitere Organisationsebene gehoben sein, sodass ich nicht mehr im Projektmanagement mitarbeite, sondern diese Aufgaben abgegeben haben werde. Das bedeutet eine Professionalisierung der Rollen, die wir hier im Unternehmen haben. Außerdem möchte ich, dass wir bis dahin bei Produkten für die Oberflächenbearbeitung Marktführer sind. Wenn es um Laserabtrag geht, soll sofort an SK Laser gedacht werden.

Liebe Frau Reit, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch!


ZUR PERSON

Foto: © SK Laser GmbH

Dina Reit ist Nachfolgerin beim Maschinenbauer SK Laser. Die 29-Jährige übernimmt das Unternehmen ihres Vaters und führt es in die nächste Generation. Als Ausbildung absolvierte Sie ein Doppelstudium ( Wirtschaftswissenschaften, Kunstgeschichte und Philosophie) in Frankfurt und London sowie einen Master in Management an der EBS und EM Lyon. Seit August 2019 ist Dina Reit bei SK Laser und sie konnte in dieser Zeit schon mehrere Innovationen umsetzen wie beispielsweise digitalen Vertrieb und Weiterentwicklung der Standardlaser. Durch Personal Branding ist sie eine einflussreiche Stimme im Maschinenbau geworden und berichtet über die Themen Laser und Nachfolge bei LinkedIn.


ZUM UNTERNEHMEN

SK Laser ist ein Maschinenbauer aus Wiesbaden. Das Unternehmen stellt Standard- und Kundenspezifische Lasermaschinen für die Oberflächenbearbeitung her. Gegründet wurde das Unternehmen 2005 von Christoph Kollbach. Die Kunden von SK Laser kommen aus der Industrie und verwenden die Laser beispielsweise zur Produktkennzeichung.

Mehr zum Thema Unternehmensnachfolge lesen Sie in unserer Unternehmeredition-Magazinausgabe 1/2022.

Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.

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