Mit dem Aus der Ampelkoalition und der zu erwartenden baldigen Neuwahl des Bundestags stellt sich für Unternehmer mehr denn je die Frage, welche Änderungen im Steuerrecht nach dem Jahreswechsel auf sie zukommen. Zahlreiche Regelungen sind bereits in trockenen Tüchern und werden ab 2025 zur Anwendung kommen. Einige Gesetzgebungsverfahren dürften noch 2024 abgeschlossen werden und damit ebenso zum Jahreswechsel in Kraft treten.
Buchwertübertragung von Einzelwirtschaftsgütern
Einzelwirtschaftsgüter können zwischen verschiedenen Betriebsvermögen unter bestimmten Voraussetzungen zum Buchwert und damit ohne Aufdeckung der stillen Reserven übertragen werden. Bislang nicht vorgesehen ist dabei die Buchwertübertragung zwischen Schwesterpersonengesellschaften, was nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) jedoch verfassungswidrig ist. Der Gesetzgeber greift dies im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2024 (JStG 2024) auf und ermöglicht in allen offenen Fällen eine Buchwertübertragung, allerdings nur zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften.
Zugleich wird aber für Übertragungen von Wirtschaftsgütern zum Buchwert ab dem 19. Oktober 2024 die sogenannte Körperschaftsteuerklausel verschärft. Wird innerhalb einer Sperrfrist der Anteil einer Körperschaft an dem Wirtschaftsgut begründet oder erhöht, ist insoweit rückwirkend dessen Teilwert anzusetzen. Entgegen der BFH-Rechtsprechung wird diese Rechtsfolge nun auch dann ausgelöst, wenn bereits eine Körperschaft an dem Wirtschaftsgut beteiligt ist und diese ihren Anteil auf eine andere Körperschaft überträgt.
Zusätzliche Anforderungen an grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehungen
Zwar setzt die steuerliche Anerkennung von grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehungen grundsätzlich bereits seit 1. Januar 2024 voraus, dass die Erbringung des Kapitaldiensts für die gesamte Laufzeit, die wirtschaftliche Notwendigkeit und Verwendung für den Unternehmenszweck glaubhaft gemacht wird. Zudem muss der vereinbarte Zinssatz einem Fremdvergleich unter Zugrundelegung des Ratings für die Unternehmensgruppe standhalten. Mit dem JStG 2024 wurde hierzu eine explizite Anwendungsregelung angefügt, wonach bei vor dem 1. Januar 2024 zivilrechtlich wirksam vereinbarten Finanzierungsbeziehungen, mit deren tatsächlicher Durchführung bereits vor dem 1. Januar 2024 begonnen wurde (sogenannte Altverträge), diese Prüfung erst für nach dem 31. Dezember 2024 entstehende Aufwendungen zu erfolgen hat. Wurden solche Altverträge allerdings im Jahr 2024 wesentlich geändert, fallen die danach entstehenden Aufwendungen bereits in den Prüfungsbereich.
Vorlage von Verrechnungspreisdokumentationen
Ergeht nach dem 31. Dezember 2024 eine Prüfungsanordnung, ist nach einer bereits Ende 2022 eingefügten gesetzlichen Regelung eine Verrechnungspreisdokumentation ohne gesondertes Verlangen des Prüfers innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. Mit dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) wurde der dabei vorzulegende Inhalt der Verrechnungspreisdokumentation dahin gehend konkretisiert, dass nicht bereits eine vollständige Dokumentation, sondern vielmehr eine Transaktionsmatrix bei Überschreiten der 100-Mio.-EUR-Grenze eine Stammdokumentation (Master File) und Aufzeichnungen über die außergewöhnlichen Geschäftsvorfälle vorzulegen ist. Die Finanzbehörde kann allerdings jederzeit zudem die Vorlage der Sachverhalts- und der Angemessenheitsdokumentation fordern, was dann wiederum binnen 30 Tagen nach der Anforderung zu erfolgen hat.
Modernisierung der Außenprüfung
Durch bereits im Jahr 2022 erfolgte Gesetzesänderungen wurden die Weichen für eine Modernisierung der Außenprüfung gestellt, die grundsätzlich ab 1. Januar 2025 gelten. So sollen Prüfungen beschleunigt werden, indem die Prüfungsanordnung in beratenen Fällen spätestens bis zum Ablauf des auf das Jahr der Bekanntgabe des Steuerbescheids folgende Kalenderjahr ergehen soll. Auch eine Verkürzung der Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist von Steuerbescheiden auf maximal fünf Jahre nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung dient der Verfahrensbeschleunigung. Ergeht die Prüfungsanordnung in beratenen Fällen später als nach der vorgenannten Frist, läuft dennoch die fünfjährige Ablaufhemmung, was den Druck auf die Finanzverwaltung erhöht, zeitnah zu prüfen.
Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege und Rechnungen
Mit dem bereits verabschiedeten Vierten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) wurden die steuer- und handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege und Rechnungen verkürzt. Sofern die bisherigen zehnjährigen Aufbewahrungsfristen am 31. Dezember 2024 noch nicht abgelaufen sind, betragen die Aufbewahrungsfristen nur noch acht Jahre.
Verrechnung von Verlusten aus Termingeschäften und Forderungsverlusten
Für im Privatvermögen erlittene Verluste aus Termingeschäften und Forderungsverluste sind bislang eigene Verlustverrechnungstöpfe vorgesehen. So ist es bislang nur möglich, solche Verluste mit Gewinnen aus entsprechenden Geschäften bis zu einem Betrag von jährlich 20.000 EUR zu verrechnen. Diese Verlustverrechnungsbeschränkung wird mit dem JStG 2024 in allen offenen Fällen aufgehoben, sodass nun eine Verrechnung mit allen anderen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen erfolgen kann.
Einführung einer Wegzugsbesteuerung bei Beteiligungen an Investmentfonds
Bislang führt der Wegzug ins Ausland dazu, dass im Privatvermögen gehaltene Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in Höhe von mindestens 1% innerhalb der letzten fünf Jahre als veräußert gelten, sodass Wertsteigerungen mit dem Wegzug der Besteuerung in Deutschland unterliegen. Für nach dem 31. Dezember 2024 erfolgende Wegzüge sieht das JStG 2024 nun eine entsprechende Regelung vor, wenn eine Beteiligung von mindestens 1% an in- und ausländischen Investmentfonds besteht oder aber deren Anschaffungskosten mindestens 500.000 EUR betragen. Beteiligungen an Spezial-Investmentfonds werden stets – ungeachtet einer Wesentlichkeitsgrenze – erfasst. Wie auch bei Kapitalgesellschaftsanteilen ist unter bestimmten Voraussetzungen eine ratierliche Zahlung der durch den Wegzug ausgelösten Steuer möglich, die allerdings durch das Ausschüttungsverhalten des Fonds konterkariert werden kann.
Neudefinition der umsatzsteuerlichen Werklieferung
Ab dem Tag nach der Verkündung des JStG 2024 liegt eine Werklieferung mit entsprechender Auswirkung auf die Bestimmung des umsatzsteuerlichen Leistungsorts nur noch dann vor, wenn der Unternehmer die Be- oder Verarbeitung eines fremden Gegenstands übernommen hat. Wird ein eigener Gegenstand be- oder verarbeitet, ist dies nicht mehr als Werklieferung anzusehen.
Umsatzsteuersatz bei Kunstwerken
Bei der Lieferung von Kunstwerken ist ab dem 1. Januar 2025 stets der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7% heranzuziehen, auch wenn die Lieferung von einem Wiederverkäufer bewirkt wird.
Umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung
Ab dem 1. Januar 2025 gilt für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung eine Umsatzschwelle von 25.000 EUR (statt 22.000 EUR) für das vorangegangene und eine Umsatzschwelle von 100.000 EUR (statt 50.000 EUR) für das laufende Kalenderjahr.
Zudem gelten durch im JStG 2024 enthaltene umfassende Änderungen Umsätze bei Nutzung der Kleinunternehmerregelung als umsatzsteuerfreie Umsätze, anstelle der bisherigen Regelung, dass die Umsatzsteuer nicht erhoben wird.
Grundstücksbewertung für Zwecke der Grundsteuer
Die Ermittlung der Grundsteuerwerte ab dem 1. Januar 2022 nach dem sogenannten Bundesmodell wird mit dem JStG 2024 um die Möglichkeit des Nachweises eines geringeren gemeinen Werts ergänzt. Liegt dieser um mindestens 40% unter dem nach den Vorgaben des Bundesmodells ermittelten Grundsteuerwert, kann dieser Wert auf Nachweis herangezogen werden.
Grunderwerbsteuerbefreiung bei Grundstücksübertragungen auf oder von einer Gesamthand
Bereits geregelt war, dass im Fall eines bis 31. Dezember 2026 erfolgenden Übergangs eines Grundstücks auf beziehungsweise in einer rechtsfähigen Personengesellschaft die Grundstücksübertragung weiterhin grunderwerbsteuerfrei erfolgen kann, soweit der übertragende beziehungsweise der erwerbende Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist. Unklar war hierbei bislang, ob diese Steuerbefreiungen auch über den 31. Dezember 2026 weiterhin gewährt werden, wenn die Nachbehaltensfrist zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen ist. Mit dem JStG 2024 wird insoweit Klarheit geschaffen.