In zunehmendem Maße haben Familienunternehmen in den vergangenen Jahren Beiräte eingerichtet, auch wenn sie dazu nicht gesetzlich verpflichtet waren. Mit der richtigen Besetzung haben Beiräte das Potenzial, zu einer echten Erfolgsgeschichte zu werden. In jüngster Zeit werden Beiräte auch vermehrt in den Family Offices von Unternehmerfamilien eingerichtet.
Die Vielfalt der Assetklassen hat zugenommen und die entsprechende Allokation des Unternehmervermögens wird immer komplexer. Hinzu kommt die größere Volatilität an den Finanz- und Kapitalmärkten. Daraus entsteht der Wunsch, institutionelle Expertise in Form eines Beirats hinzuzuziehen, um Risiken frühzeitiger zu erkennen und die Transparenz von Anlageentscheidungen zu verbessern. Dies gilt sowohl für Single Family Offices, die nur von einer vermögenden Familie eingerichtet werden, als auch für Multi Family Offices, in die mehrere wohlhabende Familien ihre Vermögenswerte eingebracht haben. Erstere entstehen vor allem dann, wenn ein Familienunternehmen veräußert und dadurch ein großer Betrag an freiem Vermögen verfügbar wird, für das Anlagebedarf besteht. Ein Single Family Office kann je nach Präferenz der Unternehmerfamilie etwa börsennotierte Wertpapiere verwalten, in Private Equity-Anlagen investieren und/oder Immobilienvermögen betreuen. So hat jedes Single Family Office seinen besonderen Anlagefokus. Dabei geht es nicht nur um die tagesaktuelle Verwaltung des Familienvermögens, sondern auch um dessen Erhalt und Mehrung über Generationen hinweg.
Ein Beirat kann grundsätzlich vor allem folgende Funktionen erfüllen:
- Kompetenzfunktion: Der Beirat soll als Sparringspartner die operative Geschäftsführung unterstützen sowie mit zusätzlichen Kompetenzen und externem Wissen ergänzen.
- Kontrollfunktion: Der Beirat ist als unabhängiges Gremium anzusehen, das die operative Geschäftsführung bezüglich Effektivität und Effizienz kontrolliert.
- Mediationsfunktion: Der Beirat fungiert als Mediator zwischen den verschiedenen Interessen der Gesellschafter sowie zwischen den Gesellschaftern und der operativen Geschäftsführung.
Festlegung der Beiratsstruktur
Was ist bei der Errichtung eines Beirats in einem Family Office zu beachten? Zunächst einmal gilt es, die Aufgaben und Funktionen des Beirats entsprechend den Besonderheiten jeder einzelnen Unternehmerfamilie festzulegen und daraus Anforderungsprofile für die einzelnen Beiratsmitglieder abzuleiten. Bereits in dieser Phase wird der Grundstein für die Professionalität seiner Arbeit gelegt, indem das insgesamt im Beirat gewünschte Know-how bezüglich bestimmter Assetklassen definiert und einzelnen Mitgliedern als Wunschprofil zugeteilt wird. Allerdings muss hier beachtet werden, dass die Experten für einzelne Assetklassen nicht den Blick auf das Gesamtvermögen außer Acht lassen dürfen. Dabei empfiehlt es sich, dass sich die Erfahrungsprofile der Geschäftsführung und des Beirats durchaus voneinander unterscheiden, damit sich dessen größtmöglicher zu entfalten vermag. So können bestimmte zusätzliche Potenziale aufgedeckt oder andere Denkweisen eingebracht werden. Zugleich muss vorab festgelegt werden, ob der Beirat auch Anlageentscheidungen treffen oder lediglich Rat geben und gegebenenfalls auch als Moderator bei divergierenden Gesellschafterinteressen fungieren soll. Auch sollte frühzeitig entschieden werden, ob auch Familienmitglieder im Beirat vertreten sein sollen. Dies wird in der Regel immer dann der Fall sein, wenn einzelne Familienmitglieder über besonders hohe Vermögensanteile verfügen und damit eine dominante Stellung innehaben und der Beirat als Investmentkomittee fungiert. Letztlich müssen aber die Beiratsmitglieder auch zur Struktur und zu den Besonderheiten der Unternehmerfamilie passen. Hier existiert kein Standardmodell, sondern es sind Individualität und Passgenauigkeit gefragt – und Geduld bei der Suche nach den richtigen Personen.
Spielregeln für die Aufstellung des Beirats
Bei der Beachtung folgender Spielregeln kann ein Beirat in einem Family Office einen größtmöglichen Nutzen entwickeln:
- Bei der Auswahl von Beiratsmitgliedern stehen fachliche Kompetenzen, Integrität und Loyalität sowie das Engagement, das die betreffende Person zu erbringen bereit ist, im Vordergrund. Beiratsmitglieder müssen materiell, emotional und persönlich unabhängig sein.
- Ein Beiratsmitglied muss auch in einem Family Office ausreichend Zeit mitbringen können, sich gewissenhaft mit den relevanten Themen etwa für Anlage- und Allokationsentscheidungen zu befassen. Der zeitliche Aufwand für eine verantwortungsbewusste Mandatstätigkeit hat auch in Family Offices deutlich zugenommen.
- Die Vergütung der Beiratsmitglieder sollte den Anforderungen entsprechen, die an sie gestellt werden. Lieber ein Gremium mit wenigen Personen, aber dafür sehr qualifiziert besetzen und seine Mitglieder angemessen honorieren. Hier kann als Richtschnur der Tagessatz von qualifizierten Beratern oder auch die Vergütung der Geschäftsführer des Family Office dienen.
- Beiratsmitglieder sollten mit den aktuellen Finanz- und Kapitalmarktentwicklungen professionell vertraut sein. Prominente Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sind im Zweifel nicht für die Besetzung von Beiratsgremien in Family Offices geeignet.
Gewinnung von Beiratsmitgliedern
Ein hochqualifiziert besetzter Beirat in einem Family Office mit einer klaren Aufgabenstruktur ist ein strategisches Instrument zur Sicherung des unternehmerischen Vermögens. Für die Gewinnung von Beiratsmitgliedern greifen Unternehmer allerdings noch immer überwiegend auf das eigene Umfeld zurück – dabei sind dann Interessenkonflikte und persönliche Verknüpfungen fast nicht zu vermeiden. Externe unabhängige Persönlichkeiten mit der entsprechenden Kompetenz werden inzwischen zunehmend durch die Inanspruchnahme professioneller und auf diesem Gebiet spezialisierter Dienstleister gewonnen, die den Kreis qualifizierter Kandidaten erweitern können. Gute Beiratsmitglieder drängen sich im Übrigen nicht auf, sie wollen vielmehr „ausgewählt“ und gebeten werden.
Dieser Beitrag ist erschienen in der Unternehmeredition 4/2020.
Dr. Klaus Weigel ist Gastautor.