Aufgrund einer geplanten neuen EU-Richtlinie wird in Deutschland voraussichtlich ein weiteres neues Sanierungsverfahren eingeführt werden. Eines der zukünftigen Hauptanwendungsfelder könnte in der Restrukturierung von Darlehensverbindlichkeiten liegen.
In Deutschland existiert bislang kein gesetzlich eigenständiges Verfahren zur Abwehr der Insolvenz vor dem eigentlichen Insolvenzverfahren. Dies ist etwa im Vereinigten Königreich in Form des sogenannten Scheme of Arrangement anders. In der Vergangenheit hat diese Möglichkeit deutsche Unternehmen wiederholt bewogen, eine Restrukturierung ihrer Finanzverbindlichkeiten in Großbritannien durchzuführen. Dieser Weg wird infolge des Brexit in Zukunft voraussichtlich verschlossen sein und war deutschen Unternehmen ohnehin nur unter gewissen Voraussetzungen möglich. Das geplante vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren würde deutschen Unternehmen zusätzliche Sanierungsoptionen bieten. Besondere Praxisrelevanz könnte das neue Sanierungsverfahren im Zusammenhang mit den Folgen einer möglichen Zinswende erhalten.
Der Grundgedanke des vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens
Kernelement des vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens ist die Möglichkeit des Schuldners, in eigener Verantwortung ein Übereinkommen mit der Mehrheit der Gläubiger zu erzielen, an welches alle Gläubiger gebunden sind und das zur Abwendung einer Insolvenzgefahr führt. Um die Verhandlung eines solchen Restrukturierungsplans zu ermöglichen, soll dem Schuldner die Möglichkeit zustehen, ein zeitlich begrenztes Moratorium zu beantragen. Die Gläubiger können in diesem Zeitraum ihre Forderungen nicht durchsetzen.
Unterschiede zum Insolvenzverfahren
Das vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren ist dabei kein Fall eines Insolvenzverfahrens. Es hat das Ziel, ein Insolvenzverfahren zu vermeiden, und setzt daher zeitlich früher an. Anders als bei einem Insolvenzverfahren gibt es keine Pflicht des Schuldners, dieses zu beantragen. Daher unterliegt der Schuldner auch keiner zwingenden Aufsicht beziehungsweise Kontrolle durch einen (vorläufigen) Insolvenzverwalter oder Sachwalter. Das vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren basiert auf der Ver-tragsfreiheit zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern. Zugleich eröffnet es die Möglichkeit, nicht zustimmende Gläubiger den Inhalten des Restrukturierungsplans zu unterwerfen. Das vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren ist kein Gesamtverfahren, das automatisch alle Gläubiger erfasst. Stattdessen liegt es in der Entscheidung des Schuldners, welche Gläubiger(gruppen) Teil des Restrukturierungsplans sein sollen.