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Vertragspartner in der Krise

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes droht im Falle der Insolvenz eines Geschäftspartners die Rückzahlung erhaltener Leistungen, wenn zur Zeit der Leistung bereits erste Anzeichen für eine finanzielle Krise bekannt waren. Unternehmen sollten sich frühzeitig vor derartigen Risiken schützen.

Wenn der Geschäftspartner in finanziellen Schwierigkeiten ist, sorgt man sich zunächst um die offenen Forderungen und einen drohenden Zahlungsausfall. Oft setzt man als Lieferant – auch im eigenen Interesse – die Geschäftsbeziehung unter modifizierten Bedingungen fort. Das Vorleistungsrisiko und damit das drohende Ausfallrisko sollten jedoch schon möglichst früh – etwa durch kurze Abrechnungszeiträume/-milestones und gegebenenfalls Vorschusszahlungen – reduziert werden. Ein bewährtes Mittel, sich gegen die drohende niedrige Insolvenzquote und gegen Anfechtungsansprüche abzusichern, stellt ferner die Vereinbarung eines sogenannten Bargeschäfts dar. Voraussetzung für ein solches Bargeschäft ist neben dem engen zeitlichen Zusammenhang – typischerweise 30 Tage – zwischen Leistung und Gegenleistung auch, dass beide Leistungen gleichwertig sind. Hierbei kommt es nicht auf die Vorstellungen der Parteien an, sondern auf objektive Maßstäbe. Entgegen der Bezeichnung ist eine tatsächliche Barzahlung nicht erforderlich.

Absicherung des Vorleistungsrisikos

Eine finanzielle Absicherung des Vorleistungsrisikos sollte auch schon früh durch die Bestellung von Sicherheiten bewirkt werden. Besteht etwa ein Aussonderungsrecht, etwa wegen Eigentumsvorbehalts an einem Gegenstand, kann vom Insolvenzverwalter verlangt werden, dass der Gegenstand herausgegeben wird. Absonderungsrechte (etwa Pfandrechte) hingegen berechtigen zu einer bevorzugten Befriedigung aus dem betreffenden Verwertungserlös.

Zu beachten ist jedoch, dass eine Nachbesicherung – also die Besicherung bestehender Forderungen, die ursprünglich vertraglich nicht vereinbart war – bei bereits eingetretener Krise regelmäßig keinen Schutz mehr bietet. Ist die Nachbesicherung nämlich innerhalb von drei Monaten vor Insolvenzantragsstellung erfolgt, so ist sie anfechtbar. Die nachträgliche Begründung solcher Sicherheiten kann sogar strafbar sein.

Insolvenzanfechtungsrisiken vermeiden

Dem Insolvenzverwalter steht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht zu, bereits erfolgte Leistungen des Insolvenzschuldners unter gewissen Voraussetzungen anzufechten. Das Anfechtungsrisiko erhöht sich, je näher man zeitlich vor der tatsächlichen Insolvenzantragstellung agiert hat. Deshalb sind vorbeugende Vereinbarungen, die schon bei der Aufnahme der Geschäftsbeziehungen getroffen wurden, klar von Vorteil. Ferner erhöht sich das Anfechtungsrisiko substanziell, wenn man etwas vom Vertragspartner vereinnahmt und entweder zu diesem Zeitpunkt bereits Kenntnis von der Krise des anderen hat oder etwas erhält, was man nicht in dieser Art oder nicht zu dieser Zeit hätte verlangen können (sogenannte Inkongruenz).Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes droht im Falle der Insolvenz eines Geschäftspartners die Rückzahlung erhaltener Leistungen, wenn zur Zeit der Leistung bereits erste Anzeichen für eine finanzielle Krise bekannt waren. Unternehmen sollten sich frühzeitig vor derartigen Risiken schützen.

Krisenanzeichen 

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung vielfältige Indizien aufgezeigt, die für das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit oder eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Vertragspartners sprechen können:

Solche Krisenanzeichen dienen dem Bundesgerichtshof als Hinweise, um etwa die Kenntnis des Vertragspartners von der Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners zu begründen. Sogar vertragsgemäße Leistungen, die binnen drei Monaten vor der Insolvenzantragstellung bewirkt wurden, sind dann anfechtbar und zurückzugewähren. Ferner verwertet der Bundesgerichtshof solche Krisenindikatoren sowie eine etwaige Inkongruenz als Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Insolvenzschuldners und die Kenntnis des Vertragspartners hiervon. Dies kann in besonderen Fällen die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung begründen, die schon bis zu zehn Jahre vor der Insolvenzantragstellung vorgenommen wurden.

Diese „anfechtungsfreundliche“ Rechtsprechung hat zu erheblicher Kritik geführt, der durch eine derzeit diskutierte Gesetzesänderung begegnet werden soll. Solange diese jedoch noch nicht umgesetzt ist, sollte man es einstweilen vermeiden, die Kenntnis von Krisenanzeichen zu dokumentieren. Insbesondere sollte man keine Ratenzahlung vereinbaren – zumal zur Vermeidung einer Zahlungsunfähigkeit des Vertragspartners ohnehin bereits ein reines Stillhalten ausreicht.Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes droht im Falle der Insolvenz eines Geschäftspartners die Rückzahlung erhaltener Leistungen, wenn zur Zeit der Leistung bereits erste Anzeichen für eine finanzielle Krise bekannt waren. Unternehmen sollten sich frühzeitig vor derartigen Risiken schützen.

Erfüllungsalternativen

Dringend abzuraten ist allgemein davon, nachträglich Erfüllungsalternativen – etwa die Abtretung von Forderungen gegen Dritte – insbesondere für noch zu erbringende Leistungen zu akzeptieren. Auch derartige Erfüllungsalternativen sind regelmäßig wegen Inkongruenz anfechtbar, sofern sie innerhalb von drei Monaten vor dem Eröffnungsantrag bewirkt wurden.

Kündigungsrechte

Eine Kündigung oder ein Rücktritt allein aufgrund der Insolvenz des Vertragspartners ist nicht möglich. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs sind derartige Klauseln, die zu einer Kündigung im Falle der Insolvenzeröffnung berechtigen, regelmäßig unwirksam. Rechtlich zulässig sind jedoch vertragliche Lösungsklauseln, die dazu berechtigen, sich vor der Insolvenzeröffnung von dem Vertrag zu lösen. Derartige Klauseln dürfen daher nicht an die Insolvenzeröffnung, sondern müssen an vorgelagerte Krisenmerkmale (etwa einen Zahlungsverzug) anknüpfen. Zu beachten sind hier jedoch etwaige zeitliche Einschränkungen für die Ausübung des Kündigungsrechts (so etwa bei der Mieterinsolvenz).

Fazit

Das Risiko einer Insolvenz des Vertragspartners sollte nach Möglichkeit bereits bei der Aufnahme einer Geschäftsbeziehung berücksichtigt werden. Dann verringert sich sowohl das Zahlungsausfallrisiko als auch das spätere Risiko der Insolvenzanfechtung. Kann man erst tätig werden, wenn die Krise des Vertragspartners erkennbar geworden ist, erhöht sich das Anfechtungsrisiko erheblich. Mit der Fortsetzung der Geschäftsbeziehung begibt man sich dann auf einen sehr schmalen Grat, der eine detaillierte Analyse des Einzelfalles erfordert.


Zu den Personen

Dr. Uwe Goetker (ugoetker@mwe.com) ist Rechtsanwalt und Partner, Philipp Kutscher (pkutscher@mwe.com) ist Rechtsanwalt bei McDermott Will & Emery Rechtsanwälte und Steuerberater LLP in Düsseldorf. Beide sind im Bereich Corporate/M&A tätig und unter anderem auf die Vorbereitung und Durchführung von Sanierungen/Restrukturierungen spezialisiert. www.mwe.com

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