Die Grünen, die SPD und die Linke planen die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Flankiert werden diese Pläne mit Forderungen nach einer Verschärfung der Erbschaftsteuer für Unternehmenserben und erheblichen Erhöhungen des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer.
Die Grünen und die SPD fordern eine Vermögensteuer in Höhe von 1% per annum oberhalb eines Vermögens von 2 Mio. EUR (Grüne, SPD) beziehungsweise 1,5% für sehr hohe Vermögen ab 20 Mio. EUR (SPD). Es werden jährliche Mehreinnahmen von 17 Mrd. bis 24 Mrd. EUR erwartet.
Die Linke plant eine Vermögensteuer auf Vermögen oberhalb von 1 Mio. EUR mit bis zu 5% per annum. Für Unternehmen und betriebsnotwendiges Vermögen sieht die Linke Freibeträge von mindestens 5 Mio. EUR vor. Es wird ein Mehraufkommen von rund 50 Mrd. EUR jährlich erwartet.
Die CDU/CSU, die FDP und die AfD lehnen die Wiedereinführung der Vermögensteuer ab.
Die Linke plant zusätzlich zu einer Vermögensteuer eine einmalige Vermögensabgabe, die nach Feststellung der Besteuerungswerte über 20 Jahre abzuzahlen wäre, und rechnet mit einem Mehraufkommen von rund 300 Mrd. EUR über 20 Jahre.
Vermögensteuer verfassungsrechtlich erlaubt
Das Grundgesetz erlaubt durchaus eine Vermögensteuer. Das Bundesverfassungsgericht hat 1995 das damalige Vermögensteuergesetz für verfassungswidrig erklärt, weil es bei einem einheitlichen Steuertarif von 1% das Gesamtvermögen zum aktuellen Marktwert, die Immobilien aber nach veralteten Einheitswerten mit 10% bis 20% der Verkehrswerte bewertet hatte. Seit 1997 wird keine Vermögensteuer mehr erhoben, ganz abgeschafft wurde sie nie.
Eine Vermögensabgabe dagegen erforderte aus verfassungsrechtlicher Sicht eine staatliche Ausnahmelage im Sinne einer existenzbedrohenden finanziellen Notlage des Staats, was derzeit eine Einführung einer Vermögensabgabe unrealistisch erscheinen lassen dürfte.
Kostennutzungsbilanz wenig attraktiv
Die Erhebung einer Vermögensteuer ist nach Einschätzung des renommierten Münchner ifo-Instituts im Hinblick auf eine Kostennutzungsbilanz wenig attraktiv und könnte am Ende zu einem „Draufzahlgeschäft“ für alle Seiten führen. (FAZ vom 4. Oktober 2019)
Da eine zusätzlich auf die Nettorendite erhobene Vermögensteuer sich negativ auf betriebliche und private Investitionen auswirken würde, werden gegenläufige Effekte – wie die Verlagerung von Steuersubstrat und Kapital ins Ausland, ausbleibende Investitionen im Inland bis hin zu Wohnsitzverlagerungen von sehr Vermögenden – gegen die Vermögensteuer angeführt. Angesichts der Tatsache, dass nur Norwegen, einige Kantone in der Schweiz und einige Provinzen in Spanien überhaupt noch eine Vermögensteuer kennen, erscheinen diese Befürchtungen durchaus nachvollziehbar.
Eine umfassende Vermögensteuer träfe keineswegs auch nur „Multimillionäre“ – eine Besteuerung jenseits der vorgesehenen Freibeträge könnte schon den Eigentümer eines selbst bewohnten Hauses in guter Wohnlage belasten. Gleiches gilt für den Eigentümer eines mittelständischen Betriebs. Soweit Betriebsvermögen, wie bei den Plänen der SPD, von der Erhebung der Vermögensteuer verschont werden würde, wird die Vermögensteuer im Wesentlichen zu einer Steuer für mittelständische Unternehmen und Freiberufler, die ihre Altersversorgung über Immobilienvermögen aufgebaut haben. Erbschaftsteuerliche Ungerechtigkeiten würden hiermit auch in die Vermögensteuer eingeführt.
Dem Vernehmen nach ist der Gesetzgeber guter Dinge, dass durch Einführung von typisierten Verfahren und entsprechender EDV in den letzten Jahren die verfassungsrechtlichen Vorgaben im Hinblick auf eine Erfassung des Grundvermögens nach Marktpreisen realisiert werden können, und verweist insoweit auf die aktuelle Reform der Grundsteuer. Immerhin gilt es aber, für geschätzte 36 Millionen inländische Grundstücke durchaus komplizierte Bewertungsverfahren abzuwickeln. Ein Blick in den Bereich der Erbschaftsteuer, wo derzeit zahlreiche gesonderte Feststellungen durch Betriebs- und Lagefinanzämter entweder großen Zeitaufwand erfordern oder gar zunächst nur vorläufig veranlagt werden, lassen aber durchaus Zweifel aufkommen, ob die Verwaltung für die Erhebung einer Vermögensteuer ausreichend gerüstet ist.
AUSBLICK
Angesichts der großen finanziellen Herausforderungen der öffentlichen Haushalte zur Bewältigung der Pandemiekrise, aber auch des Klimawandels ist zu erwarten, dass eine neue Regierung (auch unter Beteiligung der Parteien CDU/CSU und FDP) eine verstärkte Besteuerung größerer Vermögen umsetzen wird.
Vermögende und Unternehmer, die im Fokus solcher Maßnahmen stehen, sollten sich im Klaren darüber sein, dass es nicht den einen und rasch umzusetzenden „Königsweg“ zur Abmilderung der drohenden steuerlichen Belastungen gibt.
Gefragt sind jetzt vielmehr individuelle und zielgerichtete Asset-Protection-Maßnahmen mit einem gewissen Vorlauf.
Nach dem Motto „die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos“ sind etwa zur Optimierung vermögensteuerlicher Freibeträge Vermögensübertragungen im Familienkreis sowie Güter- oder Wohnheimschaukeln in Betracht zu ziehen. Auch Stiftungslösungen, Vermögensübertragungen in ausländische Lebensversicherungen oder gar ein persönlicher Wegzug können je nach Ausgestaltung des individuellen Vermögens und der konkreten persönlichen Situation der Vermögensinhaber Lösungsansätze sein. In jedem Fall besteht jetzt Handlungsbedarf und die Themen dürfen nicht auf die lange Bank geschoben werden.
Dieser Beitrag ist in der Unternehmeredition 2/2021 erschienen.
Peter Fabry
Peter Fabry ist Rechtsanwalt und Steuerberater sowie Partner bei SNP Schlawien Partnerschaft mbB Rechtsanwälte Steuerberater, München. Seine Beratungsschwerpunkte liegen in der nationalen und internationalen Steuergestaltungsberatung, im Immobiliensteuerrecht sowie in der Vermögens- und Nachfolgeplanung für Unternehmen und Privatpersonen.