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Nachhaltig zum Gipfel

Als mittelständisches Familienunternehmen mischt Vaude seit Jahren im hart umkämpften Outdoor-Markt mit. Dank einem klaren Fokus wachsen die Schwaben stärker als der Branchendurchschnitt: Mit Nachhaltigkeit.

Wer heute einen Rucksack sucht, hat es nicht einfach. Es gibt das Billigprodukt aus China. Es gibt hochwertige Produkte vom Outdoor-Spezialisten, wo das Stück gleich mal 130 Euro kostet. Und es gibt einen, der aus recyceltem Material besteht. So wie der von Vaude.

Mit Rucksäcken fing alles an: Mittlerweile hat Vaude ein breites Outdoor-Sortiment. (© Vaude Sport GmbH & Co. KG)

Das war nicht immer so. Vor knapp 40 Jahren wurden Rucksäcke allenfalls im Bergsport oder als Schulranzen getragen. Auch der Begriff Outdoor war noch nicht geboren. Die Leute gingen wandern oder machten Urlaub im Zelt. Eine große Vermarktungsmaschinerie oder ein Lifestyle-Konzept dazu gab es nicht. Ein Vorreiter in Deutschland war Albrecht von Dewitz, der Gründer von Vaude. „Er sah Potenzial für eine breite Zielgruppe“, meint seine Tochter Antje von Dewitz.

Geburt eines Marktes

Die zierliche blonde Frau spricht schnell und denkt klar. Rasch merkt man, dass sie es gewohnt ist, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Die 42-Jährige leitet das Unternehmen ihres Vaters seit 2009. Zuvor war sie Marketing- und PR-Leiterin, angefangen hatte sie als Praktikantin. Ihre erste große Aufgabe war der Aufbau des Bereichs Packs n‘ Bags. Überall sah man Anfang der 2000er Jahre bunte Umhängetaschen aus strapazierfähigem Material. Auch Vaude rückte mit den Plantaschen und dem dreieckigen Logo erstmals aus der reinen Outdoor-Ecke und in den Fokus der breiteren Öffentlichkeit. Seitdem steht das schwäbische Unternehmen auf drei Standbeinen: Taschen und Rucksäcke, Bekleidung und Outdoor-Ausrüstung wie Zelte und Schlafsäcke.

Für das Unternehmen aus Tettnang am Bodensee hat sich dabei ein Aspekt zum Markenkern entwickelt, der ihm schon immer am Herzen lag: Nachhaltigkeit. Denn schon lange haben auch andere Anbieter Outdoor für sich entdeckt. Allein in Europa wird der Markt auf 10 Mrd. Euro geschätzt. Es dominieren Großkonzerne wie Northface, Columbia oder Jack Wolfskin, teilweise mit finanzstarken Investoren im Rücken. Bis vor zwei Jahren konnte die Branche zweistellige Wachstumsraten verzeichnen. Doch der Outdoor-Markt gilt als gesättigt, gestaltet sich immer mehr als Verdrängungswettbewerb. Zudem haben auch klassische Sportartikelhersteller wie Nike oder Adidas Outdoor-Produkte im Sortiment. Vaude musste sich etwas einfallen lassen, um mithalten zu können.Als mittelständisches Familienunternehmen mischt Vaude seit Jahren im hart umkämpften Outdoor-Markt mit. Dank einem klaren Fokus wachsen die Schwaben stärker als der Branchendurchschnitt: Mit Nachhaltigkeit.

Grüne Ideen

Seit 2001 produzieren die Schwaben als erster Outdoor-Hersteller nach dem Bluesign-Standard, der maximale Schadstofffreiheit garantiert – der härteste ökologische Standard für Textilien. Bis 2017 will Vaude zu 100 Prozent PFC-freie Kleidung herstellen. Ständig wird an der Verringerung des Produktionsrestmülls und des Ressourcenverbrauchs gearbeitet. Die Schwaben lassen ihre Produktionsstätten unabhängig kontrollieren und gründeten schon 1994 ein Recycling-Netzwerk. „Es gibt wohl keinen Outdoor-Hersteller, der sich so breit und detailliert mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzt wie wir“, sagt von Dewitz.

Produktion in Deutschland: Einen Teil der Produkte lässt Vaude hier herstellen. (© Vaude Sport GmbH & Co. KG)

Diesen Weg lässt sich das Unternehmen einiges kosten. Denn auch wenn Vaude deutlich weniger Umsatz als ein Großkonzern wie Jack Wolfskin macht, sind die Lieferketten genauso komplex: Knapp 60 Produktionsstätten weltweit sind für das Unternehmen vom Bodensee tätig. Als Mittelständler hat Vaude nur eine geringe Marktmacht und kann Zertifizierungen nicht diktieren. Die Überwachung der einzelnen Produktionsschritte ist aufwändig und komplex. Umso mehr freut es von Dewitz, dass ihr beschwerlicher Weg anerkannt wird und das Unternehmen als Branchenvorreiter für sozial- und umweltfreundliche Produktion gilt. Ihr Engagement wurde 2011 mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis honoriert.

Auch die Konkurrenz entdeckte das Thema Nachhaltigkeit für sich, mittlerweile tauschen sich die Unternehmen mit Vaude aus. „Doch als wir damit anfingen, wurden wir belächelt“, meint von Dewitz. Heute ist Nachhaltigkeit auch ein Grundsatz des Branchen-Verbandes European Outdoor Group (EOG). Vaude veröffentlicht seine Aktivitäten seit 2008 in einem Nachhaltigkeitsbericht. Als einziges europäisches Outdoor-Unternehmen seit Neuestem nach den strengen Kriterien der Global Reporting Initiative. Für den Mittelständler, der sich keine großen Werbekampagnen leisten kann, ist es enorm wichtig, dass auch wirklich drin ist, was außen versprochen wird. „Wir wählen immer die höchsten Standards und wollen die Marke von innen nach außen zum Strahlen bringen“, sagt von Dewitz.  Als mittelständisches Familienunternehmen mischt Vaude seit Jahren im hart umkämpften Outdoor-Markt mit. Dank einem klaren Fokus wachsen die Schwaben stärker als der Branchendurchschnitt: Mit Nachhaltigkeit.

Zweistellige Wachstumsraten bei Vaude

Steiles Wachstum: Während der Outdoormarkt insgesamt ruckläufig war, konnte Vaude weiter zulegen. (© Vaude Sport GmbH & Co. KG)

Und die Marke Vaude ist erfolgreich. Den Wachstumsrückgang der Branche in den letzten Jahren bekam sie nicht zu spüren. „Wir hatten durchgängig Wachstumsraten von sieben bis elf Prozent“, so die Geschäftsführerin. Der Rest der Branche musste sich laut EOG zuletzt mit 2,8 Prozent zufrieden geben. Deutschland ist immer noch der wichtigste Markt, doch auch im Ausland, etwa in Asien, sind die Schwaben aktiv. In China, Taiwan und Korea werden Vaude-Produkte unter Lizenz vertrieben. Produziert wird in Vietnam und zu einem kleinen Teil am Standort in Obereisenach. Mittlerweile arbeiten weltweit 1.400 Mitarbeiter für Vaude. Der Umsatz liegt im höheren zweistelligen Millionenbereich.

Einzig bei der Eröffnung der Franchise-Läden musste das Label vom Bodensee seine Erwartungen etwas zurückschrauben. Bis heute gibt es 12, eigentlich sollten es mehr sein. „Wir haben die Komplexität der Eröffnung solcher Läden unterschätzt, die Prozesse wollen gut geplant und aufgesetzt sein“, gibt von Dewitz zu. Zudem sei das derzeitige Marktumfeld nicht gerade geeignet, jemanden als Franchisenehmer eines Outdoor-Stores zu gewinnen. Hinter dem Konzept steht sie jedoch, und die einzelnen Läden entwickeln sich auch gut. Die Tettnanger wollen sich nicht treiben lassen. „Wir gehen unseren eigenen Weg“, sagt von Dewitz – und man glaubt es ihr.


Zur Person

Antje von Dewitz ist seit 2009 Geschäftsführende Gesellschafterin des Outdoor-Anbieters Vaude. Dass sie das Unternehmen ihres Vaters einmal übernehmen würde, war nicht von vornherein klar: Die 41-Jährige studierte Kulturwissenschaften in Passau, machte Praktika bei verschiedenen NGOs und in den Medien. Ziel war es, die Welt ein Stück weit zu verbessern – bis sie merkte, dass sie das im eigenen Unternehmen am besten kann. www.vaude.com

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