Die finanzielle Struktur von Unternehmern unterscheidet sich grundlegend von der eines Angestellten. Eine ganzheitliche und individuelle Planung ist unerlässlich, um Klumpenrisiken zu reduzieren, Liquidität zu sichern und Vermögen erfolgreich zu diversifizieren.
Die Vermögensstruktur eines Unternehmers unterscheidet sich grundlegend von der eines Angestellten, da sie in vielerlei Hinsicht komplexer und risikoreicher ist. Unternehmer haben häufig ein erhebliches Klumpenrisiko, da ihr Vermögen stark auf das eigene Unternehmen konzentriert ist. Wenn dann noch Firmenkredite dazukommen, ist dieses Risiko sogar gehebelt. Man kann die fehlende Risikostreuung eines Jungunternehmers, der das erste Unternehmen aufbaut, gut vergleichen mit jemandem, der in nur eine spekulative Aktie in seinem Depot investiert, finanziert durch einen Wertpapierkredit. Zudem muss berücksichtigt werden, dass auch die eigene Arbeitsleistung im Unternehmen steckt, das Humankapital also in der Anfangsphase eines Unternehmens nicht differenziert von der Kapitalanlage ist. Im Laufe der Entwicklung eines erfolgreichen Unternehmens wächst in der Regel das Eigenkapital des Unternehmers an, der Fremdkapitalanteil sinkt und das eigene Humankapital wird weniger wichtig für das Unternehmen.
Von der Gründungsphase zum stabilen Portfolio: Eine Reise der Diversifikation
Der Weg von der Risikobündelung im Start-up zur diversifizierten Vermögensstruktur erfordert strategische Diversifikation. Ein 33-jähriger IT-Gründer steckt zunächst sein gesamtes Kapital und seine Arbeitskraft ins Unternehmen. Mit wachsendem Erfolg können Anteilsverkäufe zu Cash-Events führen, die den Aufbau eines Wertpapierportfolios oder weiterer Beteiligungen ermöglichen. Sowohl Eigen- als auch Hum-ankapital werden schrittweise diversifiziert. Bis größere Mittel verfügbar sind, sollte der Jung-unternehmer vorsichtig agieren, da die Risiko-tragfähigkeit erst mit dem Unternehmensaufbau wächst. Ein erfahrener 55- jähriger Unter-nehmer kann deutlich risikoreicher investieren.
Liquiditätsplanung als Schlüssel zur Resilienz
Es gilt zu erörtern, warum Unternehmer mehr denn je auf Puffer für unerwartete Herausforderungen angewiesen sind – und welche Rolle Kreditstrategien dabei spielen. Als Unternehmer weiß man: Ein plötzlicher Wertverlust des Unternehmens, sei es durch Marktschwankungen, wirtschaftliche Krisen oder unerwartete interne Herausforderungen, kann erhebliche Auswirkungen auf das gesamte Vermögen haben. Die Verquickung von privatem und unternehmerischem Vermögen erfordert eine maßgeschneiderte Finanzplanung, die sich deutlich von den Standardansätzen für Angestellte abhebt.
Beratung abseits von Standardlösungen: Maßgeschneiderte Ansätze für Unternehmer
Warum reichen pauschale Faustregeln nicht aus, und wie kann individuelle Finanzberatung den Unterschied machen? In der Anlage greift die bekannte Regel „100 minus Lebensalter = Aktienquote“ nicht, da junge Unternehmer oft eine geringere objektive Risikotragfähigkeit haben als langjährige Unternehmer. Unternehmer brauchen maßgeschneiderte Ansätze, dies etwa auch im Umgang mit Hauskrediten: Während Angestellten oft zur schnellen Tilgung geraten werden sollte, kann dies bei Unternehmern problematisch sein, da sie bei Liquiditätsengpässen schwer neue Darlehen erhalten. Banken bewerten sie strenger und berücksichtigen Hausbesitz nur zweitrangig. Eine gezielte Liquiditätsplanung ist daher essenziell, um Puffer für unerwartete Herausforderungen zu schaffen.
Nachfolgeplanung und steuerliche Optimierung: Weichen für die Zukunft stellen
Grundsätzlich steht jeder Unternehmer vor Herausforderungen und Chancen, die eine detaillierte Analyse der persönlichen und geschäftlichen Situation erfordern. Dazu gehört eine regelmäßige Bewertung der Vermögensstruktur, eine sorgfältige Planung von Liquiditätsreserven und eine gezielte Risikostreuung, etwa durch Investitionen außerhalb des eigenen Unternehmens. Weiterhin ist es wichtig, Risikoszenarien im Rahmen der Finanzplanung zu durchdenken. Bezogen auf das obige Beispiel ist die Absicherung des Berufsunfähigkeitsrisikos für den 33-Jährigen deutlich wichtiger, da sein „Humankapital“ für die Firma essenziell ist, als für den 55-jährigen Unternehmer, der schon auf breiteren Füßen steht.
Auch steuerliche Aspekte spielen eine zentrale Rolle. Unternehmer können von speziellen Gestaltungsoptionen profitieren, wie etwa Holdingstrukturen oder steueroptimierten Nachfolgeplanungen. Diese Strategien erfordern jedoch eine enge Abstimmung zwischen steuerlichen, rechtlichen und finanziellen Beratern, um die optimale Lösung zu finden.
Finanzberatung für Unternehmer erfordert individuelle Ansätze, um Unternehmenswachstum, Vermögenssicherung und Liquidität in Balance zu halten. Wichtige Aspekte sind die Integration von Vermögens- und Nachfolgeplanung sowie klare testamentarische Regelungen, die Konflikte vermeiden und den Fortbestand des Unternehmens sichern. Frühzeitige Planung und regelmäßige Aktualisierungen sind entscheidend für langfristigen Erfolg und Stabilität.
Strategische Zusammenarbeit: Komplexität verlangt Weitsicht und frühzeitige Planung
Ein zentraler Faktor bei der Nachfolgeplanung sind die steuerlichen Aspekte. Hierbei müssen Erbschaft- und Schenkungsteuer, Freibeträge sowie steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten berücksichtigt werden. Eine professionelle steuerliche Beratung ist unverzichtbar, um die steuerliche Belastung für die Nachfolger möglichst gering zu halten und gleichzeitig die rechtlichen Rahmenbedingungen optimal zu nutzen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Unternehmerfinanzplanung und Vermögensnachfolge ein komplexer, aber unverzichtbarer Prozess ist, der weitreichende wirtschaftliche und persönliche Konsequenzen hat. Unternehmer sollten frühzeitig mit der Planung beginnen und die individuellen Gegebenheiten ihrer Situation berücksichtigen.
FAZIT
Durch die Kombination aus frühzeitiger strategischer Finanzplanung und einer fundierten Nachfolgeplanung können Unternehmer langfristig Stabilität schaffen und sowohl ihr Vermögen als auch das Unternehmen erfolgreich in die Zukunft führen. Die Komplexität dieses Prozesses erfordert jedoch einen proaktiven Ansatz, eine kontinuierliche Überprüfung und die Zusammenarbeit mit erfahrenen Beratern. Eine Umgebung mit reinen „Ja-Sagern“ ist in dem Kontext unbedingt zu vermeiden. Die Qualität der Berater und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen diesen ist entscheidend dafür, eine passende und umfassende individuelle Lösung für den Unternehmer, das Unternehmen und die Familie zu erreichen. Es ist dabei essenziell, auf schnelle Standardlösungen und Faustregeln zu verzichten, die der Komplexität des Unternehmervermögens in der Regel nicht gerecht werden.
👉 Dieser Beitrag ist in der Unternehmeredition-Magazinausgabe 4/2024 mit Schwerpunkt “Unternehmervermögen” erschienen.
Samir Zakaria
Samir Zakaria war Leiter Private Banking bei der Deutschen Bank und Deutschen Apotheker- und Ärztebank. Im Januar 2021 hat er die Leitung der Hansen & Heinrich AG in Frankfurt übernommen. Der Diplom-Kaufmann weist eine hohe Expertise in der umfassenden Finanzberatung auf und hat die Zusatzqualifikation Certified Financial Planner erworben. Er ist verantwortlich für die Hansen & Heinrich Akademie, die das Ziel hat, Mandanten Fachwissen näherzubringen. Darüber hinaus ist er Vorsitzender im Netzwerk der Finanz- und Erbschaftsplaner und richtet das jährliche Frankfurter Finanzplaner Forum aus.