„So ein Unternehmen gemeinsam zu führen, ist in vieler Hinsicht toll“, berichtet Wuttke. Aber: „Das Familienunternehmen darf nie der Familie entgegenstehen“, habe schon ihre Mutter immer gesagt. Und so hielten Wuttkes Schwestern der heute 37-Jährigen komplett den Rücken frei, als sie selbst eine Tochter bekam. „Nächsten Monat wird die Kleine ein Jahr alt und kommt dann zu einer Tagesmutter“, sagt die Geschäftsführerin. Dann will sie ihre 50%-Stelle auf 75% aufstocken. „Seit der Geburt meiner Tochter wusste ich die ganze Zeit, dass ich mich auf meine Schwestern verlassen kann, wenn ich bei meinem Kind war, und auf meine Mutter, wenn ich in der Firma war“, erzählt Wuttke. Ihrer Schwester Kathinka, die einen zweijährigen Sohn hat, ging es ebenso. So etwas kann sich Wuttke nur in einem modernen Familienunternehmen vorstellen.
Trend zur Familie
Familie und Unternehmen, das ist es, was Firmenlenkerinnen heute vereinbaren möchten. Vorbei sind die Zeiten, in denen sie dem Vorbild ihrer Väter folgten und wie sie ihre ganze Kraft in den Betrieb steckten, alle Entscheidungen selbst trafen und sich kaum Zeit fürs Privatleben ließen. „Während noch vor etwa zehn Jahren viele Unternehmer-Töchter ganz auf einen Partner und Kinder verzichteten, um sich vollständig dem Geschäft zu widmen, ist Familie für Firmenchefinnen heute sehr wichtig“, sagt Expertin Kerstin Ott. 70% der befragten Studienteilnehmerinnen haben Kinder. Um beide Welten gut zu vereinbaren, entwickeln alle ihre eigenen Strategien. Diese reichen von der Unterstützung durch den Partner über Netzwerke und Betreuungseinrichtungen bis hin zur Mithilfe der Eltern. „80% der Befragten sind sogar der Ansicht, die Führung eines Familienbetriebes sei der beste Weg, um Privatleben und Beruf unter einen Hut zu bringen“, sagt Ott.
Und doch bleibt nicht immer alles in der Familie, denn es gibt Situationen, in denen es ohne fremde Hilfe nicht geht. In solchen Fällen kann es sich anbieten, einen Geschäftsführer ins Unternehmen zu holen. Für Kirsten Hirschmann, Geschäftsführende Gesellschafterin der Hirschmann Laborgeräte GmbH & den Verlust von Arbeitsplätzen bedeutet, die der Vater peu à peu aufgebaut hatte. „Aber als so junge Frau in die Geschäftsführung eines produzierenden Unternehmens einzusteigen, ist hart“, sagt sie. Zwar arbeiten bei Hirschmann selbst zu 70% Frauen. Denn für viele Tätigkeiten sowie für die Art der Herstellung und Veredelung von Mikroprodukten sind kleine Hände von Vorteil, Fingerfertigkeit ist entscheidend. Aber Kunden, Geschäftspartner, Lieferanten – das waren alles Männer.
Hilfe von außen
Zudem fehlte Kirsten Hirschmann die technische Fachkompetenz. Sie hatte eine Ausbildung zur Bankkauffrau gemacht, danach BWL studiert. „Betriebswirtschaftlich hatte ich damit ein gutes Fundament, ich konnte unsere Produkte auch vermarkten“, erinnert sich die Unternehmerin. Aber das Branchenwissen und die technischen Fachkenntnisse brachte sie nicht mit. „Glücklicherweise konnte ich die Fachkompetenz mit der Einstellung eines promovierten Chemikers und Biologen gewinnen“, sagt Hirschmann. Er ist dem Unternehmen bis heute treu verbunden geblieben. „Wir haben die Geschäftsführung bei Hirschmann Laborgeräte gemeinsam inne“, sagt die Firmenchefin.
Ulli Ehrlich wiederum hat ihren Vater noch an ihrer Seite. Sie ist Chefdesignerin der Sportalm GmbH mit Sitz im österreichischen Kitzbühel. Das renommierte Textilhaus stellt Damenmode, Trachten, Dirndl sowie Skikollektionen für Damen und Herren her. „Mein Vater hat das Unternehmen 1980 gekauft und ich wollte nie etwas anderes, als irgendwann in dieser Firma arbeiten“, erzählt Ehrlich. Schon im Alter von zehn Jahren half sie ihrer Mutter beim Stoffverkauf im Geschäft, studierte später Modedesign, bildete sich bei Daniel Hechter in Paris weiter, besuchte unter anderem die Schnittschule in München. „Mode machen war immer mein Traum“, sagt sie.
Plötzlich war alles anders
Doch ihren Traum wollte sie im Atelier verwirklichen, sie wollte die Kreativ-Abteilung leiten, Kollektionen entwickeln. Im Vordergrund stehen wollte sie nie. „Als Nachfolger für meinen Vater war daher eigentlich mein Ehemann vorgesehen“, sagt Ehrlich. Aberes kam anders. Als ihr Mann vor fünf Jahren tödlich verunglückte, trat sie selbst in die Geschäftsführung ein. Diese teilt sie sich seitdem mit ihrem Vater Wilhelm Ehrlich, ihrer Schwester Christina und der Fremdgeschäftsführerin Renate Loidl. Als „fremd“ könne man „die Renate“, wie Ulli Ehrlich sie familiär nennt, allerdings nicht bezeichnen. „Sie ist seit 40 Jahren in der Firma, war schon Lehrling bei meinem Vater“, sagt die Chefdesignerin. Ihr und Vater Wilhelm habe sie es zu verdanken, dass sie sich auch weiterhin den Kollektionen widmen könne, während die beiden sich um den kaufmännischen Bereich und die Produktion kümmern.