Unternehmensnachfolge: Es fehlen die Käufer!

Sehr viele Inhaber mittelständischer Firmen wollen ihr Unternehmen verkaufen, es gibt jedoch immer weniger Nachfolgekandidaten.
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Sehr viele Inhaber wollen ihr Unternehmen verkaufen, es gibt jedoch immer weniger Nachfolgekandidaten. Um herauszustechen aus dem Markt, sollten Firmenchefs auch die immateriellen Unternehmenswerte herausstellen und auf eine gute Reputation im Markt setzen, empfiehlt unser Experte.

Matthias Ehnert, Geschäftsführer von ENWITO
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Die aktiven Inhaber mittelständischer Unternehmen werden immer älter. 2023 waren bereits 30 Prozent von ihnen 60 Jahre oder älter – mit stei-gender Tendenz. Denn das Durchschnittsalter eines Inhabers mittelstän-discher Unternehmen liegt laut KfW-Mittelstandsatlas bei rund 53 Jahren. Bis Ende des Jahres 2027 planen rund 626.000 der 3,81 Millionen mittel-ständischen Unternehmen, eine Nachfolgeregelung umzusetzen. Das entspricht 17% aller KMU binnen Fünfjahresfrist.

„Es fehlt jedoch an geeigneten Nachfolgekandidaten“, weiß Matthias Ehnert, Geschäftsführer von ENWITO, die unter der Marke intelligentis Unternehmer beim Verkauf ihres Lebenswerks begleitet. Insgesamt gibt es aktuell jährlich nur etwa halb so viele Übernahmegründungen wie Unternehmen mit Nachfolgebestrebungen im Mittelstand. „Die allermeisten Neugründerinnen und -gründer ziehen eine Übernahme oder tätige Beteiligung erst gar nicht in Betracht“, heißt es in der KfW-Studie.

Gute Zahlen garantieren keinen guten Verkauf

„In dieser Situation verkaufen zu wollen oder zu müssen, stellt viele Inhaber vor große Herausforderungen“, erklärt Ehnert, der bereits zahlreiche Unternehmensnachfolgen begleitete. „Selbst wenn Unternehmen ein gutes Zahlenwerk aufweisen, ist das noch lange kein Garant für einen Verkaufserfolg.“ Ein gutes Image im Markt und eine ordentliche Präsenz in den relevanten Medien von Print bis Social Media können bei der Suche nach einem Käufer beispielsweise durchaus förderlich sein. Die Bedeutung der Unternehmensreputation wird oft unterschätzt. Reputationsforscher Ulrich Bihler hat erklärt, dass „ein signifikanter Anteil der Reputation durch das Bild entsteht, das medial und in Social-Media-Beiträgen vermittelt wird“. Ein ordentliches Ansehen und ein positives Image können also über Erfolg oder Misserfolg bei der Suche nach einem Käufer entscheiden.

Immaterielle Werte berücksichtigen und herausstellen

Deshalb berücksichtigen fundierte Unternehmensbewertungen nicht nur materielle Werte wie Maschinen und Immobilien, sondern auch immaterielle Werte wie Markenimage und Mitarbeiter-Know-how – gerade im Mittelstand. Die Reputation eines Unternehmens spielt also eine zentrale Rolle und sollte herausgestellt werden. Sie beeinflusst das Vertrauen der Stakeholder und somit den Gesamtwert des Unternehmens. Laut einer Studie von Deloitte erzielen Unternehmen mit einer starken Marke und guter Reputation höhere Verkaufspreise und sind erfolgreicher bei der Nachfolgeregelung.

Erfolgreicher Verkauf durch perfekte Vorbereitung

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Weitere Faktoren sind eine perfekte Verkaufsvorbereitung mit klaren, nachvollziehbaren Unternehmenszahlen sowie eine wohl sortierte Unternehmensstruktur ohne versteckte Fallstricke. „Je schneller ein Kaufinteressent das Unternehmenskonstrukt und seine Zahlen versteht, je schneller er Vertrauen gewinnt in das Unternehmen und den Altinhaber, desto leichter wird es, ihn für einen Kauf zu begeistern“, sagt der Experte. Die Unternehmenswerte müssen daher vernünftig eingeschätzt, die richtigen Strategien festgelegt und rechtliche Rahmenbedingungen geprüft werden. Durch den Verkäufer beauftragte Berater helfen dabei, Stärken und Schwächen zu identifizieren, den Unternehmenswert zu optimieren und den Verkauf professionell vorzubereiten und zu begleiten. „Die Vorbereitungen sollten natürlich abgeschlossen sein, bevor das Unternehmen offiziell zum Verkauf angeboten wird. Insofern sollte der Inhaber möglichst zwei Jahre Vorlaufzeit mitbringen und sich professionell begleiten lassen“, betont Ehnert. Er rät deshalb: „Fangen Sie frühzeitig an, sich und Ihr Unternehmen auf den Verkauf vorzubereiten.“

Selbstverkauf schadet dem Verkaufspreis

Nur so ist sichergestellt, dass der Unternehmer sein Lebenswerk erfolgreich und zu angemessenen Konditionen übergeben kann und während des Verkaufsprozesses das operative Geschäft nicht vernachlässigen muss. Außerdem betont er: „Nehmen Sie Abstand vom Selbstverkauf: Zwei Drittel der Unternehmer, die allein nach einem Käufer suchen, scheitern wegen ihrer eigenen Emotionalität. Vor Gericht lässt man sich ja auch von einem Anwalt vertreten, weil dieser sachlicher und rationaler verhandeln kann.“ Genauso sei es beim Unternehmensverkauf: Ein ordentlicher Berater werde immer besser verhandeln, als ein abgabewilliger Inhaber. Ehnert erklärt es bildlich: „Der Köder muss gut sein, aber man muss auch die kleinen Fische wieder zurück in den Teich werfen können.“ Wer den potenziellen Käufer richtig anspricht, wer seine Interessenslage kennt und sich darauf einstellt, wird einen guten Kaufpreis erzielen.

Autorenprofil
Dominik Schilling

Dominik Schilling ist Gründer von Schilling PR. Der Berater und Journalist war unter anderem bis 2006 als Senior Consultant bei Pleon Kohtes Klewes tätig und leitete 2007 die Unternehmenskommunikation des börsennotierten Finanzdienstleisters Dresdner Factoring AG. Seine Schwerpunkte liegen auf Beratung, Konzeption und Maßnahmen zu Corporate Identity, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Event und Messe.

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