Unternehmen müssen jetzt ihre Zukunftsfähigkeit verbessern

Überlegungen zu Risiken und Krisen, die die knappe Arbeitszeit der Geschäftsleitung bestimmen

© Aodbe Stock - Olivier Le Moal

Der Gesamtumfang der Risiken, denen Unternehmen ausgesetzt sind, hat durch lange bekannte geopolitische und volkswirtschaftliche Risiken maßgeblich zugenommen und teils zu handfesten Unternehmenskrisen geführt. Gerade wegen der nun noch knapperen Arbeitszeit der Geschäftsleitung ist es jetzt an der Zeit, die eigene Zukunftsfähigkeit zu beurteilen und gezielt zu verbessern.

Jedem Vorstand und Geschäftsführer, speziell auch den Verantwortlichen in Familienunternehmen ist eines klar: eine fundierte Beurteilung und die systematische Verbesserung der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, und damit der Überlebensfähigkeit, hat höchste Bedeutung. Ein hoher QScore, das heißt ein hohes Maß an Zukunftsfähigkeit, erfordert finanzielle Nachhaltigkeit, eine robuste Strategie und eine resiliente Leistungserstellung sowie ausgeprägte Fähigkeiten im Umgang mit den Chancen und Gefahren (Risiken), die mit jeder unternehmerischen Tätigkeit verbunden sind. Unternehmen mit solchen Eigenschaften sind nachhaltig erfolgreicher, wie empirische Studien klar belegen.

Die Arbeitszeit der Geschäftsleitung ist knapper denn je

Trotz dieser (Er-)Kenntnisse und der Bedrohungen, denen gerade deutsche Unternehmen heute deutlich mehr ausgesetzt sind als noch vor einigen Jahren, sind die „konkreten Anstrengungen“ zur Verbesserung der Zukunftsfähigkeit in vielen dieser Unternehmen eher überschaubar. Wie lässt sich erklären, dass sich gerade jetzt Vorstände, Geschäftsführer und auch Aufsichtsräte nur wenig mit diesem wichtigen Thema befassen und hier sinnvolle Aktivitäten in die Zukunft verschieben? Man hört fast durchgängig die gleiche Erklärung: „Die Verbesserung der Zukunftsfähigkeit ist natürlich wichtig, aber derzeit müssen wir uns mit einer Vielzahl drängender Herausforderungen befassen wie Lieferkettenprobleme, steigende Energiekosten und eine drohende Gasmangel-Lage.“

Grundsätzlich ist schon klar, dass man wichtige Aufgaben nicht immer wegen drängender Probleme zurückstellen sollte. Jedoch zeigt die aktuelle Situation in vielen Unternehmen noch ein anderes Problem: die Geschäftsleitung ist heute mit einer Vielzahl solcher Aufgaben beschäftigt, die auf wohlbekannte, aber zu lange ignorierte Risiken zurückzuführen sind. Man darf nämlich nicht übersehen: Unternehmenskrisen sind das Resultat eingetretener Risiken, ob ausgelöst durch volkswirtschaftliche oder geopolitische Krisen (siehe Abbildung) oder anderweitig.

Krisenampel 2016 und September 2022

Quelle: FutureValue Group AG; zum Vergrößern bitte hier anklicken!

Handlungsdruck als Resultat nicht erschlossener Verbesserungspotenziale

Bei vielen Unternehmen resultiert der erkennbar akute Handlungsdruck genau daraus, dass die entsprechende strategische Aufstellung und die bereits in der Vergangenheit an sich möglichen und hilfreichen Maßnahmen zur Verbesserung der Zukunftsfähigkeit – und damit des QScores – unterblieben sind. Das Argument, solche Krisen seien schwarze Schwäne, auf die man sich nicht vorbereiten könne, darf also nicht als alleiniger Grund für eine Unternehmenskrise angeführt werden.

Die gravierenden Herausforderungen und die hohe Arbeitszeitbelastung, die viele Unternehmensleitungen heute spüren, sind genau das Resultat nicht erschlossener Verbesserungspotenziale im Bereich Zukunftsfähigkeit und insbesondere von Defiziten im Umgang mit Chancen und Gefahren, also Risiken. Es ist bedauerlich, dass man sich oft erst dann mit Risiken befasst, wenn diese bereits eingetreten sind. Offenkundig ist eine präventive Analyse und Bewältigung von Risiken sinnvoll. Genau diese erwartet in der Zwischenzeit (seit 2021) auch der Gesetzgeber von allen Kapitalgesellschaften (haftungsbeschränkten Unternehmensträgern). § 1 StaRUG (Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen) fordert nämlich von allen solchen Unternehmen die Früherkennung möglicher „bestandsgefährdender Entwicklungen“ und ggf. die rechtzeitige Initiierung „geeigneter Gegenmaßnahmen“. Schwere Unternehmenskrisen sind gerade solche bestandsgefährdenden Entwicklungen. Sie ergeben sich aus Kombinationseffekten mehrerer Einzelrisiken, was die Identifikation, Quantifizierung und Aggregation der Risiken, also die Berechnung genau dieser Kombinationseffekte, erforderlich macht, um alleine nur die gesetzlichen Mindestanforderungen zu erfüllen.

Lernen, mit Unsicherheiten und Risiken umzugehen

Was folgt aus allen diesen Überlegungen? Bei aller verständlicherweise hohen Arbeitsbelastung der Geschäftsleitung durch die „akuten Herausforderungen“ sollte eines klar sein: Spätestens jetzt ist die Zeit gekommen, bestehende Verbesserungspotenziale bei der Zukunftsfähigkeit aufzudecken und sie systematisch zu beheben. Die heute und sicherlich in den nächsten Jahren weiterhin höchst anspruchsvollen Rahmenbedingungen erfordern eine hohe finanzielle Nachhaltigkeit, eine robuste Strategie und eine resiliente Leistungserstellung. Und vor allem sollten die Fähigkeiten im Umgang mit Chancen und Gefahren verbessert werden, was entsprechende Anforderungen an die Leistungsfähigkeit des Risikomanagements stellt. Neben einer Unterstützung des akuten Krisenmanagements geht es im Risikomanagement insbesondere darum, die Risiken des Unternehmens und solche aus dem Umfeld, also auch volkswirtschaftliche und geopolitische Risiken, systematisch zu analysieren und daraus gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Zukunftsfähigkeit abzuleiten. Welche Liquiditäts- und Eigenkapitalreserven sind erforderlich, um den vorhandenen Gesamtrisikoumfang tragen zu können und so „bestandsgefährdende Entwicklungen“ möglichst zu verhindern? Wie wirken sich diesbezüglich die Maßnahmen und Entscheidungen durch die Geschäftsführung konkret aus? Durch solch ein präventives Risikomanagement kann erreicht werden, dass man mit überschaubarem Zeitaufwand Risiken besser in den Griff bekommt und Krisenszenarien, die die Arbeitszeiten der Geschäftsführung besonders binden, eher vermeidet. Quasi nebenher werden auch die zuletzt verschärften gesetzlichen Anforderungen an das Risikomanagement (siehe bspw. § 1 StaRUG) erfüllt, was auch persönliche Haftungsrisiken der Geschäftsleitung und der „Überwachungsorgane“ (wie Aufsichtsrat und Beirat) reduziert.

Fazit

Jetzt ist die Zeit, sich gezielt mit der Verbesserung der eigenen Zukunftsfähigkeit zu befassen. Eine wissenschaftlich fundierte und dennoch kompakte (arbeitszeitsparende!) Beurteilung der wesentlichen Kriterien der Zukunftsfähigkeit besteht mit dem QScore-Ansatz. Ein Investment in mehr Zukunftsfähigkeit lohnt sich immer – in Zeiten mit erheblichen Herausforderungen ganz besonders.

Autorenprofil
Dr. Hans-Jörg Gidlewitz

Dr. Hans-Jörg Gidlewitz hat viele Jahre erfolgreich in herausfordernden Managementpositionen gewirkt − zuletzt als Geschäftsführer der Fressnapf Holding. Derzeit ist er in unterschiedlichen Rollen aktiv: als Non-Executive, Mentor/Business Angel, Berater und in verantwortlicher Funktion beim QScore-Institut.

Autorenprofil
Philipp Moecke

Philipp Moecke unterstützt seit vielen Jahren Unternehmen in den Bereichen Risikomanagement, Simulationsmodelle, Unternehmensbewertung. Zudem ist er eine treibende Kraft beim Aufbau und bei der Weiterentwicklung des QScore-Instituts.

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