Das Klischee sieht in Firmenerben privilegierte Reiche. Die Nachfolger selbst hadern dagegen mit der neuen Erbschaftsteuer, die seit rund zwei Jahren in Kraft ist. Wie kann ein Kompromiss aussehen, der von Unternehmern wie auch der Öffentlichkeit gleichermaßen akzeptiert wird?
Ein typisch deutsches Steuergesetz
Die aktuelle Fassung der Erbschaftsteuer ist kein großer Wurf, sondern ein verstrickter Kompromiss, der sich in viele Details zerfasert. Symptomatisch dafür stehen sich selbst negierende Klauseln wie die „Nicht-Anwendung der Lohnsummenregel“ oder die „Reduktion des Verschonungsabschlags“. Dies alles ist das Ergebnis zäher Verhandlungen zwischen den Parteien, zwischen Experten unterschiedlicher Institute, zwischen Bundestag und Bundesrat. Am Ende ist ein Gesetz entstanden, von dem alle sagen, dass es sich in der Realität kaum bemessen lässt, weil jeder Einzelfall anders gelagert ist – je nach Unternehmenswert, Mitarbeiterzahl oder der Anzahl der Erben. Es finden sich darin proportionale Anpassungen, gestaffelte Summenregeln, gesonderte Abschläge und enge Kriterien. Das macht alles so komplex und variantenreich. Dazu kommen mangelhafte Erhebungen über das tatsächliche Vermögen beziehungsweise die volkswirtschaftliche Erbmasse. Deshalb lässt sich allein mit Kalkulationen und Modellrechnungen abschätzen, wie sich die Last für Unternehmer auf der einen Seite und das Steueraufkommen auf der anderen Seite verändern. Diese Verschiebungen sind wiederum abhängig von den einzelnen Reformpunkten, die aber auch keine endgültige Gewissheit und damit Planbarkeit garantieren.
“Oldtimer müssten die Unternehmer schon gut begründen”
Wolfgang Grupp, Geschäftsführer und Inhaber von Trigema
Beispielhaft dafür steht die Neuregelung des Verwaltungsvermögens. Dieses hat der Gesetzgeber im Zuge der Reform größtenteils von der Erbmasse ausgenommen. Es wird nur noch bis zu einem Anteil von zehn Prozent des Betriebsvermögens als begünstigt angesehen. Zum Verwaltungsvermögen zählt das Gesetz unter anderem Luxusgegenstände und Sammlerobjekte, die „typischerweise der privaten Lebensführung“ dienen, also zum Beispiel Yachten, Oldtimer oder Kunstsammlungen.
Wolfgang Grupp, einer der bekanntesten Familienunternehmer Deutschlands und Inhaber der Textilherstellers Trigema, findet diese Regelung nachvollziehbar. Grupp ist zwar auch bekannt für sein Faible für Luxus. Trotzdem ist er gerade in diesem Punkt ein Anhänger der Reform: „Zum notwendigen Betriebsvermögen gehören für mich selbstverständlich Maschinen oder Gebäude. Ich will zwar nicht ausschließen, dass auch Oldtimer dazu zählen können, aber das müssten die Unternehmen dann schon gut begründen“, sagt Grupp.
Nicht alle Unternehmer äußern sich zum Thema so offen wie er. Viele möchten auch zwei Jahre nach der Reform nichts dazu sagen oder antworten gleich gar nicht auf Anfragen. Darunter sind auch Firmen wie die Aco Gruppe oder Rehau, die viel Geld in Kunst investieren und daher von den neuen Regeln betroffen sein dürften.
Doch zum Verwaltungsvermögen gehören nicht nur Luxusgüter, sondern auch Wertpapiere und Bankguthaben. Die Tatsache, dass auch Barvermögen größtenteils nicht begünstigt ist, kann für Saisonbetriebe schmerzhaft werden, die beispielsweise im Sommer hohe Umsätze generieren, von denen sie den Winter über zehren müssen. Stirbt etwa der Inhaber einer Eisdiele am Ende des Sommers, sind die angehäuften Einnahmen vom Nachfolger zu versteuern und die Reserven für die kalte Jahreszeit dementsprechend in Mitleidenschaft gezogen.
Auch Grundstücke und Bauten, die an Dritte vermietet werden, zählen dem Gesetz zufolge zum Verwaltungsvermögen. „In unserer Branche gehört es fast schon zum Kern des Geschäfts, unsere Lagerhallen an Industriekunden zu vermieten“, sagt Günter Haberland, Seniorchef beim Logistiker Zietzschmann aus Neuss. Zählen diese Flächen nicht mehr zum begünstigten Vermögen, dann bedeute dies eine finanzielle Belastung, argumentieren auch Unternehmerverbände. „Im Zweifel müssen wir abwarten, was die Finanzverwaltung sagt und ob sie die Flächen nicht vielleicht doch zum Betriebsvermögen zählt“, meint Haberland.
Im Gesetz deutet darauf zumindest bislang nichts hin: Als begünstigt gelten vermietete Immobilien nur dann, wenn dort im Rahmen von Lieferungsverträgen die firmeneigenen Erzeugnisse und Produkte verkauft werden. Diese Ausnahmeregelung zielt vor allem auf Brauereigaststätten oder Tankstellen ab.