Eine neue Studie der Stiftung Familienunternehmen zeigt den Willen der neuen Generation der Unternehmensnachfolger (sogenannte Next Gens) zur Verantwortung: Sie planen neue Akzente bei Innovation, Nachhaltigkeit und Unternehmenskultur. Allerdings können sich auch immer mehr von ihnen einen Verkauf des Unternehmens vorstellen.
Ein großer Teil der Next Gens sehen die Gefahr einer politischen Polarisierung und einer sozialen Spaltung der Gesellschaft als sehr groß an. Das ist das Ergebnis einer Studie der Stiftung Familienunternehmen „Deutschlands nächste Unternehmergeneration“, erstellt zum sechsten Mal vom Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen der Zeppelin Universität. Diese Angst rangiert demnach bei den Zukunftsängsten noch vor dem Klimawandel. Aktuell treibe der Krieg in Europa die jungen Leute am meisten um. Aber gleich danach komme die Gefahr einer schlechten Wirtschaftslage mit steigender Armut.
Der nächsten Unternehmergeneration fehlt es der Studie zufolge nicht an der familienunternehmerischen Grundhaltung, auch nicht an Leistungsbereitschaft oder Freude an der Verantwortung. Sie halten die Werte des Familienunternehmertums hoch. 71% sind bereit, eine operative Führungsrolle im Familienunternehmen zu übernehmen. 44% halten es für möglich, ein eigenes Unternehmen zu gründen (auch als Vorbereitung auf die Nachfolge). 23% der Befragten schließen allerdings auch einen Verkauf des ererbten Unternehmens nicht aus; das sind 9 Prozentpunkte mehr als bei der vorhergehenden DNUG-Studie im Jahr 2020.
Teils angefeindet und von der Politik kaum wahrgenommen
Besonders die wachsende Feindseligkeit zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen und politischen Überzeugungen macht der Nachfolgegeneration Sorge, wie aus der Befragung hervorgeht. Das negative Image der Nachfolge im Vergleich mit der Gründung ist ein großes Thema. Die Umfrage zeigt zudem, dass sich die Nachfolger mit den eigenen Interessen von den politischen Parteien kaum wahrgenommen fühlen. Umgekehrt sehen sie bei den Parteien oft wenig Kompetenz, die Probleme zu lösen.
Unter den Herausforderungen, denen sie sich zu stellen haben, nennen die Next Gens zuvorderst die Erbschaftsteuer (75 Prozent). Die Weiterführung des Unternehmens werde durch hohe Steuern erschwert. Weitere Herausforderungen: Der Fachkräftemangel und die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Rolle als Unternehmenslenker.
Neue Akzente bei Innovation, Nachhaltigkeit und Führungskultur
Als Chance sehen es die Nachfolger an, im Unternehmen neue Akzente setzen zu können. Innovationen und Nachhaltigkeit spielen eine sehr große Rolle, auch die Mitarbeiterbindung, neue Organisationsstrukturen und eine andere Führungskultur. Ein wichtiges Ergebnis: Die Vorbereitung auf die Nachfolge läuft zunehmend professionell ab, und zwar abhängig von der Größe des Unternehmens. Die Vielfalt an Nachfolgemodellen wird größer.
Prof. Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen: „Die kommende Unternehmergeneration hat großes Zutrauen in die Leistungs- und Innovationsfähigkeit ihrer Familienunternehmen sowie in die eigene Person und die Familie. Aber bezüglich der Bedingungen gesellschaftlicher und politischer Natur herrscht große Sorge. Dies zeigt sich gerade in den Befürchtungen einer stärkeren gesellschaftlicher Polarisierung und im Misstrauen gegenüber der Veränderungskraft unserer politischen Parteien. Auch aus diesem Befund heraus ist es an der Zeit, die Rahmenbedingungen für Familienunternehmen radikal zu verbessern.“
Das Team um Prof. Reinhard Prügl hat diesmal deutschlandweit 440 Vertreter der nächsten Unternehmergeneration zu ihren Einstellungen befragt; sie sind im Alter zwischen 16 und 40 Jahren. Vorbild für die Umfrage sind auch die Shell-Jugendstudien, deren Mitautor Prof. Mathias Albert diesmal dem Autorenteam angehört hat.