Bereits im Juni 2021 wurde das Gesetzgebungsverfahren zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes verabschiedet. Das Gesetz wurde am 16. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I 2021, S. 2947) veröffentlicht. Der überwiegende Teil der Änderungen im Stiftungsrecht tritt zum 01. Juli 2023 in Kraft. Für Bestandsstiftungen stellt sich nun die Frage, welches Recht auf ihre Verhältnisse Anwendung findet und ob vor Inkrafttreten der Reform möglicherweise noch Anpassungen der Satzung sinnvoll und möglich sind.
Angesichts der unterschiedlichen landesrechtlichen Regelungen, unter denen Bestandsstiftungen errichtet wurden, sowie der Individualität und der Vielzahl möglicher Satzungsregelungen soll dieser Beitrag − ohne Anspruch auf Vollständigkeit − einen Überblick darüber geben, welches Recht zukünftig maßgeblich ist und wo gegebenenfalls Handlungsbedarf für noch kurzfristige Anpassungen besteht.
Bundeseinheitliche Regelung
Kernpunkt der Reform ist die nunmehr bundeseinheitliche Regelung des Stiftungszivilrechts. Bislang regelten die Landesstiftungsgesetze neben den klassischen Themen der Stiftungsaufsicht insbesondere die Frage der Satzungsänderung sowie daran anknüpfend die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Zulegung zu oder die Zusammenlegung mit einer anderen Stiftung möglich ist, höchst unterschiedlich. Daraus ergab sich unter anderem eine stark unterschiedliche, länderspezifische Rechtsprechung, die einer modernen Fortentwicklung des Rechtsinstituts der Stiftung im Wege stand.
Durch die Reform des Stiftungsrechts werden jetzt der gesamte „Lebenszyklus“ der Stiftung und damit einhergehend auch solche „umwandlungsnahen“ Vorgänge im BGB einheitlich geregelt. Dort sind auch die Verfahrensregelungen zentral erfasst.
Die Landesstiftungsgesetze haben für alle Bereiche, die durch das Gesetz geregelt wurden, ihre Berechtigung verloren, weil der Bundesgesetzgeber nunmehr von seiner vorrangigen Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat.
Die Länder haben nun die Aufgabe, ihre Landesstiftungsgesetze an die bundesgesetzlichen Vorgaben anzupassen, weil dem Bundesrecht widersprechende Regelungen mit dem Inkrafttreten der Reform nichtig sind.
Die Gesetzgebungsaktivitäten der Länder befinden sich allerdings in höchst unterschiedlichen Stadien. Das Land Brandenburg hat bereits im Juni 2022 ein neues Stiftungsgesetz beschlossen, in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Hessen sind Gesetzentwürfe veröffentlicht, in Niedersachsen ist der Gesetzentwurf Ende Februar zur Vorlage an die Verbände zur Stellungnahme freigegeben worden. In den übrigen Bundesländern sind bisher keine Gesetzentwürfe zugänglich.
Anwendbares Recht für Bestandstiftungen
Was bedeutet aber dieser Zustand nun ganz praktisch für bereits bestehende Stiftungen? Gilt für sie das Recht im Zeitpunkt der Errichtung weiter? Gibt es Übergangsfristen?
Diese Fragen beantwortet das Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts selbst. Nach dessen Artikel 2 sind die §§ 82a bis 88 BGB n. F. − und damit das neu geltende Bundesrecht − ab Inkrafttreten der Stiftungsrechtsreform auch für Stiftungen anzuwenden, die bereits vor dem 01. Juli 2023 anerkannt wurden (§ 59 EGBGB n. F.). Als Grundsatz gilt dann: Wenn keine ausdrückliche Regelung in der Stiftungsverfassung oder Satzung vorhanden ist, gilt die bundesgesetzliche Regelung laut BGB.
Damit besteht für die Gremien der bereits errichteten Stiftungen vor allem die Aufgabe, ihre Satzungen dahingehend zu überprüfen, ob hierin entweder auslegungsbedürftige Regelungen enthalten sind, die durch die Reform eine vom Stifterwillen abweichende Auslegung erfahren oder bestimmte Punkte nach dem Willen des Stifters möglicherweise abweichend von der Neuregelung geregelt sein sollen.
Änderungen beim Recht der Satzungsänderungen
Durch die Reform wurden die Voraussetzungen für Satzungsänderungen abschließend geregelt und die Anforderungen hierfür zumindest abstrakt definiert. Zukünftig sind Satzungsänderungen abhängig von der Eingriffstiefe im Rahmen eines dreistufigen Systems an unterschiedliche Bedingungen geknüpft.
Die §§ 85 und 85a BGB n. F. unterscheiden bei den Anforderungen für eine Satzungsänderung hinsichtlich der Tiefe des Eingriffs in den Bestand der Stiftung. Zweckänderungen und Einschränkungen des Zwecks sind insbesondere nur möglich, wenn der Stiftungszweck ohne die Änderung nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann. Dies kann vor allem von der Ertragskraft der Stiftung abhängen. Andere Satzungsänderungen insbesondere prägender Bestimmungen, also zum Namen, Sitz, der Verwaltung des Grundstockvermögens aber vor allem auch zu der Art und Weise der Zweckverwirklichung, sind nur möglich, wenn sich die Verhältnisse nach Errichtung der Stiftung wesentlich verändert haben und die Änderung erforderlich ist, um die Stiftung an die veränderten Verhältnisse anzupassen. Andere Satzungsänderungen sollen bereits dann vorgenommen werden, wenn dies der Erfüllung des Stiftungszwecks dient.
Das neue Stiftungsrecht sieht vor, dass der Stifter die Kompetenzen zur Änderung der Satzung ausschließen und beschränken kann. Hinreichend bestimmte Erweiterungen der Kompetenzen durch den Stifter sind zwar zukünftig möglich, allerdings nur im Stiftungsgeschäft, also im Gründungsakt.
Für eine Bestandsstiftung bedeutet dies: war es vom Stifter gewünscht und sind in der Satzung ausreichende Anhaltspunkte vorhanden, dass die Satzungsänderungskompetenz der Stiftungsorgane über die Regelungen in § 85 BGB n. F. abweichen sollen, ist zu prüfen, ob diese hinreichend bestimmt sind. Gegebenenfalls sollten hier über Satzungsanpassungen noch Klarstellungen vor dem Inkrafttreten der Reform ergänzt werden.
Hinweis: Dass Klarstellungen erforderlich sein können, zeigt sich bei einem Blick in die Landesstiftungsgesetze, deren Regelungen für die Errichtung von Bestandsstiftungen maßgeblich waren. Das Stiftungsgesetz von Baden-Württemberg lässt dem Wortlaut nach eine Änderung des Stiftungszwecks, die Zusammenlegung oder Aufhebung durch die Stiftungsorgane zu, soweit dies in der Satzung vorgesehen ist (§ 14 StiftG BW). Andere Stiftungsgesetze sehen Satzungsänderungen vor, wenn dies in der Satzung der betroffenen Stiftung geregelt ist und sich die Verhältnisse seit der Errichtung der Stiftung wesentlich geändert haben (§ 7 NStiftG bzw. § 8 Bremisches StiftG) oder es werden Satzungsänderungen durch die zuständigen Organe zugelassen, wenn der Stiftungszweck und die Gestaltung der Stiftung nicht oder nur unwesentlich verändert werden oder dies wegen einer wesentlichen Veränderung gegenüber den im Zeitpunkt der Entstehung der Stiftung bestehenden Verhältnissen angebracht erscheint (§ 5 StiftG Schleswig-Holstein). Hinsichtlich der Zweckänderung oder -beschränkung sind die landegesetzlichen Voraussetzungen geringer, hinsichtlich der einfachen Satzungsänderung z. T. strenger.
Zwar können gegebenenfalls im Wege der Auslegung auch die erleichterten Voraussetzungen für „einfache“ Satzungsänderungen später angewandt werden, wenn Anknüpfungspunkte in der Satzung zu finden sind und ein entsprechender Stifterwille nachweisbar ist. Gleichwohl empfiehlt es sich für Bestandsstiftungen, die unter einem strengeren Regime errichtet wurden, Anpassungen an die Neuregelungen für einfache Satzungsänderungen noch vor Inkrafttreten der Reform vorzunehmen. Die Legitimation für die Satzungsänderung liegt darin, dass davon auszugehen ist, dass der Stifter, sofern er bei Errichtung der Stiftung die Gesetzesänderung und insb. die erleichterten gesetzlichen Voraussetzungen zur Veränderbarkeit der Stiftungssatzung vorausgesehen hätte, diese in der Satzung angelegt hätte.
Eine solche Satzungsänderung muss auf Basis der aktuellen noch anwendbaren Landesstiftungsgesetze herbeigeführt werden, denn das BGB lässt Erleichterungen der Änderungsvoraussetzung – wie bereits ausgeführt – nur im Stiftungsgeschäft zu. Daher ist zu befürchten, dass nach dem Inkrafttreten der Reform eine solche Änderung nicht mehr möglich sein wird. Findet sich jedoch bereits eine ausdrückliche Regelung zur Satzungsänderungskompetenz in der Satzung, dürfte diese bei Inkrafttreten des Gesetzes Bestandsschutz genießen.
Umgekehrt könnte es auch dem Stifterwillen bei Errichtung entsprochen haben, dass Zweckänderungen und Zweckeinschränkungen bereits bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse möglich sein sollen, wie es dem Wortlaut der jeweiligen Landesstiftungsgesetz entspricht. In diesem Fall unterlägen die Zweckänderungen und -einschränkungen weniger strengen Voraussetzungen als in § 85 Abs. 1 BGB n. F. Auch hier könnte eine klarstellende Abgrenzung zur Neuregelung noch vor Inkrafttreten erwogen werden.
Hinweis: Für Stiftungen mit Sitz in Ländern mit liberalerem Stiftungsgesetz wie zum Beispiel Hamburg ist die Thematik noch gravierenderer. Nach § 7 Hamburgisches StiftG kann die Stiftung eine Änderung der Satzung beschließen, soweit in der Satzung nicht etwas anderes bestimmt ist, hierfür ein sachlicher Grund besteht, insb. sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse nachhaltig geändert haben und der tatsächliche oder mutmaßliche Wille des Stifters nicht entgegensteht. Es war also bisher aufgrund der landesrechtlichen Vorgaben nicht erforderlich, dass die Stiftungssatzung eine Satzungsänderung ausdrücklich zulässt. Insofern könnten Satzungen von Bestandsstiftungen nach dem Hamburgischen StiftG auch gar keine Regelungen hierzu enthalten, da kein Regelungsbedarf gesehen wurde. Da nach § 85 Abs. 4 BGB n. F. aber der Stifter die dann neuen Regelungen abbedingen kann, könnte hier das Risiko bestehen, dass je nach Gestaltung der Satzung davon ausgegangen wird, dass der Stifter tatsächlich keinerlei Satzungsänderung zulassen wollte. Hier könnte also u. U. Klarstellungsbedarf bestehen, wenn der Stifter Satzungsänderungen zulassen wollte.
Bei allen angestrebten Satzungsänderungen, gleichgütig ob vor oder nach Inkrafttreten der Reform, gilt unverändert, dass es stets auf den tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Stifters im Zeitpunkt der Errichtung der Stiftung ankommt. Die Berücksichtigung nachträglicher Motivänderungen ist dem Stiftungsrecht nach wie vor fremd. Vorrangig ist immer der im Zeitpunkt des Stiftungsgeschäfts und der Satzungserrichtung geäußerte Wille. Leben der oder die Stifter nicht mehr, ist nach altem wie nach neuem Recht der mutmaßliche Stifterwille als Auslegungsmaßstab zugrunde zu legen, ggf. unter Berücksichtigung wesentlicher nachfolgender Veränderungen: Was hätte der Stifter verfügt, wenn er die Veränderung hätte vorhersehen können? Gerade der mutmaßliche Stifterwille kann sich auch aus anderen, außerhalb der Satzung liegenden Quellen ergeben. Zu denken wäre etwa an ergänzende Dokumente aus der Zeit der Stiftungserrichtung, aber auch an die Beschlusspraxis der Stiftungsgremien, denen der Stifter zu Lebzeiten angehörte.
Die Stiftungsrechtsreform kann jedoch nicht zum Anlass genommen werden, nachträglich erkannten Änderungsbedarf in der Satzung zu beseitigen, soweit diese nicht vom ursprünglichen Stifterwillen gedeckt sind.
Zulegung und Zusammenlegung
Hinsichtlich der Neuregelung der Zulegung oder Zusammenlegung einer Stiftung besteht nur Handlungsbedarf, wenn der Stifter dies ausdrücklich ausschließen wollte. Anders als die bisherigen Landesstiftungsgesetze, die allenfalls diese Vorgänge als zulässig erwähnten, ohne sie spezifizierter zu regeln, enthält das BGB n. F. nunmehr an das Umwandlungsgesetz angelehnte Verfahrensvorschriften sowie Regelungen zum Zulegungs- oder Zusammenlegungsvertrag. Die gesetzlichen Neuregelungen sind zwingend; abweichende Satzungsregelungen sind nicht zulässig. Eine Zulegung oder Zusammenlegung ist allerdings nicht gegen den historischen, ggf. mutmaßlichen Willen eines Stifters möglich. Ausweislich der Gesetzesbegründung kann ein Stifter eine Zulegung oder Zusammenlegung in der Satzung ausschließen. Auch hier bedarf es, wie bei allen Satzungsänderungen, eines dokumentierten historischen Stifterwillens.
Änderung in eine Verbrauchsstiftung
Erstmals geregelt sind die Voraussetzungen für die Änderung einer Ewigkeitsstiftung in eine Verbrauchsstiftung. Nach § 85 Abs, 1 S. 1 und 3 BGB n. F. kann anstelle einer Zweckänderung oder Zweckbeschränkung auch die Stiftung als Verbrauchsstiftung ausgestaltet werden. Dies ist insb. dann eine Option, wenn die Stiftung keine ausreichenden Mittel mehr hat und auch nicht zu erwarten ist, dass sie entsprechende Mittel generieren kann, um den Ewigkeitszweck dauernd und nachhaltig zu erfüllen. Es sind dann die allgemeinen Voraussetzungen für eine Verbrauchsstiftung im Rahmen der Satzungsänderung aufzunehmen. Die Änderung in eine Verbrauchsstiftung führt zu einer Vielzahl von Folgefragen, insb. hinsichtlich der erforderlichen Mindestdauer nach § 82 S. 2 BGB n. F. und der zwingenden Auflösung nach Ablauf der satzungsmäßig festgelegten Lebensdauer nach § 87 BGB n. F.. In dem hier dargestellten Kontext ist von Bedeutung, dass für die Änderung in eine Verbrauchsstiftung die gleichen strengen Voraussetzungen wie für eine Zweckänderung oder Zweckbeschränkung gelten. Sollen nach dem Stifterwillen geringere Anforderungen bestehen, wie sie sich aus den Stiftungsgesetzen für Zweckänderungen bisher ergaben, sollte dies unbedingt vor Inkrafttreten der Reform in der Satzung klargestellt werden.
Ob eine Verlängerung der Lebensdauer tatsächlich möglich ist, ist noch unklar. Allerdings gehören nach der Gesetzesbegründung die besonderen Regelungen für Verbrauchsstiftungen zu den prägenden Bestimmungen im Sinne von § 85 Abs. 2 BGB n. F.. Dann müsste trotz der Regelung des § 87 BGB n. F. eine Änderung unter den hierfür geltenden Voraussetzungen möglich sein.
Stiftungsvermögen und Umschichtungsgewinne
Der Grundsatz der Erhaltung des Grundstockvermögens, der sich bisher in ganz verschiedenen Ausprägungen in den Landesstiftungsgesetzen findet, wird in das einheitliche Stiftungszivilrecht im BGB aufgenommen. Es bleibt jedoch dabei, dass bundesgesetzlich nicht näher konkretisiert wird, ob ein realer oder nominaler Kapitalerhalt verlangt wird. Gegenständlicher Kapitalerhalt kann wohl nur dann verlangt werden, wenn der Stifter oder Zustifter dies bei der Zuwendung ausdrücklich bestimmt hat oder wenn der Vermögensgegenstand notwendigerweise im Stiftungsvermögen verbleiben muss. Dies ist der Fall, wenn der Zweck der Stiftung hierauf gerichtet ist. Im Übrigen ist für die Frage des realen oder nominalen Kapitalerhalts − wie bisher auch − der Stifterwille zum Zeitpunkt der Errichtung der Stiftung maßgeblich.
Hinweis: Auch wenn sich die Zinssituation aktuell etwas zu verbessern scheint, wird es insb. Kapitalstiftungen nur sehr schwer möglich sein, realen Kapitalerhalt umzusetzen. Gleichwohl haben die Stiftungsbehörden bei Neuerrichtungen die Tendenz, den Stiftungen realen Kapitalerhalt „in die Satzung schreiben“ zu wollen oder Satzungen, die ohne nähere Spezifizierung Kapitalerhalt regeln, so auszulegen, dass darunter realer Kapitalerhalt zu verstehen ist. Hier ist Vorsicht geboten. Denn wenn der Gesetzgeber auf eine Festlegung verzichtet hat, lässt sich daraus ableiten, dass er dem Stifter offensichtlich eine gewisse Freiheit zubilligt. Ob natürlich auf Dauer nominaler Kapitalerhalt sinnvoll ist, kann dahingestellt bleiben, denn es steht der Stiftung frei, nach Möglichkeit realen Kapitalerhalt anzustreben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich die Stiftung hierauf von vornherein festlegen muss. Am Ende müssen die Stiftungsorgane in der Lage sein, nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, welche Art und Weise der Vermögenserhaltung den Erfordernissen der Stiftung und der Verwirklichung der Zwecke entspricht. Tatsächlich dürfte eine Satzungsänderung dahingehend, dass der Zusatz „nominal“ beim Kapitalerhalt aufgenommen werden soll, kaum erfolgreich sein. Allerdings kommt es in der Praxis vor, dass die Stiftungsaufsicht anlässlich einer anderen Satzungsänderung versucht, den Zusatz „real“ einzuführen. Sofern sich hierfür keine Rechtfertigung aus dem Stifterwillen ergibt, sollte diesem Ansinnen mit der vorstehenden Begründung entgegengetreten und nicht über den Wortlaut des Gesetzes hinaus geregelt werden.
Ein weiteres Thema, das Anlass für eine Satzungsänderung noch vor Inkrafttreten der Reform sein könnte, ist die Neuregelung zu den Umschichtungsgewinnen. Bereits bisher war es zwar überwiegend Gegenstand systematischer Diskussionen, jedoch grundsätzlich möglich, Umschichtungsgewinne zur Verwirklichung der Stiftungszwecke zu verwenden: Man denke etwa an Stiftungen mit umfangreichem Wertpapierbesitz, die einen erheblichen Teil ihrer Erträge aus der Realisation von Kursgewinnen erzielen. Nach bisheriger, wenn auch strittiger Praxis sollten diese Umschichtungsgewinne auch ohne ausdrückliche Satzungsregelung zur Zweckverwirklichung eingesetzt werden können. Gerade bei älteren Bestandsstiftungen fehlen solche Regelungen häufig.
In § 83c Abs. 1 BGB n. F. ist diese bisherige Praxis nun in den Gesetzeswortlaut eingeflossen: Der Verbrauch der Umschichtungsgewinne ist grundsätzlich möglich, es sei denn, dies ist durch die Satzung ausdrücklich ausgeschlossen. Sollte der Stifter eine Zuführung auch der Gewinne aus der Umschichtung von Wirtschaftsgütern des Grundstockvermögens zum Grundstockvermögen wünschen, sollte dies gegebenenfalls im Rahmen einer Satzungsänderung klargestellt werden, weil nunmehr die bisherigen Zweifel an der Zulässigkeit der Zuführung durch das Gesetz obsolet geworden sind und der Stiftungsvorstand diese Mittel andernfalls verwenden könnte.
Hinweis: Allerdings ist in diesem Kontext zu beachten, dass die Finanzverwaltung im AEAO weiterhin von der Verwendung der Umschichtungsgewinne ausgeht. Ob die Finanzverwaltung dem Zivilrecht zu einem späteren Zeitpunkt folgen wird, bleibt abzuwarten. Es muss deshalb aber nicht auf eine entsprechende Satzungsänderung verzichtet werden. Um sich den Weg der Zuführung der Umschichtungsgewinne zum Vermögen offen zu halten, kann im Zweifel in Abstimmung mit dem Finanzamt ein Vorbehalt gemeinnützigkeitsrechtlicher Anforderungen ergänzt werden. Bei einer späteren Änderung des AEAO an das Stiftungszivilrecht wird dann die Zuführung auch der Umschichtungsgewinne zum Vermögen ermöglicht.
Fazit
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Stiftungsrechtsreform in einigen Punkten, die wir exemplarisch herausgegriffen haben, durchaus zur Flexibilisierung führt. Da die Regelungen aber zum Teil erheblich − sowohl erleichternd als auch verschärfend − von den Landesstiftungsgesetzen abweichen, unter deren Regime eine bestehende Stiftung errichtet wurde, ist anhand des historischen Stifterwillens zu prüfen, ob dieser unter der Anwendung des neuen Rechts noch zutreffend in der Satzung abgebildet ist. Eventuelle Abgrenzungen und Präzisierungen sollten zeitnah, in jedem Fall vor Inkrafttreten der Reform umgesetzt sein. Erforderliche Anpassungen an das Gesetz können auf Basis des mutmaßlichen Stifterwillens erreicht werden, wenn man davon ausgehen kann, dass der Stifter, hätte er eine entsprechende gesetzliche Regelung vorausgesehen, diese Regel in die Satzung aufgenommen hätte.
Susanne Weigenand
Susanne Weigenand ist Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht und Zertifizierte Stiftungsberaterin (DAS) bei Ebner Stolz in Stuttgart. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der rechtlichen und steuerlichen Beratung von Stiftungen, gemeinnützigen und kirchlichen Körperschaften sowie der öffentlichen Hand. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Beratung im steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht, der Konzeption und Satzungsgestaltung von gemeinnützigen Stiftungen sowie der Durchführung aufsichtsrechtlicher Verfahren von Stiftungen. Als Mediatorin begleitet sie außerdem Familien bei der Errichtung von Privatstiftungen. Sie ist Lehrbeauftragte an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern/Landau für die steuerliche Gemeinnützigkeit von Non-Profit Organisationen.