Sprechen Sie „PEisch“?

Dieser Artikel zeigt, wie Verkäufer sich optimal auf die anspruchsvollen Gespräche mit PE-Investoren vorbereiten können.
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Private-Equity-(PE-)Investoren spielen eine immer größere Rolle bei Unternehmensverkäufen. Ihr Einfluss auf M&A-Prozesse ist enorm gewachsen und ihre speziellen Instrumente zur Wertschöpfung und Preisgestaltung machen sie zu gefragten Verhandlungspartnern. Doch wer erfolgreich mit PE-Investoren verhandeln will, muss ihre Sprache sprechen und ihre Mechanismen verstehen. Dieser Artikel zeigt, wie Verkäufer sich optimal auf diese anspruchsvollen Gespräche vorbereiten können, um den bestmöglichen Deal zu erzielen.

Die Niedrigzinsphase, die Hausse an den Kapitalmärkten und die hohen Preise im Immobiliensektor waren Gründe dafür, dass viele langfristige Anleger in den letzten Dekaden nach neuen Anlagemöglichkeiten gesucht haben. Die langjährig erwirtschafteten Renditen im zweistelligen Bereich von Private-Equity-Fonds haben diese Investoren angezogen. Das Ergebnis: eine Kapitalflut für Private Equity-Investoren, die weltweit zu einem nicht investierten Volumen von fast 4 Bio. USD geführt hat („Dry Powder“ in PEisch), das nach Anlagemöglichkeiten sucht. Die Wahrscheinlichkeit, dass man im Rahmen eines M&A-Prozesses direkt oder indirekt (über ein Portfoliounternehmen eines PE-Fonds) mit einem Finanzinvestor verhandelt, ist also sehr hoch. Waren vor zehn Jahren Finanzinvestoren nur an jeder fünften Transaktion beteiligt, hat sich diese Quote auf über ein Drittel erhöht.

Glücklicherweise hat sich zunehmend auch die Wahrnehmung durchgesetzt, dass Finanzinvestoren ihre Portfoliounternehmen nicht ausbeuten und als „langflügelige Insekten“ zu titulieren sind – die schlimmste verbale Entgleisung von Franz Müntefering jemals. Im Gegenteil: Sie zahlen dieselben oder sogar bessere Preise als strategische Käufer, da sie über etablierte Value-Creation– oder Full-Potential-Programme verfügen, mit denen sie ihre Portfoliounternehmen bei der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, beim Wachstum und bei der Zukunftssicherung unterstützen.

Eines haben fast alle PE-Investoren gemeinsam: Sie bedienen sich bei der Strukturierung einer Transaktion eines bunten Straußes an Instrumenten, die man kennen sollte, um deren Auswirkungen auf den Verkaufsprozess einschätzen zu können. Diese Mechanismen haben vereinfacht Einfluss auf Unternehmenswert, Kaufpreis, Zahlungszeitpunkte und Zahlungsform.

  1. Unternehmenswert: Der gängigste Begriff ist der sogenannte Earn-out. Der Earn-out steht für die Steigerung des Unternehmenswerts in der Zukunft bei Eintritt quantitativer oder qualitativer Ereignisse. Earn-outs werden nicht selten „ring-fenced“. Das „Umzäunen“ des Earn-outs beschreibt den rechtlichen und wirtschaftlichen Schutz der Verkäufer, den Earn-out auch erreichen zu können, sowie eventuelle Konsequenzen, wenn der Verkäufer daran gehindert wird. Dazu kann ein Weiterverkauf des Gesamtunternehmens innerhalb der Earn-out-Periode gehören – dafür wird zum Beispiel ein „Accelerator“ vereinbart, was einer beschleunigten, umgehenden Auszahlung des Earn-out-Betrags beim Weiterverkauf entspricht. Die Erfahrung zeigt: Wenn möglich, sollte ein „Straight Deal“ ohne Earn-out verhandelt werden. Andere Elemente der zukünftigen Wertsteigerung sind vorzuziehen, da Earn-outs nach der Transaktion großes Streitpotenzial bieten und möglicherweise zu divergierenden Interessenlagen führen.
  2. Kaufpreis: Der Unterschied zwischen dem Unternehmenswert und dem Kaufpreis wird als „Equity Bridge“ bezeichnet, die angibt, welcher Betrag des Unternehmenswerts dem Eigenkapitaleigner zusteht. Man spricht auch von dem „Debt/Cash-Free-Betrag“. Konkret werden vom Unternehmenswert das „Net Debt“ oder die Nettofinanzverbindlichkeiten abgezogen. Diese ermitteln sich sehr vereinfacht wie folgt: Schulden plus Abweichung vom „Target Working Capital“ minus Cash. Das Target Working Capital ist ein Mittelwert aus der Summe von Forderungen minus Verbindlichkeiten zum Stichtag. Es empfiehlt sich, möglichst frühzeitig mit Käufern über die Equity Bridge zu verhandeln, da hier erheblicher Verhandlungsraum und -bedarf besteht.
  3. Zahlungszeitpunkte: Gerne verhandeln PE-Fonds sogenannte Vendor Loans mit den Verkäufern. Diese Verkäuferdarlehen sind ein Finanzierungsinstrument, damit der Käufer nicht den gesamten Kaufpreis zum „Closing“, dem Zeitpunkt des Übergangs der Anteile, zahlen muss. Solche Vendor Loans, die meist nachrangig und unbesichert strukturiert werden, steigern die Eigenmittel, sodass der Private-Equity-Fonds bessere Refinanzierungskonditionen bei den Banken für den Kaufpreis verhandeln kann. Diese Darlehen werden üblicherweise endfällig verzinst und zurückgezahlt („Bullet Loans“) und haben durchschnittliche Laufzeiten von drei bis fünf Jahren. Eine zweite Variable zum Zahlungszeitpunkt ist der „Escrow Account“. Das ist ein Betrag, der auf ein Treuhandkonto eingezahlt und als Sicherheit für eventuelle Inanspruchnahmen bei Garantieverletzungen dient und erst nach Ablauf der Garantieperioden ausgezahlt wird.
  4. Zahlungsform: PE-Investoren mischen sich nicht aktiv in die Geschäftsführung ihrer Portfoliounternehmen ein. Deswegen suchen sie nach Firmen mit einem starken Management. Wenn das gleichzeitig die Verkäufer sind, ist gewünscht, dass sich diese im Rahmen eines „Roll-overs“ rückbeteiligen. Konkret erwirbt die Erwerbergesellschaft („FinCo“) zum Beispiel nur 90% der Anteile an der Verkaufsgesellschaft („OpCo“). Die Verkäufer bringen die anderen 10% der Anteile in die FinCo ein und erhalten dafür Anteile an der FinCo. Sollte die FinCo den Kaufpreis mit 50% Fremdkapital finanzieren („leveragen“), erhalten die Verkäufer für ihre eingebrachten Anteile 20% an der FinCo. Geht man im Mittel von einer Verdreifachung des Unternehmenswerts während der Beteiligungsdauer eines PE-Fonds aus, sind diese Anteile einer der größten Werthebel für Verkäufer und ein elementar wichtiger Verhandlungsgegenstand. Der Vollständigkeit halber sei noch auf den Begriff „Sweet und Sweat Equity“ hingewiesen: Das sind Programme, um während der Transaktion wichtigen Managern Anteile an der FinCo vergünstigt (versüßt) anzubieten beziehungsweise nach der Transaktion Managern die Möglichkeit zu geben, Anteile (im Schweiße ihres Angesichts) zu verdienen.

FAZIT

Mit diesem Beitrag konnte nur ein kleiner Ausschnitt des PE-Glossars aufgezeigt werden. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich gut auf Verhandlungen mit PE-Investoren vorzubereiten und mit einem erfahrenen Beraterteam – das aus Erfahrung die Verhandlungsräume und die „Non-Negotiables“ kennt – in die Gespräche einzusteigen.


👉 Dieser Beitrag erschien auch in der aktuellen Magazinausgabe der Unternehmeredition mit den Schwerpunkten “Unternehmensverkauf/M&A/Private Equity” (ET: 20. September 2024).

Autorenprofil
Jan Pörschmann

Jan Pörschmann ist Gründer und Geschäftsführer der atares GmbH in München und auf Asset-light-Transaktionen in den Bereichen IT und Services spezialisiert. Seit 2023 ist er zudem Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Mergers & Acquisitions gem. e.V. und Initiator mehrerer Mittelstandsaktivitäten desselben. Dazu gehört insbesondere die Veranstaltung „Shift & Change – Der BM&A Mittelstandstag“.

 

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