Spezialisten für höchste Sicherheit

Pinova Capital und NRW.BANK übernehmen VTI Ventil Technik

Foto: © VTI Ventil Technik GmbH

Nach der Übernahme durch die zwei Beteiligungsgesellschaften stehen die Zeichen bei VTI Ventil Technik auf weiteres Wachstum. In fünf Jahren will man der mit Abstand größte Hersteller von Ventilen für Atemschutzgeräte nicht nur in Europa, sondern auf allen Märkten mit höchsten Qualitätsstandards sein. VON BÄRBEL BROCKMANN

VTI Ventil Technik hatte über Jahrzehnte eigentlich alles, was ein Unternehmen braucht: gute Produkte, einen großen Kundenstamm und verlässliche Erträge. Das Einzige, was fehlte, war eine Strategie, die das Unternehmen in neue Märkte vordringen lässt – denn im niederländischen Aalberts-Konzern befand sich VTI seit Jahren abseits des Kerngeschäfts. Aalberts hatte im Laufe der Zeit zahlreiche florierende Firmen gekauft. Vor einigen Jahren aber begann man, sich auf das Gebiet der Oberflächentechnologie zu spezialisieren. VTI passte nicht mehr zur Konzernstrategie, weshalb die Bereitschaft zu Investitionen in die deutsche Tochtergesellschaft aus dem Sauerland vergleichsweise begrenzt war. Schlussendlich entschieden sich die Niederländer, sich ganz von VTI zu trennen, und suchten nach Käufern. Sie fanden sie schließlich in der Beteiligungsgesellschaft Pinova Capital und der NRW.BANK.

Carve-out durch rechtliche Eigenständigkeit erleichtert

Für diese beiden Partner wiederum passt VTI genau ins Portfolio. Pinova fokussiert sich als unabhängige Beteiligungsgesellschaft auf Technologieunternehmen im deutschsprachigen Raum, die eine starke Marktposition in ihrer jeweiligen Nische haben und darüber hinaus starkes Wachstumspotenzial erkennen lassen. Die NRW.BANK beteiligt sich als öffentliche Förderbank für Nordrhein-Westfalen an Firmen, die den Wirtschaftsstandort festigen, Standorte und Arbeitsplätze sichern und Entwicklungsperspektiven aufweisen. Sie kann stille oder Direktbeteiligungen eingehen.

Milos Marko; Foto: © NRW.BANK

Bei VTI entschieden sich die beiden Partner für eine direkte Beteiligung, wobei Pinova die Mehrheit der Anteile kaufte – und sie nahmen das VTI-Management als Gesellschafter mit ins Boot. Mit dem Jahreswechsel war die Transaktion unter Dach und Fach. Erleichtert wurde die Übernahme dadurch, dass es sich bei VTI nicht um einen klassischen Carve-out handelte, bei dem Geschäftsaktivitäten mitunter mühsam aus einem Unternehmen herausgeschält werden müssen. Vielmehr war VTI seit Langem eine rechtlich eigenständige GmbH mit nur wenigen Berührungspunkten zum Mutterkonzern. „Wir investieren in Unternehmensnachfolgen oder in Wachstumssituationen. Tatsächlich kann man das VTI-Engagement in beide Kategorien einordnen – denn wir werden das Unternehmen voranbringen und zugleich wieder in eine mittelständische Struktur zurückführen, die es vor der Übernahme durch Aalberts hatte“, sagt Marko Milos, Senior Investment Manager bei der NRW.BANK.

Foto: © VTI Ventil Technik GmbH

Ihre Ursprünge hat VTI im Industriegasegeschäft, dort, wo Ventile zum Beispiel an den Gasflaschen für Schweißprozesse gebraucht werden. Seit vielen Jahren ist das Management jedoch strategisch auf qualitativ anspruchsvolle Ventilsegmente fokussiert. Der heute größte Einzelmarkt bei VTI sind Ventile für Atemschutzgeräte der Feuerwehr. Dahinter folgt der Bereich Löschtechnik. Hier geht es um Situationen, in denen man nicht mit Wasser löschen kann, beispielsweise bei einem Brand in einem Rechenzentrum oder in Motorenräumen auf Schiffen. „Auf den größten Containerschiffen der Welt sind unsere Ventile eingesetzt. Sie schützen den Maschinenraum und stellen sicher, dass ein Schiff im Falle eines Brandes manövrierfähig bleibt. Qualitätsprobleme, zum Beispiel an den Löschmitteltanks, führen dazu, dass ein Schiff unmittelbar in einen Hafen einlaufen muss. Das wäre extrem teuer“, sagt Geschäftsführer Lutz Lohmann, der die Produktentwicklung bei VTI schon seit fünf Jahren stark vorantreibt. Solche Sicherheitsventile sind komplexe Produkte, bei denen schon die Zulassung ein sehr langwieriger Prozess ist. Auch beim dritten großen Geschäftsbereich, „Alternative Fuels“, spielt die Sicherheit eine entscheidende Rolle. VTI liefert Tankflaschenventile und Sicherheitsventile für Fahrzeuge, die mit Erdgas oder mit Wasserstoff betrieben werden. „Wir liefern nur Ventile, die dazu führen, dass Leben gerettet, Leben geschützt oder Infrastruktur gesichert wird – mithin auf der höchsten denkbaren Qualitätsstufe“, erklärt Lohmann.

Exporte künftig vermehrt auch nach Übersee

Für die nächsten Jahre stehen die Zeichen bei VTI ganz klar auf Wachstum. Die Weichen dafür hat Lohmann noch bei Aalberts gestellt, als er den Bereich Business Development ins Leben rief. VTI ist heute schwerpunktmäßig in Europa aktiv. Der Markt soll aber weiter auf Nordamerika, Südamerika und einzelne asiatische Märkte ausgedehnt werden, je nach Produktbereich. Auch neue Produkte sollen nach und nach hinzukommen. Es bleibt aber dabei, dass nur solche Produkte von Interesse sind, die im Bereich der höchsten Anforderungen und damit auch der höchsten Qualität rangieren. Bei der Fokussierung auf Wachstum dürfte helfen, dass VTI eine sehr starke Basis von rund 800 regelmäßig einkaufenden Bestandskunden hat.

Mit Pinova und der NRW.BANK hat VTI neue Gesellschafter, deren Fokus es ist, gemeinsam mit dem Management Produktinnovationen zu fördern und internationale Märkte weiter auszubauen. „Wir haben das Unternehmen erworben, da wir an VTIs Wachstumspotenziale glauben und das Management strategisch bei der Umsetzung über die nächsten Jahre unterstützen möchten“, betont Martin Olbort, Partner bei Pinova.


„Wir werden unsere Produktpalette für Wasserstoff massiv erweitern“

Interview mit Lutz Lohmann, Geschäftsführer, VTI Ventil Technik GmbH

Unternehmeredition: Wie sehen die Wachstumspläne von VTI konkret aus?
Lutz Lohmann: Wir werden uns durch zahlreiche Produktinnovationen neue Marktanteile erarbeiten, und wir werden in Märkte gehen, in denen wir bislang nicht oder kaum vertreten waren. Produktinnovationen gab es bei VTI natürlich auch früher schon, aber das wird in Zukunft erheblich forciert werden. Wir denken auch daran, in ausgesuchten Märkten, etwa den USA, selbst zu produzieren oder produzieren zu lassen. In anderen Ländern, etwa in Indien, wollen wir Läger errichten, damit unsere Produkte dort schneller verfügbar sind. All das wird gegenwärtig ausgelotet.

Lutz Lohmann; Foto: VTI Ventil Technik GmbH

Warum ist die Produktion im Ausland notwendig?
Bei extrem sicherheitsrelevanten Produkten ist es oft wichtig, dass sie im eigenen Land hergestellt wurden. Besonders in den USA erleichtert die lokale Produktion den Marktzugang. Durch den „Buy American Act“ und Maßgaben zum Local Content wird es extrem schwierig, extern produzierte Ventile am Markt abzusetzen.

Wird es auch Zukäufe geben?
Das ist unsere dritte wichtige Wachstumskomponente. Gemeinsam mit den neuen Eigentümern loten wir derzeit mögliche Potenziale aus. Sie müssen aber strategisch sinnvoll sein.

Wo sehen Sie VTI in fünf Jahren?
In fünf Jahren werden wir der mit Abstand größte Hersteller von Ventilen für Atemschutzgeräte nicht nur in Europa, sondern auf allen Märkten mit höchsten Qualitätsstandards sein – also überall dort, wo die nordamerikanische oder die europäische Norm gilt. Wir werden zudem der wichtigste Komponentenhersteller für Löschventile und weiterhin der führende Komponentenhersteller für wasserstoff- und erdgasgetriebene Fahrzeuge im Heavy-Duty-Bereich sein. Insbesondere für den Megatrend Wasserstoff als Energieträger der Zukunft werden wir unsere Produktpalette massiv erweitern.


Kurzprofil VTI Ventil Technik GmbH

 Gründungsjahr: 1997

Branche: Armaturen

Unternehmenssitz: Menden im Sauerland

Umsatz: circa 20 Mio. EUR

Mitarbeiterzahl: 130

www.vti.de

Autorenprofil
Bärbel Brockmann

Bärbel Brockmann ist eine freie Wirtschaftsjournalistin, die schwerpunktmäßig über Finanz-, Energie- und Immobilienthemen schreibt. Die frühere Leiterin des Düsseldorfer Korrenspondentenbüros der Nachrichtenagentur Reuters begann ihre berufliche Karriere bei einer großen Regionalzeitung.

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