Der Schweizer M&A-Markt befindet sich wieder auf Wachstumskurs, getragen von einem sehr starken vierten Quartal, sowohl in Bezug auf den aggregierten Transaktionswert, als auch die Anzahl der Deals, mit einem Transaktionswert von allein 31,4 Mrd. CHF aus zehn Milliarden-Franken-Transaktionen, wobei bei der Mehrzahl der Transaktionen nur der Kaufpreis angegeben war.
Der gesamte Schweizer M&A-Markt, einschließlich Schweizer Zielunternehmen, Schweizer Erwerber und Schweizer Verkäufer (ohne Doppelzählungen), verzeichnete im Jahr 2024 einen aggregierten Transaktionswert von 107 Mrd. CHF, basierend auf rund 460 Deals mit bekanntem Transaktionswert gegenüber 71,5 Mrd. CHF im Jahr 2023. Allerdings haben wir nicht alle Transaktionen daraufhin überprüft, ob sie unseren strengen M&A-Kriterien entsprechen. Um dass zu verdeutlichen, gehen wir dieses Jahr einen anderen Weg: im Folgenden besprechen wir die die 25 größten „Schweizer“ Transaktionen 2024 (s. Tab. 1 unten) gemäß Datenbanken und grenzen M&A-Transaktionen von anderen Transaktionen ab. Wie wir sehen, erfüllt ein erheblicher Teil, 40% der Top 25 Transaktionen mit einem Transaktionswert von 17,3 Mrd. CHF, nicht unseren strikten M&A-Kriterien (s. frühere Veröffentlichungen zur Methodik). Zunächst aber zur Statistik gemäß Datenbanken.
Der Schweizer M&A-Inlandsmarkt
Laut Mergermarket betrug das gesamte Transaktionsvolumen für M&A in der Schweiz (= Inlandsmarkt oder Domestic Market) im Jahr 2024 28,5 Mrd. CHF, resultierend aus 106 Akquisitionen mit bekanntem Transaktionswert. Die Gesamtzahl der beobachteten M&A-Deals in der Schweiz lag bei 409, was nicht heißt, dass es nicht zahlreiche weitere Transaktionen außerhalb der Öffentlichkeit gibt. Von den 106 Deals mit Transakt20ionswert entfielen 60 Transaktionen im Gesamtwert von 25,2 Mrd. CHF auf ausländische Erwerber. Die verbleibenden 46 inländischen M&A-Deals (bei denen sowohl das Zielunternehmen als auch der Käufer aus der Schweiz stammen) kamen lediglich auf einen aggregierten Transaktionswert von 3,3 Mrd. CHF, was weniger als ein Achtel des gesamten Transaktionswertes ausmacht.
Insgesamt gab es 155 Übernahmen durch Schweizer Käufer und 254 ausländische Übernahmen. Der durchschnittliche Transaktionswert der Deals mit Transaktionswert betrug bei ausländischen Übernahmen fast das Sechsfache (420 Mio. CHF pro Deal) der inländischen Übernahmen (71,7 Mio. CHF pro Deal). Davon gab es insgesamt nur 20 M&A-Deals, bei denen Käufer, Zielunternehmen und Verkäufer aus der Schweiz stammten, davon nur sechs mit bekanntem Transaktionswert, der sich insgesamt auf lediglich 920 Mio. CHF belief.
Der Schweizer M&A-Auslandsmarkt
Der Markt für ausländische Übernahmen durch Schweizer Unternehmen war deutlich größer, mit insgesamt 736 registrierten Übernahmen im Ausland, davon 317 mit Transaktionswert und einem Gesamtwert von 68,5 Mrd. CHF. Der mit Abstand größte Zielmarkt waren die USA mit einem aggregierten Transaktionswert von 36,9 Mrd. CHF aus 84 Transaktionen, gefolgt von Deutschland mit 12,5 Mrd. CHF aus 40 Akquisitionen und Italien mit 10,8 Mrd. CHF aus 14 Deals mit bekanntem Wert. Die größte Auslandsakquisition 2024 war die Übernahme der italienischen Vodafone-Aktivitäten durch Swisscom für 7,6 Mrd. CHF (siehe detaillierte Analyse in meiner früheren Veröffentlichung im März 2024). Es folgten Großbritannien (3,5 Mrd. CHF), Frankreich (1,8 Mrd. CHF) und Indien (1,2 Mrd. CHF).
Schweizer Verkäufe im Ausland
Ausländische Veräußerungen an nicht-schweizerische Erwerber brachten zusätzlich ein Netto-Transaktionsvolumen von circa 10 Mrd. CHF. Insgesamt wurden 134 ausländische Veräußerungen durch Schweizer Verkäufer registriert, davon 41 mit Transaktionswert. Deutschland war mit 29 Veräußerungen (sechs davon mit bekanntem Transaktionswert von insgesamt 8,2 Mrd. CHF) der wichtigste Markt für Verkäufe durch Schweizer Unternehmen, gefolgt von Großbritannien mit vier Veräußerungen im Wert von 2,2 Mrd. CHF und den USA mit sechs Transaktionen im Wert von 1,8 Mrd. CHF. Diese Zahlen könnten auch Verkäufe an Schweizer Erwerber enthalten (was zu Doppelzählungen führen würde).
Die größten Schweizer Transaktionen 2024
Zehn der 25 größten Deals des Jahres 2024 wurden im vierten Quartal angekündigt, darunter die mit Abstand größte Transaktion sowie die Deals Nr. 4, 6 und 8. Diese vier Transaktionen allein hatten einen Gesamtwert von mindestens 26,5 Mrd. CHF.
Größte M&A-Transaktion 2024: Am 19. November kündigte das in der Schweiz ansässige Unternehmen Amcor plc. die Übernahme des US-Konkurrenten Berry Global für 8,43 Mrd. USD als reine Aktienübernahme an. Dies führt zur Bildung eines neuen Verpackungskonzerns für Konsumgüter und Gesundheitsprodukte unter dem Namen Arcor, der mit 63% mehrheitlich im Besitz ehemaliger Amcor-Aktionäre bleibt. Die Aktionäre beider Unternehmen werden am 25. Februar 2025 über die Fusion abstimmen. Gemeinsame Vollmachtsunterlagen („Joint Proxy Statements“) wurden bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereicht. Der Netto-Schuldenstand von Berry Global belief sich im dritten Quartal auf 7,2 Mrd. USD.
Zweitgrößter Schweizer Deal 2025: Die 3,4 Mrd. CHF teure Abspaltung von Sunrise Communications durch Liberty Global Ltd. mit einer erneuten Börsennotierung an der Schweizer Börse am 15. Nov. 2024. Der Unternehmenswert (Eigenkapital plus übernommene Schulden) von Sunrise betrug zu diesem Zeitpunkt 8,3 Mrd. CHF. “Verkäufer” war Liberty Global, während die Empfänger die Aktionäre von Liberty Global waren, also eine klassische Abspaltung an die eigenen Aktionäre. Die Hauptaktionäre (einschließlich des Gründers und Vorsitzenden) behielten die Kontrolle über Sunrise durch B-Aktien mit dem zehnfachen Stimmrecht gegenüber A-Aktien – es erfolgte kein Kontrollwechsel.
Drittgrößte Transaktion und zweitgrößte Schweizer Auslandsakquisition: Die 7,6 Mrd. CHF schwere Übernahme der italienischen Vodafone-Tochter durch Swisscom (siehe detaillierte Analyse am 18. März 2024), die Ende des Jahres erfolgreich abgeschlossen wurde. Der Transaktionswert ist etwas höher, da Swisscom für drei Jahre erhebliche Linzenzzahlungen an Vodafone plc. Zu leisten hat.
Viertgrößte Schweizer Transaktion und drittgrößte Schweizer M&A-Transaktion: Ein Secondary-Private-Equity-Deal mit einem Schweizer Verkäufer in Deutschland. Die Partners Group und zwei große kanadische institutionelle Investoren verkauften ihre Beteiligung am deutschen Stromableser Techem GmbH für 6,7 Mrd. EUR an die Private-Equity-Investoren TPG Climate Funds und GIC. TPG und Techem bestätigten einen Gesamtwert der Transaktion von circa 6,7 Mrd. EUR mit einem Kaufpreis, der in zwei Raten zahlbar ist, jedoch nicht genauer spezifiziert wurde. Die Ratingagentur Fitch bestätigte ihr B-Rating mit stabilem Ausblick und gab einen Kaufpreis von 3,9 Mrd. EUR an.
Fünftgrößter Schweizer Deal und größte Übernahme eines Schweizer Zielunternehmens (wenn auch nicht in der Schweiz, sondern zwischen einem US-PE-Investor und einem US-Strategieerwerber): Die 3,9 Mrd. USD schwere Übernahme des Schweizer Metallverpackungsproduzenten Eviosys Packaging Switzerland GmbH (ehemals Crown Holdings Europe) durch die US-Metallverpackungsgruppe Sonoco Products Company von KPS Capital Partners. Eviosys betreibt 44 Produktionsstätten in 17 Ländern. Der zuvor verbliebene Minderheitsaktionär und früherer Verkäufer Crown gab an, dass er aus dem Mitverkauf verbliebener Anteile ca. 300 Mio. USD Nettogeldzufluss erzielen werde. Ein Bericht von Fitch erwähnte den Kaufpreis als 3,6 Mrd. EUR auf einer „cash-free and debt-free“-Basis.
Die nächsten vier Schweizer Transaktionen (Deal 6 bis 9) wurden alle von Novartis als Käufer durchgeführt: zwei Übernahmen in den USA, eine öffentliche Übernahme in Deutschland und eine Akquisition in der Schweiz im Gesamtwert von 8,6 Mrd. CHF. Allerdings handelte es sich bei der Akquisition in der Schweiz und einer der Übernahmen in den USA (beide im vierten Quartal) um Lizenz- und Produktrechte-Deals und nicht um klassische M&A-Transaktionen.
Der größte Novartis-Deal war die 2,9 Mrd. USD schwere Übernahme des PTC518-Huntington-Programms vom US-amerikanischen biopharmazeutischen Unternehmen PTC Therapeutics Inc. Davon wurden 1 Mrd. USD in bar gezahlt, während weitere 1,9 Mrd. USD als Meilensteinzahlungen für Entwicklung und regulatorische Aufwendungen vorgesehen sind.
Der 2 Mrd. CHF schwere Schweizer Deal war ein Lizenz- und Entwicklungsvertrag zur Erforschung und Entwicklung kleiner Moleküle zur Degradierung krankheitsrelevanter Proteine, abgeschlossen mit dem in den USA ansässigen Unternehmen Monte Rosa Therapeutics. Die anfängliche Gegenleistung betrug lediglich 150 Mio. USD, jedoch kann Monte Rosa Therapeutics bis zu 2,1 Mrd. USD an zusätzlichen Zahlungen für Entwicklungs-, Zulassungs- und Vertriebsmeilensteine erhalten.
Die größte M&A-Transaktion von Novartiswar die öffentliche Übernahme der MorphoSys AG in Deutschland für 2,6 Mrd. USD, die im Februar 2024 angekündigt wurde. Am 19. Dezember gab Novartis ein Delisting-Angebot an alle verbleibenden Aktionäre ab und beschloss, das Unternehmen aufzulösen und vollständig in Novartis zu integrieren. Die Nettoverschuldung von MorphoSys betrug zu Beginn des vergangenen Jahres etwa 600 Mio. USD und sank bis Mitte 2024 auf rund 400 Mio. USD.
Zur Jahresmitte übernahm Novartis das in den USA ansässige Radiopharmazieunternehmen Mariana Oncology Inc. für eine Gesamtgegenleistung von 1,75 Mrd. USD, davon 1 Mrd. USD in bar bei Abschluss und 750 Mio. USD als Earn-out-Zahlungen. Dies stellte einen Exit für das US-Venture-Capital-Unternehmen Atlas Ventures und seine Co-Investoren dar.
Die zehntgrößte Schweizer Transaktion des Jahres 2024 war eine ausländische Akquisition in der Schweiz durch einen strategischen Käufer, L’Oréal S.A., von verschiedenen internationalen Private-Equity-Investoren, darunter EQT und ADIA. Dabei handelte es sich jedoch lediglich um eine 10%-Beteiligung an der Galderma Group für 1,85 Mrd. USD, also keine M&A-Transaktion. Als 10%-Beteiligung wurde bei der Bewertung der Transaktion die Nettoverschuldung von Galderma nicht berücksichtigt.
Die elfgrößte Transaktion war ein 27,6 %-Squeeze-out der Minderheitsaktionäre einer an der Börse in Hongkong notierten Tochtergesellschaft durch das Schweizer Unternehmen L’Occitane Group S.A., das auf Natur- und Biokosmetikprodukte spezialisiert ist. Die Transaktion hatte ein Volumen von 1,8 Mrd. USD. Das Angebot war erfolgreich, und die Dekotierung der Aktien erfolgte im September. Auch diese Transaktion qualifiziert nicht als M&A-Deal, da kein Kontrollwechsel stattfand.
Ebenfalls interessant ist die zwölftgrößte Transaktion, bei der Partners Group in den USA 1,9 Mrd. USD in einen Rechenzentrumsentwickler und -betreiber investierte. Allerdings waren Verkäufer und Zielunternehmen identisch, und weder die genaue Beteiligung noch weitere finanzielle Details wurden offengelegt. Es scheint sich um eine Finanzierungsrunde zur weiteren Expansion des Unternehmens zu handeln, also auch keine M&A Transaktion.
Tabelle 1: Übersicht der 25 größten Schweizer Transaktionen 2024
Die 25 größten Transaktionen mit Schweizer Beteiligung sind in Tabelle 1 dargestellt. Die Transaktionswerte für Unternehmensübernahmen (M&A), übernommene Anteile, Produktrechte, Finanzbeteiligungen und Produktionsanlagen summieren sich auf CHF 52,5 Mrd., wobei aber teilweise Unternehmenswerte und teilweise Kaufpreise verwendet wurden. Allerdings müssen zehn Transaktionen, die keine klassischen M&A-Deals sind, mit einer Bewertung von 17,3 Mrd. CHF ausgeschlossen werden. Auf der anderen Seite kann ein weiterer Betrag von 8 Mrd. CHF für übernommene Schulden bei acht M&A-Transaktionen, die nicht berücksichtigt waren hinzugerechnet werden.
Die aktivsten Investoren und Marktteilnehmer
Novartis war 2024 der aktivste Schweizer Investor, sowohl hinsichtlich der Anzahl der Akquisitionen, als auch hinsichtlich des Gesamtwerts der Investitionen, obwohl Amcor und Swisscom jeweils mit einer Akquisition fast genauso viel investierten. Weitere bedeutende strategische Käufer im Ausland waren Vitol Group, Roche Holding, MSC Shipping, Lonza (Übernahme von US-Produktionsanlagen von Roche), und Software One.
Private-Equity-Deals und bedeutendste Inlandsübernahme
Von den 25 größten Deals des Jahres 2024 waren acht mit Beteiligung von Private Equity, wobei die größte der Techem Secondary war. Das war die einzige Secondary PE Transaktion unter den Top 25 Deals. Außer der Beteiligung von Partners Group am US-Rechenzentrumsentwickler EdgeCore Internet Real Estate 1 LLC und dem Techem Secondary gab es ausschließlich Exits (Verkäufe) von Private-Equity-Investoren, drei PE-Exits, zwei VC-Exits und eine 10%ige Veräußerung durch eine Gruppe von Private-Equity-Investoren.
Die größte inländische M&A-Transaktion (Schweizer Käufer, Schweizer Zielgesellschaft) war die 1 Mrd. CHF schwere Übernahme einer 49%-Beteiligung an Coop Mineraloel AG durch einen nicht genannten neuen Schweizer Joint-Venture-Partner vom britischen Kraftstoffhändler und Großhändler Phillips 66 Ltd. Diese Transaktion wurde als M&A-Deal gewertet, obwohl es keinen Kontrollwechsel gab, man könnte es auch als reine Finanzbeteiligung bezeichnen und als M&A-Transaktion ausschließen.
Ausblick 2025
Nach der ersten Erholung seit drei Jahren hat der Schweizer M&A-Markt weiteres Potenzial, um sich dem Rekordniveau von 2021 wieder anzunähern:
- Schweizer Unternehmen werden weiterhin verstärkt im Ausland investieren.
- Starke Aktienmärkte und sinkende Zinsen verbessern die Finanzierungsbedingungen für Übernahmen.
- Die Inflation nähert sich der Zielrate von 2% p.a.
- Die Schweiz bleibt einer der attraktivsten und stabilsten Zielmärkte in Europa.
- Große internationale und große Schweizer Institutionelle Investoren werden weiterhin auch in der Schweiz investieren.
- Große ausländische Übernahmen von Schweizer Unternehmen werden weiter zunehmen.
Diese Faktoren sprechen für ein weiteres Wachstum der Schweizer M&A-Aktivitäten – sowohl im Inland als auch im Ausland. Für strategische Investoren wie auch für Add-ons von PE-Portfolio-Unternehmen gilt: externes Wachstum ist günstiger und schneller als organisches Wachstum, und Transformationen lassen sich durch M&A deutlich effizienter und Schneller umsetzen.
Dr. Winfried Weigel
Dr. Winfried Weigel ist Partner des international tätigen Corporate Finance-/M&A-Beraters www.weigelCF.com mit Fokus auf Unternehmensnachfolgen und Private-Equity-Transaktionen sowie des Strategie- und Business-Development-Beraters www.cltcap.com mit Schwerpunkt auf erneuerbaren Energien und umweltfreundlichen Technologien. Daneben ist Dr. Weigel als Coach und Mentor im VC-Bereich und als Dozent für strategische Unternehmenstransaktionen tätig.
E-Mail: winfried.weigel@wweigel.com