Schluss mit Vorurteilen

Wenn Investoren aus China, Indien oder Russland deutsche Unternehmen übernehmen, ist die Unsicherheit in der Belegschaft meist groß und die Berichterstattung negativ. Dabei beruhen die Ängste meist auf Vorurteilen. 

„Angriff aus China. Der Western zittert“ – so betitelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung 2005 einen Beitrag über chinesische Investoren in Europa und den USA. Diese Überschrift vermittelt ein Bild von Investoren, das durchaus typisch ist für die Presseberichterstattung über Unternehmen aus aufstrebenden Ökonomien wie Brasilien, Russland, Indien oder China – den sogenannten BRIC-Staaten. Der Tenor zahlreicher Zeitungsartikel ist sehr vorurteilbehaftet. So wird gemutmaßt, dass BRIC-Investoren hierzulande erfolgreiche Unternehmen aufkaufen und den Standort Deutschland schwächen. Es werde nur investiert, um rasch Wissen „abzusaugen“. Die deutschen Unternehmen würden nach der Übernahme ferngesteuert und das deutsche Management habe nichts mehr zu sagen. Außerdem seien den neuen Eigentümern die Interessen der Arbeitnehmer gleichgültig und Gewerkschaften und Betriebsräte würden in ihrer Arbeit behindert. Über die tatsächlichen Auswirkungen des Investorenengagements in Deutschland lagen bis vor Kurzem nur sehr wenige Informationen vor. Die bestehenden Vorurteile haben wir in den letzten beiden Jahren in dem Projekt BRICINVEST untersucht und festgestellt, dass es eben nur Vorurteile sind.

Unternehmen schwächen?

Vierzig Prozent der Unternehmen haben finanzielle Probleme oder sind sogar insolvent, wenn ein Investor aus den BRIC-Staaten einsteigt. Auch in vielen anderen Fällen befürchtet das Management, dass es ohne einen starken Partner oder Investor in Zukunft schwierig werden könnte. Häufig fungierten die Investoren demnach eher als Retter in der Not denn als Angreifer. Als Beispiele können die Autobetonpumpenhersteller Putzmeister und Schwing genannt werden. Diese hatten Sorge, den Anschluss zu verlieren, nachdem der italienische Konkurrent Cifa von einem chinesischen Investor übernommen worden war und die Marktpositionen der deutschen Konkurrenten gefährdete. Die Ergebnisse unseres Projekts zeigen, dass gerade chinesische und indische Investoren mit ihrem Engagement meist langfristige Ziele verfolgen und stärker in die Unternehmen investieren als die Alteigentümer. Gleichzeitig gibt es Fälle, in denen sie dazu beitragen, den Heimatmarkt des Investors leichter zu erschließen. Wenn der Investor selbst gleiche oder ähnliche Produkte herstellt, erfolgt die Vermarktung oft im Rahmen einer Zweimarkenstrategie: Die deutsche Marke wird für Premiumprodukte und die Investoren-Marke für preisgünstigere Produkte genutzt. Den übernommenen Unternehmen können daraus erhebliche Vorteile erwachsen.

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