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Neues Sanierungsinsolvenzrecht in der Gruppe

Das seit 21. April 2018 geltende neue Konzerninsolvenzrecht hat das Sanierungs-Insolvenzrecht weiter modernisiert. Nachhaltige Sanierungslösungen unter Einbeziehung der Geschäftsführer und Inhaber sind nun auch in Konzernsituationen leichter geworden.

Insolvenz und Sanierung schließen sich nicht aus. Im Gegenteil: Das moderne Sanierungs-Insolvenzrecht der Insolvenzordnung ermöglicht nachhaltige Sanierungslösungen gerade auch unter Einbeziehung der Geschäftsführer (Eigenverwaltung) und Inhaber (Insolvenzplan). Seit Einführung des Schutzschirmverfahrens am 1. März 2012 wird eine Insolvenz auch von Inhabern nicht mehr nur als Ende, sondern zu Recht auch als Möglichkeit des Neuanfangs gesehen.

Eine weitere Modernisierung hat der Gesetzgeber nun in Bezug auf Konzerninsolvenzen vorgenommen. Am 21. April 2018 sind die Neuregelungen der Insolvenzordnung in Bezug auf eine Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen in Kraft getreten. Damit wird es auch inhabergeführten Unternehmen, deren Vermögen auf mehrere Rechtsträger verteilt ist, beispielsweise in Form verbundener GmbH oder GmbH & Co. KGs, erleichtert, eine einheitliche und das Unternehmen erhaltende Sanierung in der Insolvenz zu erreichen.

Separate Insolvenzverfahren bleiben bestehen

Ein Insolvenzverfahren wird auch zukünftig nicht über das Vermögen des Konzerns oder der Gruppe beantragt oder eröffnet. Es bleibt wie bisher dabei, dass jede einzelne Konzerngesellschaft ein separates Insolvenzverfahren durchläuft. Dies zu Recht. Die Gläubigerstruktur kann unterschiedlich sein: Während die Lieferanten die operative Gesellschaft beliefern und Forderungen nur gegen diese haben, kann eine Finanzierung auch andere Konzerngesellschaften betreffen. Der große Wurf eines materiellen Konzerninsolvenzrechts mit der Folge, dass sich die Beteiligung der Gläubiger am Gesamterlös am Ende anders darstellt als bei einer Einzelbetrachtung, ist die Neuregelung dabei nicht. Das will sie auch nicht sein.

Das neue Konzerninsolvenzrecht will es erleichtern, die wirtschaftliche Einheit des Unternehmens zu erhalten und seinen vollen Wert für die Gläubiger zu realisieren. Das Unternehmen im betriebswirtschaftlichen Sinne kann sich über mehrere rechtlich selbständige Konzerngesellschaften erstrecken: Während eine Gesellschaft Zentralfunktionen übernimmt, erbringt eine andere einzelne Schritte in der Produktion oder Dienstleistung. Eine zentrale Konzernleitungsmacht gibt es in Insolvenzverfahren aber früher wie zukünftig nicht.

Bessere Abstimmung möglich

Das neue Konzerninsolvenzrecht dient dazu, die einzelnen Insolvenzverfahren besser aufeinander abzustimmen. Es wurde erleichtert, die Zuständigkeit desselben Insolvenzgerichts für alle Konzerngesellschaften zu erlangen (Gruppengerichtsstand). Die einzelnen Konzerngesellschaften können diesen nutzen, wenn sie möchten.

Das seit 21. April 2018 geltende neue Konzerninsolvenzrecht hat das Sanierungs-Insolvenzrecht weiter modernisiert. Nachhaltige Sanierungslösungen unter Einbeziehung der Geschäftsführer und Inhaber sind nun auch in Konzernsituationen leichter geworden.

Das neue Konzerninsolvenzrecht erleichtert es sodann, dieselbe Person zum Insolvenzverwalter für mehrere Konzerngesellschaften zu bestellen. Dies fördert eine Abstimmung und einen Ausgleich der Interessen, um einen Mehrwert zu schöpfen, der mit dem lebenden, auf mehrere Gesellschaften verteilten Unternehmen verbunden ist.

Sofern eine Konzerngesellschaft nicht den Gruppengerichtsstand nutzen möchte und bei einem anderen Insolvenzgericht ihren Eröffnungsantrag stellt, verpflichtet das neue Konzerninsolvenzrecht die verschiedenen Insolvenzgerichte, sich darüber abzustimmen, ob es im Interesse der Gläubiger liegt, dieselbe Person zum Insolvenzverwalter zu bestellen.

Die neuen Regelungen beschränken sich bewusst auf eine Prüfungs- und Zusammenarbeitspflicht der Insolvenzgerichte. Diese haben unter anderem zu erörtern, ob eine Person als Insolvenzverwalter alle Insolvenzverfahren über das Vermögen der diversen Gruppengesellschaften mit der gebotenen Unabhängigkeit wahrnehmen kann und ob mögliche Interessenkonflikte durch die Bestellung von Sonderinsolvenzverwaltern ausgeräumt werden können.

Die Insolvenzgerichte haben dabei auch die Vorteile der Bestellung lediglich einer Person zum Insolvenzverwalter in Bezug auf einen geringeren Koordinations- und Abstimmungsaufwand vor dem Hintergrund der alternativen Möglichkeit eines ebenfalls neu eingeführten Koordinationsverfahrens abzuwägen.

Fazit

In der praktischen Anwendung wird das neue Konzerninsolvenzrecht weniger Probleme aufwerfen, als man angesichts der teilweise etwas unscharfen Formulierungen der neuen Paragraphen vermuten könnte.

Schon bisher bekam man Konzerninsolvenzen durch eine entsprechend sorgfältige Vorbereitung nachfolgender Abstimmungen mit den zuständigen Insolvenzgerichten in den Griff. Das neue Konzerninsolvenzrecht greift dies auf. Es gibt den bereits bisher praktizierten Gestaltungen einen gesetzlichen Rahmen.

Interessenkonflikte zwischen den Insolvenzmassen werden dabei freilich auch künftig auftreten, selbst wenn dasselbe Insolvenzgericht zuständig und dieselbe Person zum Insolvenzverwalter in den verschiedenen Insolvenzverfahren bestellt ist. Das Gebot der Trennung der Insolvenzmassen und die Verpflichtung des Insolvenzverwalters zur Wahrung der Interessen der jeweiligen Insolvenzmasse gelten auch weiterhin.


Zur Person

Prof. Dr. Georg Streit ist Rechtsanwalt und Leiter der Praxisgruppe Restrukturierung bei Heuking Kühn Lüer Wojtek. Er ist umfassend beratend und forensisch in allen Bereichen tätig, die durch den Themenkreis Krise/Sanierung/Insolvenz in juristischer Hinsicht angesprochen sind. Er berät und vertritt Gesellschafter, das Management sowie Investoren von Unternehmen in der Krise sowie im Schutzschirm- und Insolvenzplanverfahren.

www.heuking.de

 

 

 

 

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