„Sanierung heißt Verhaltensänderung“

Interview mit Thomas Planer, Gründer und Geschäftsführer von Planer & Kollegen GmbH

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In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und sich rasant verändernder Märkte suchen viele Unternehmen nach Wegen, sich zu restrukturieren und wieder auf die Erfolgsspur zu bringen. Ein viel diskutiertes Instrument ist die Insolvenz in Eigenverwaltung. Doch wie effektiv ist dieses Verfahren im Vergleich zu anderen Restrukturierungsmethoden, und welche Herausforderungen und Chancen bringt es mit sich? Um diese Fragen zu beleuchten, sprachen wir mit Thomas Planer, dem Gründer und Geschäftsführer der Planer & Kollegen GmbH

Unternehmeredition: Wie verbreitet ist das Instrument der Insolvenz in Eigenverwaltung?

Thomas Planer: Die Eigenverwaltung gibt es seit 2012. Wir haben seitdem über 300 Eigenverwaltungsverfahren erfolgreich durchgeführt. In großen Teilen der Szene wird dieses Instrument eher zurückhaltend eingesetzt. Zum einen sind die Vorteile noch immer zu wenig bekannt, zum anderen gab es über Jahre und Jahrzehnte hinweg bei Banken und Steuerberatern kaum Unternehmenskrisenfälle, die jetzt erst allmählich wieder kommen. Und das Know-how, das früher in diesen Kreisen vorhanden war, ist teilweise in Rente gegangen. Die Nachfolger, die übernommen haben, haben jahrelang keine Fälle gehabt. Das heißt, es fehlt an Praxiserfahrung und Know-how.

Im Januar 2021 wurde das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen, kurz StaRUG, als außerinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren eingeführt? Welche Vorteile hat es aus Ihrer Sicht gebracht?

Ich bin kein großer Freund des StaRUG, weil ich es für einen zahnlosen Tiger halte. Meines Erachtens hat der Gesetzgeber es versäumt, mit dem StaRUG ein wirksames Sanierungswerkzeug zu schaffen, das der Unternehmer auch einsetzen will. Warum? Das ist relativ einfach erklärt, also ein Insolvenzverfahren, auch ein Eigenverwaltungsverfahren, ist ein gläubigerdominiertes Verfahren. Letztendlich entscheiden die Gläubiger, welcher Insolvenzverwalter oder welcher Sachwalter kommt. Und im Endeffekt entscheidet der in der Gläubigerversammlung, ob das Unternehmen fortgeführt wird oder nicht.

Wenn ich möchte, dass der Unternehmer sich über ein vorinsolvenzliches Verfahren saniert, dann darf ich es nicht wieder gläubigerdominiert aufbauen. Stattdessen sollte es ein schuldnerdominiertes Verfahren sein, bei dem der Schuldner bestimmen kann, wer sein Restrukturierungsbeauftragter wird. Und das ist aus meiner Sicht ein gravierendes Problem beim StaRUG.

Immerhin wurde dort die Pflicht zur einstimmigen Entscheidung durch die Gläubiger aufgehoben.

Thomas Planer: Ja, aber das hilft dem Unternehmer nichts für die Auswahl des Restrukturierungsbeauftragten. Der wird mit der Mehrheit der Gläubiger gewählt. Das heißt, wenn die Gläubiger gegen meinen Restrukturierungsbeauftragten sind, dann kann ich diesen nicht durchsetzen. Auf der einen Seite ist intendiert, dass der Unternehmer dieses Instrument einsetzt, um sich frühzeitig zu sanieren. Und auf der anderen Seite nimmt man ihm die Schlüsselvertrauensposition weg.

Hinzu kommt, dass man beim StaRUG nicht über die notwendigen Werkzeuge verfügt, um sich von verlustbringenden Verträgen zu trennen. Im Insolvenzverfahren ist es möglich, sich von solchen Verträgen zu trennen. Ich hätte erwartet, dass man im StaRUG das gleiche umfassende Recht oder zumindest die Möglichkeit genießt, sich im Einzelfall von dem einen oder anderen Vertrag zu lösen. Aber auch das wurde vom Gesetzgeber gestrichen. Angenommen, Sie haben eine Bäckereikette mit fünfzehn Filialen, von denen zehn mit Gewinn produzieren und fünf davon schlecht laufen. Nach dem Insolvenzverfahren und auch dem Eigenverwaltungsverfahren kommen Sie aus den laufenden Mietverträgen für diese fünf Filialen raus und dürfen sich nur noch auf die konzentrieren, die funktionieren. Im Rahmen eines StaRUG-Verfahrens haben Sie diese Möglichkeit nicht.

Natürlich lässt sich ein außergerichtlicher Vergleich mithilfe des StaRUG anfechtungssicher machen, was ja im normalen außergerichtlichen Vergleich sehr schwierig ist. Zudem lassen sich eventuelle Vergleichsstörer damit beseitigen. Wenn ich zwei oder drei Gläubiger habe, die bei diesem Vergleich nicht mitmachen wollen, dann werden diese einfach überstimmt. Dafür dient das StaRUG, aber dann ist es im Prinzip einfach nur die Endphase einer außergerichtlichen Sanierung. Und das ist mir als Werkzeug zu wenig.

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Worin liegen für Sie die Vorteile eines Eigenverwaltungsverfahrens?

Ein Vorteil ist, dass ich den gesamten Sanierungswerkzeugkasten der Insolvenzordnung zur Verfügung habe, der aus meiner Sicht in der Regelinsolvenz zwar intensiv für die Zerschlagung oder den Verkauf genutzt wird, aber für die Sanierung zu wenig zum Einsatz kommt.

Ich glaube auch, dass die Eigenverwaltung bei Gläubigern, Lieferanten und Kunden ein höheres Vertrauen genießt, weil man bei der Eigenverwaltung mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von einer Sanierung ausgehen kann als in einer Regelinsolvenz. Und deswegen wird eine Sanierung in der Eigenverwaltung eher akzeptiert und Lieferanten und Kunden machen dabei eher mit als in einer Regelinsolvenz. In der Regelinsolvenz bestimmt das Gericht einen fremden Menschen, der kommt und über das Schicksal des Unternehmens entscheidet. Als Unternehmer kann ich das nicht mehr beeinflussen. Und selbst wenn ich der Überzeugung bin, das Unternehmen wäre fortführungsfähig, entscheidet der Insolvenzverwalter möglicherweise anders und ich kann nichts dagegen machen. In der Eigenverwaltung schaut das alles ein bisschen anders aus.

Natürlich hat man auch keine vollkommene Entscheidungsfreiheit, aber wenn man die Gläubiger davon überzeugen kann, dass die Eigenverwaltung der richtige Weg ist, dann hat man die Gläubiger hinter sich und kann auch das Eigenverwaltungsverfahren gemeinsam mit den Gläubigern führen. Und das ist aus meiner Sicht der Vorteil der Eigenverwaltung gegenüber der Regelinsolvenz. In der Regelinsolvenz bestimmt der Insolvenzverwalter, und die Gläubiger interessieren sich dann kaum noch für das Verfahren. Und im Endeffekt entscheidet der Insolvenzverwalter, was er für richtig hält.

Das Eigenverwaltungsverfahren hat aus meiner Sicht dazu geführt, dass das Engagement der Gläubiger in einem Insolvenzverfahren generell gestiegen ist. Bei manchen großen Unternehmen mag das anders gewesen sein, aber beim normalen KMU hat sich der Gläubiger früher nicht mehr für das Verfahren interessiert, weil ihm der Ertrag zu gering und der Aufwand zu hoch war. Jetzt begreifen die Gläubiger, dass sie, wenn sie sich engagieren, auch dazu beitragen, dass das Unternehmen durchsaniert wird. Sie haben einen geringeren Schaden durch eine höhere Quote und sie verdienen wieder Geld mit dem Unternehmen. In der Regelinsolvenz hingegen, wenn der Insolvenzverwalter das Unternehmen verkauft hat, hat der neue Käufer meist seine eigenen Lieferanten mitgebracht oder wenn er das Unternehmen zugemacht hat, haben die Gläubiger und Lieferanten auch nichts mehr mit dem Unternehmen verdient. Und das ist eine Win-win-Situation in der Eigenverwaltung. Wenn die Gläubiger mitmachen und das Sanierungsverfahren unterstützen, ist der Schaden für sie geringer und der Nutzen höher.

Die Vorbereitung der Eigenverwaltung erfordert natürlich deutlich mehr Anstrengung und zeitliche Kapazität als eine Regelinsolvenz, da man sich ja vorher mit den Gläubigern auseinandersetzen muss und wissen muss, wer mitmacht und wer nicht, bevor man den Antrag stellt.

Welche Voraussetzungen müssen denn für die Eigenverwaltung erfüllt sein?

Zunächst ist wichtig, dass der Unternehmer frühzeitig und rechtzeitig kommt, um den hohen Aufwand der Antragstellung abarbeiten zu können. Und natürlich sollte man schon im Vorfeld der Antragstellung Liquidität aufbauen, indem man zum Beispiel nur noch selektiv zahlt. Wo zahlt der Unternehmer vor einer Antragstellung in der Krise? Er zahlt da, wo es am meisten brennt und wo er meint, dass er mit dem eingesetzten Geld am meisten löschen kann. Er zahlt aber nicht da, wo es eventuell schon für das Verfahren am wirtschaftlichsten und am sinnvollsten wäre und vor allen Dingen nicht da, wo es eventuell sogar strafrechtlich relevant wäre. Wenn der Unternehmer frühzeitig kommt, empfehlen wir ihm, die Zahlungsströme von kreditorischen Konten auf debitorische Konten, das heißt auf Guthabenkonten, umzuleiten, wie es der Gesetzgeber auch vorsieht. Damit geht er gegenüber der Regelinsolvenz mit mehr Liquidität in das Verfahren geht, die ansonsten bei der Bank gelandet wäre. Aus mehr Liquidität lässt sich im Verfahren eine höhere Wertschöpfung generieren. Und an dieser höheren Wertschöpfung partizipiert letztendlich der Gläubiger über eine höhere Quote.

Wenn man zu spät anmeldet und auf dem Konto kein Geld hat, dann kann es passieren, dass das Verfahren mangels Masse abgelehnt wird, denn das ist ja ein knallhartes Indiz für den Staatsanwalt, dass Insolvenzverschleppung vorliegen könnte.

Wie hoch ist die Erfolgsquote bei der Eigenverwaltung?

Relativ hoch, ich würde sagen sie liegt bei 95%. Warum? Das liegt ganz klar an dem Auswahlprozess, der vorher stattfindet. Von zehn oder 20 potenziellen Verfahren gehen nur zwei oder drei in die Eigenverwaltung. Wenn ich mit meinem Mandanten in eine Eigenverwaltung gehe, dann muss ich davon überzeugt sein, dass sie funktioniert und ich muss auch wissen, wie ich aus der Eigenverwaltung wieder rauskomme. Wenn ich das nicht weiß, gehe ich mit ihm nicht in die Eigenverwaltung.

Und wie sieht die Rettung üblicherweise aus? Welche Lösungswege gibt es?

Bei uns liegt der Fokus darauf, das Unternehmen betriebswirtschaftlich zu sanieren. Wir schauen, wo man die Kosten senken und wo man die Erträge erhöhen kann. Wo muss ich eventuell das Geschäftsmodell abändern, damit ich wieder Erträge erzielen kann? Und das Insolvenzgeld und die drei Monate helfen einem dabei auch weiter. Das sind die Finanzierungsmechanismen, die der Gesetzgeber ja auch grundsätzlich in der Insolvenz haben will. Da gehören aber auch Maßnahmen wie Bösgläubigkeitsstellung, Strukturierung der Zahlungsströme vor der Antragstellung dazu. Die operative Sanierung selbst ist klassische Handwerksarbeit eines Sanierungsberaters.

Reicht das langfristig?

Na ja, was heißt langfristig? Man muss sich darüber im Klaren sein: Sanierung heißt Verhaltensänderung. Das heißt, der Unternehmer muss durch diesen Prozess begreifen, dass er sein Verhalten ändern muss. Wenn er das nur innerhalb der Insolvenz tut und dann danach wieder in alte Verhaltensmuster zurückfällt, dann funktioniert es natürlich dauerhaft nicht.

Der normale Insolvenzverwalter versteht als Sanierung, dass er das Unternehmen verkauft. Damit hat er es aber noch nicht saniert. Ich würde nur zugestehen, dass ein Investor natürlich automatisch zu einer Verhaltensänderung führt. Der neue Investor hat aber dann, nach dem Verfahren das Sanierungswerkzeug der Insolvenzordnung nicht mehr in der Hand. Eine effektive Sanierung nachinsolvenzlich ist also eher kritisch zu sehen.

Man muss sich das so vorstellen: der Insolvenzverwalter versucht das Maximale an Kohle für die Masse reinzubekommen, damit die Gläubiger befriedigt werden können. Und durch den Verkauf der Assets wird dann der letzte große Schatz gehoben. Und dann ist der Fall für ihn erledigt, weil mit dem Verkauf ein anderer zum Unternehmer wird. Damit gibt er die Verantwortung ab.

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Der normale Verlauf einer Insolvenz beinhaltet: Vorbereitung, Antragstellung, dreimonatige vorläufige Eigenverwaltung, Eröffnung, Gläubigerversammlung, Gerichtstermin, Insolvenzplan, Erörterungsabstimmungstermin, Verfahrensaufhebung. Das heißt, wer einen normalen Regelinsolvenzantrag stellt, hat faktisch keine Vorbereitungszeit im Vergleich zur Eigenverwaltung. Keine Vorbereitungszeit bedeutet, im Vergleich zur Vorbereitung einer Eigenverwaltung, deutlich geringere Liquidität ab Verfahrensbeginn. stellt, geht schon mal mit einer sehr geringen Liquidität rein. Wenn ich als Insolvenzverwalter in der Regelinsolvenz überhaupt eine Wertschöpfung erreiche, dann eine relativ gemäßigte Wertschöpfung, weil es also an der Eingangsliquidität scheitert. Der Insolvenzverwalter versucht also, etwaige Verluste, die dann im eröffneten Verfahren zu erwarten sind, gar nicht erst entstehen zu lassen, sondern er versucht bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu verkaufen, wo er wieder unter Vollkosten segelt. Und sagt dann, ich habe saniert. Die Eigenverwaltung startet früher und mit einer höheren Liquidität. Nachdem ich hier auch schon mit Sanierungsmaßnahmen beginne, fangen die auch bereits an zu greifen. Das bedeutet, ich habe hier in der Fortführung eine Wertschöpfung.

Und woher kommt jetzt die höhere Quote für den Gläubiger, diese Win-win-Situation? Ziel der Eigenverwaltung ist für den Unternehmer, dass er an Bord bleibt. Er möchte nicht, dass das Unternehmen ihm unterm Hintern verkauft wird. Aber jetzt kann ich dem Unternehmer eins klarmachen. Gerade, weil ich sein Vertrauen genieße, kann ich sagen, pass mal auf, lieber Unternehmer. Klar, Du willst weiter an Bord bleiben. Du willst dein Unternehmen dann verkaufen. In der Regelinsolvenz wärest du es wahrscheinlich schon los. Aber jetzt reden wir doch mal Tacheles. Wie wäre es, wenn wir uns einen Ko-Investor holen, der mit einsteigt und dir die kaufmännischen Aufgaben abnimmt, die du ohnehin nicht so gut kannst. Und der steigt mit ein. Und wenn der mit einsteigt, dann in ein Unternehmen, das durchsaniert ist und über eine Wertschöpfung verfügt. Das heißt, selbst wenn er nur mit einem Teilbetrag einsteigt, also nicht mit einer hundertprozentigen Beteiligung, sondern nur mit einem Teilbetrag, dann macht dieser Teilbetrag wertmäßig wahrscheinlich mehr aus als der Gesamtverkauf, der in der Regelinsolvenz durchgeführt worden wäre.

Wie lange dauern die Verfahren denn im Durchschnitt?

Bei guter Vorbereitung dauert die Eigenverwaltung neun bis zwölf Monate. Ein Regelinsolvenzverfahren dauert meistens deutlich länger. Wie lange der Insolvenzverwalter das Verfahren vielleicht auch wegen Anfechtung oder sonst etwas noch offenhalten muss oder Prozesse führen muss, ist noch ein anderes Thema.

Das Fatale beim Regelinsolvenzverfahren aus meiner Sicht ist: Hier wird oft ein Verfahren gestartet, aber es wird eigentlich nicht saniert. Der Käufer erwirbt das Unternehmen und geht davon aus,  ein durchsaniertes Unternehmen nach der Insolvenz zu kaufen. Was er aber tatsächlich erwirbt, ist ein Unternehmen, bei dem ein paar Flächen verkleinert und ein paar Leute freigestellt wurden, bei dem aber ansonsten nichts saniert wurde. Die Konsequenz davon ist, dass sich zwei Jahre später die nächste Insolvenz ereignet, und der nächste Käufer macht wieder den gleichen Fehler, sodass es zur nächsten Insolvenz kommt, bis es irgendwann nicht mehr funktioniert. Beispiele für solche Mehrfachinsolvenzen sind Weltbild oder Galeria Karstadt Kaufhof.

Manchmal macht es natürlich schon Sinn, schnell zu verkaufen. Wenn ich merke, dass ein Unternehmer nicht sanierungswillig und nicht sanierungsfähig ist, gehe ich mit ihm nicht in ein Eigenverwaltungsverfahren. Der Regelinsolvenzverwalter hat gar keine Alternative. Und wenn er merkt, der Unternehmer will nicht sanieren, hat er ja nur die Möglichkeit zu verkaufen.

Wenn wir heute ein Unternehmen durchsanieren, dann arbeite ich mit einem Team von drei bis fünf Leuten über einen Zeitraum von zwölf Monaten an so einem Verfahren. Wenn ich Insolvenzverwalter bin und nicht saniere, dann zieh ich das mit zwei Leuten operativ in vier oder fünf Monaten durch.

In welchen Fällen eignet sich ein Unternehmen nicht für ein Eigenverwaltungsverfahren?

Wenn ich von vorneherein weiß, dass ich an dem Geschäftsmodell drehen kann, wie ich will, und das Unternehmen wird trotzdem nicht mehr erfolgreich werden. Auf Deutsch: ich brauche nicht zu diskutieren, welches Futter ich dem Pferd gebe, wenn es tot ist. Im falschen Markt, mit einem falschen Produkt und dem falschen Unternehmer, geht eben nichts mehr. Wenn ich beispielsweise im Textileinzelhandel weiter das mache, was meine fünfzigtausend Kollegen auch machen, dann werde ich auf Dauer nicht überleben. Eine mögliche Nische wäre, nur auf Größe und Masse zu setzen. Dann habe ich kleine Erträge, aber dann macht es die Masse. Aber auf Dauer wird ein Textileinzelhandel nur überleben, wenn er sich deutlich von anderen von den Produkten und vom Einkaufserlebnis her unterscheidet. Wenn er konventionell, auf konventioneller Fläche zu konventionellen Verkaufspreisen konventionelle Klamotten anbietet, wird er nicht überleben. Momentan verlieren auch die Onlineshops an Umsätzen. Was viele unterschätzen, ist, dass ich auffallen muss. Eine nackte Frau in der Sauna ist normal und fällt nicht sonderlich auf. Eine nackte Frau in der Fußgängerzone fällt auf. Also was muss ich als Unternehmer sein? Ich muss die nackte Frau in der Fußgängerzone sein. Dann gewinne ich die Aufmerksamkeit, sodass die Leute zu mir kommen und bei mir einkaufen.

Zum Schluss noch eine Prognose: Wie wird sich Ihrer Ansicht nach der Restrukturierungsmarkt entwickeln?

Ich glaube, wir werden noch einige Monate, wenn nicht Jahre eine Marktbereinigung erleben. Das heißt, dass in Fällen, in denen die Geschäftsmodelle keine Perspektive mehr haben und wenn sich hier auch politisch nichts ändert, zahlreiche Unternehmen in den nächsten Jahren Schwierigkeiten haben werden zu überleben. Und so mache ich mir zwar persönlich keine Sorgen, in den nächsten Jahren nicht genug zu tun zu haben. Aber volkswirtschaftlich sehe ich einen steinigen Weg auf uns zukommen.

Lieber Herr Planer, wir danken Ihnen recht herzlich für das interessante Gespräch!

Das Interview führte Eva Rathgeber.


ZUR PERSON

Foto: © Planer & Kollegen

Thomas Planer ist Sanierungsspezialist für Insolvenz in Eigenverwaltung nach § 270 InsO sowie des StaRUG und geschäftsführender Gesellschafter der Planer & Kollegen GmbH, die Unternehmer bei der strategischen und leistungswirtschaftlichen Restrukturierung und Sanierung begleitet. Er ist KMU Fachberater Sanierung, Mitglied im Berufsverband BDU und dessen Fachgruppe Sanierung Restrukturierung.

www.planerundkollegen.de

Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.

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