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Restrukturieren heißt auch Finanzieren

Die Gründe für eine negative Unternehmensentwicklung sind vielfältiger Art, oft stehen jedoch Fehlentscheidungen der Vergangenheit im Vordergrund, die sich beim Auftreten exogener negativer Einflüsse deutlich zeigen. Maßgeblich für eine erfolgreiche Sanierung ist zunächst die umfassende Aufarbeitung der Faktoren, die zu der Schieflage geführt haben, um daraus die Gegenmaßnahmen ableiten zu können.

In der Regel reichen leistungswirtschaftliche Restrukturierungsmaßnahmen jedoch nicht aus, um das Unternehmen wieder zu stabilisieren. Vielmehr ist neben operativen Problemen das Verhältnis der Stakeholder untereinander, insbesondere Gesellschafter und Banken, oder die Finanzierungsstruktur des Unternehmens eine der wesentlichen Krisenursachen. So haben sich häufig Strukturen aufgebaut, die eine Fortführung auf dieser Basis unmöglich erscheinen lassen: Entweder ist das Eigenkapital aufgebraucht bzw. die hohen Verbindlichkeiten sind drückend oder die strukturelle Aufstellung ist mangelhaft. Eine Überwindung der Krise ist dann ohne die Mitwirkung Dritter kaum möglich.

Frühzeitig auf Probleme hinweisen
Bereits zu Beginn einer sich abzeichnenden Unternehmenskrise werden entscheidende Weichen gestellt. Treten Differenzen zwischen Gesellschaftern und Banken auf und es kommt zu keiner Einigung, kann der weitere Weg schon vorgezeichnet sein. Eine frühzeitige Information der Fremdfinanzierer, insbesondere der Banken, über geplante Restrukturierungsmaßnahmen und den hierfür erforderlichen Kapitalbedarf wirkt vertrauensbildend und hilft, die Banken zu gewinnen, das Unternehmen weiter zu unterstützen. Geschieht dies nicht und werden die Banken vor vollendete Tatsachen gestellt, führt dies in der Regel zu einem Vertrauensverlust und letztlich dazu, dass keine weiteren Kredite mehr zur Verfügung gestellt werden.

Dies gilt es zu vermeiden, da sich das Unternehmen sonst nicht nur mit der operativen Stabilisierung beschäftigt, sondern auch noch neue Bankpartner finden muss. Dadurch sind in vielen Fällen insbesondere kleinere Unternehmen überfordert. Ein An-Bord-Halten der bestehenden Banken kann durch die Einschaltung externer Berater flankiert werden. Dies verursacht zwar Kosten und bindet somit gerade in der Restrukturierung knappe finanzielle und operative Ressourcen, kann jedoch vertrauensbildend auf das Verhältnis zu den Banken wirken.

In vielen Fällen ist es mit der Stabilisierung des Finanziererkreises jedoch nicht getan. Die Umsetzung der leistungswirtschaftlichen Restrukturierungsmaßnahmen erfordert in der Regel frisches Kapital. Ab einem bestimmten Punkt werden Banken einer Ausweitung der Kreditlinien nur dann zustimmen, wenn auch die Gesellschafter einen Beitrag leisten. Dieser kann in dem Einschuss neuer Eigenmittel oder in der Gewährung zusätzlicher Sicherheiten bestehen. Allerdings ist bei vielen Unternehmen das Krisenstadium derart fortgeschritten, dass vorgenannte Kapitalmaßnahmen nicht ausreichen und weitere Sanierungsbeiträge erforderlich werden. Dies bedeutet, dass auch die Fremdfinanzierer ihren Beitrag leisten müssen. Hierbei kann es sich entweder um Verzichte zur unmittelbaren, bilanziellen Eigenkapitalstärkung oder um qualifizierte Rangrücktritte zur Stärkung des wirtschaftlichen Eigenkapitals handeln.

Darüber hinaus kann der Kapitalbedarf zur Umsetzung der Restrukturierungsmaßnahmen durch die Aufnahme neuer Eigenkapitalgeber gedeckt werden. Als Investoren in Krisensituationen treten vor allem auf Sondersituationen spezialisierte Finanz- und vermögende Privatinvestoren auf. Letztere sind häufig aktive oder ehemalige Unternehmer, die sich direkt oder über Family Offices an Unternehmen beteiligen. Beiden Investorengruppen ist gemein, dass sie über einen längeren Investitionshorizont verfügen und den Unternehmen Zeit geben, sich aus der Krise heraus zu entwickeln. Je höher die Erfordernisse der Restrukturierung sind, desto stärker werden neue Eigenkapitalgeber freilich dazu neigen, ihre Investition von Sanierungsbeiträgen auch der bestehenden Finanzierungspartner abhängig zu machen.

Zwei Wege aus der Krise
Welche Wege können beschritten werden, wenn ersichtlich wird, dass Beiträge aller Finanzierungspartner, also Gesellschafter und Fremdfinanzierer, für eine Restrukturierung erforderlich sind? Verkürzt gesagt stehen zwei Möglichkeiten zur Auswahl: ein gerichtlicher und ein außergerichtlicher Weg. Letzterer steht jedoch nur dann offen, wenn noch keine Insolvenzreife, d.h. Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, eingetreten ist.

Der gerichtliche Weg einer Sanierung unter Nutzung der Möglichkeiten des Insolvenzrechts hat mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) an Aufmerksamkeit gewonnen, bedarf jedoch einer guten Vorbereitung. Insbesondere sollten potenzielle Investoren idealerweise bereits vor bzw. mit Beginn des gerichtlichen Verfahrens eingebunden werden. Die Vorteile eines solchen Verfahrens bestehen in der Planbarkeit und der deutlichen Befreiung von Altlasten. Allerdings besteht das Risiko für die Altgesellschafter, einen erheblichen Teil oder sogar sämtliche Gesellschaftsanteile zu verlieren. Belastend können sich zudem persönliche Haftungsverpflichtungen oder Bürgschaften der Gesellschafter auswirken. Hinzu kommt, dass eine Sanierung über eine Insolvenz aus heutiger Sicht immer noch die Gefahr der Beschädigung der Reputation des Unternehmens birgt.

Alternativ kann der außergerichtliche Weg gewählt werden. Hier werden mit einzelnen Parteien Vergleiche angestrebt. Dabei bestehen dann gute Chancen auf Erfolg, wenn glaubhaft dargelegt werden kann, dass im Falle einer Ablehnung das Szenario einer ungeplanten Insolvenz eintreten kann, in dem die Befriedigungsquote für die Fremdfinanzierer geringer ausfallen dürfte. Dieses Argument ist allerdings dann nur eingeschränkt nutzbar, wenn die Mehrzahl der Gläubiger über ausreichende Sicherheiten (z.B. Eigentumsvorbehalte, Bürgschaften, Grundschulden) verfügt.

Eines sollten Unternehmen und Gesellschafter in einem Verzichtsszenario in beiden Fällen bedenken: Für neue Kredite werden die bestehenden Banken in der Regel nicht mehr zur Verfügung stehen. Durch die etwaige Vereinbarung von Besserungsscheinen kann die Bereitschaft, das Unternehmen überhaupt weiter zu begleiten, jedoch erhöht werden. Daher ist es in vielen Fällen elementar, durch die Aufnahme neuer Gesellschafter liquide Mittel für die Umsetzung der Restrukturierungsmaßnahmen zu gewinnen.

Fazit:
Zur Überwindung von Krisensituationen müssen alle Stakeholder eines Unternehmens beitragen. Insbesondere wenn neue Eigenkapitalgeber eingeworben werden sollen, müssen die Sanierungsmaßnahmen rechtzeitig vorbereitet werden.

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