Seit kurzem setzt Gerd Widule gemeinsam mit Hans-Ulrich Weishaupt den Generationswechsel beim Büromöbelhersteller Reiss um. Das Traditionsunternehmen soll organisch im In- und Ausland wachsen – und zum 140-jährigen Bestehen die Umsatzmarke von 40 Mio. Euro erreichen.
Unternehmeredition: Herr Widule, bevor Sie im Mai vergangenen Jahres zur Reiss – Büromöbel GmbH kamen, waren Sie erfolgreich als selbstständiger Unternehmer tätig. Sie entwickelten ein elektronisches CO2-Messgerät zur Prüfung der Bierqualität in Schankanlagen. Ihre Erfindung wird in mehr als zehn Ländern vertrieben. Was hat Sie bewogen, ins Management des Unternehmens einzusteigen?
Widule: Zunächst einmal führe ich mein eigenes kleines Unternehmen weiter, allerdings nicht mehr im operativen Geschäft. Über einen Headhunter wurde ich angesprochen, ob ich nicht für REISS als zukünftiger Geschäftsführer zur Verfügung stehen würde. Einer der beiden Geschäftsführer ging bereits vergangenes Jahr in den Ruhestand. Dietmar Menzel, der Reiss vor allem nach außen repräsentiert und 49 Jahre im Unternehmen war, folgt ihm Mitte dieses Jahres. Dann liegt die Verantwortung in den Händen meiner Geschäftsführerkollegen und mir.
Aus dem technischen Vertrieb zu Büromöbeln – das ist ein eher ungewöhnlicher Wechsel.
Es kamen mehrere glückliche Fügungen zusammen. Zum einen bin ich 15 Kilometer von hier geboren und mit meiner Familie ansässig. Zum anderen bietet Reiss die besten Voraussetzungen meine Erfahrungen der vergangenen 25 Jahre in die tägliche Arbeit einzubringen und mich weiter zu entwickeln.
Dabei gilt die Branche der deutschen Büromöbelhersteller als wenig krisenfest. Wie schätzen Sie generell den Markt für Büromöbel national und international ein?
Der Markt steht national und international stark unter Druck. Auch wir spüren natürlich den verschärften Wind, insbesondere von osteuropäischen Herstellern. Dennoch ist es uns gelungen, 2015 das beste Ergebnis seit der Wiedervereinigung zu erzielen. Der Umsatz stieg auf 32 Mio. Euro, nachdem er drei Jahre zuvor noch bei 24 Mio. Euro lag. Sicher erleben wir durch die gute wirtschaftliche Lage in Deutschland und die gegenwärtige Zuwanderung eine kleine Sonderkonjunktur. Die öffentliche Hand benötigt etwa zusätzliche Möbel wie Beistelltische und Schränke. Insgesamt profitieren wir aber vor allem davon, dass wir im Unternehmen durch eine erhebliche Produktionstiefe schnell, kundenspezifisch und mit einer konstanten Qualität liefern können.