Am 22. März 2024 legte das Bundesministerium der Justiz den lange erwarteten Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Richtlinie hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD) vor.
Nach der auf EU-Ebene verabschiedeten sogenannte CSRD-Richtlinie sind große Kapitalgesellschaften künftig verpflichtet, zusammen mit ihrem Jahresabschluss detailliert über ihren Umgang mit sozialen und ökologischen Herausforderungen im Rahmen des (Konzern)Lageberichts zu informieren. Damit soll der Umgang von Unternehmen mit Nachhaltigkeitsrisiken und Nachhaltigkeitsauswirkungen über die gesamte Wertschöpfungskette transparenter gemacht werden. Die Angaben sollen verpflichtend durch Wirtschaftsprüfer geprüft werden.
Weitere Bürokratiepflichten für die deutsche Wirtschaft
Die Erstellung einer solchen ergänzenden Berichterstattung (verpflichtender Nachhaltigkeitsbericht) geht mit erheblichen Belastungen für die betroffenen Unternehmen einher. Um diese Belastungen so gering wie möglich zu halten, beabsichtigt der deutsche Gesetzgeber, mit dem sogenannten CSRD-Umsetzungsgesetz keine über die CSRD hinausgehenden Maßnahmen in nationales Recht umzusetzen (1:1 Umsetzung).
Hinweis: Bereits nach bisherigem Recht sind in Deutschland bestimmte Unternehmen zur Abgabe einer „nichtfinanziellen Erklärung“ verpflichtet, die allerdings nur sehr grundlegende Nachhaltigkeitsinformationen (§ 289b, § 289c HGB) enthält. Diese „nichtfinanzielle Erklärung“ soll nun durch den Nachhaltigkeitsbericht abgelöst werden.
Die Anzahl der Unternehmen, die zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts verpflichtet sind, wird deutlich steigen und auch der Umfang der Berichterstattung wird aufgrund der Europäischen Nachhaltigkeitsstandards (European Sustainability Reporting Standards (ESRS)) erheblich ausgeweitet.
Grundsätzlich gelten die Neuregelungen bereits für das Geschäftsjahr 2024. Allerdings gelten für die Pflicht zur erstmaligen Abgabe der Nachhaltigkeitsberichterstattung Übergangsregelungen. So gilt die Nachhaltigkeitsberichterstattung für das erste Geschäftsjahr 2024 nur für große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern. In den nachfolgenden Geschäftsjahren werden bis 2028 stufenweise weitere Unternehmensgruppen einbezogen.
Der größte Zuwachs ist für das Geschäftsjahr 2025 zu erwarten, wenn erstmals auch nicht-kapitalmarktorientierte aber bilanzrechtlich große Unternehmen einbezogen werden.
Hinweis: Von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung werden nach derzeitiger Schätzung des BMJ insgesamt rund 13.000 deutsche Unternehmen betroffen sein. Hierbei handelt es sich insbesondere um Kapitalgesellschaften, haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften und Genossenschaften.
Der bürokratische Aufwand für die Unternehmen soll dabei so gering wie möglich gehalten werden. Zur Vermeidung sogenannter doppelter Berichtspflichten soll das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) geändert werden. Demnach sollen Unternehmen ihre Berichtspflicht nach dem LkSG durch Vorlage einr Berichterstattung im Sinne der CSRD und folglich mit einem Bericht zwei Pflichten gleichzeitig erfüllen können. In Konzernkonstellationen soll darüber hinaus die CSRD-Berichterstattung der Konzernmutter genügen, wenn der Konzernlagebericht ebenfalls befreiende Wirkung für die Konzerntöchter entfaltet.
Inhalt des CSRD-Umsetzungsgesetzes
Der Referentenentwurf des CSRD-Umsetzungsgesetzes sieht insbesondere folgende Regelungen vor:
- Anpassung der Regelungen im Handelsgesetzbuch hinsichtlich der Rechnungslegungsunterlagen der in den Anwendungsbereich einbezogenen Unternehmen. Betroffen sind insbesondere die Vorschriften zum Lagebericht, zum Konzernlagebericht und zur Prüfung:
- Erweiterung der (Konzern-)Lageberichte um einen verpflichtenden Nachhaltigkeitsbericht, der künftig auch Gegenstand einer Prüfung mit begrenzter Sicherheit sein wird.
- Aufnahme derjenigen Angaben in den Nachhaltigkeitsbericht, die für das Verständnis der Auswirkungen der Tätigkeiten der Kapitalgesellschaft auf Nachhaltigkeitsaspekte (Umwelt-, Sozial- und Menschenrechts sowie Governance-Faktoren) oder das Verständnis der Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf den Geschäftsverlauf, das Geschäftsergebnis und die Lage der Kapitalgesellschaft erforderlich sind
- Anpassungen der berufsrechtlichen Regelungen, insbesondere über die Aus- und Fortbildung von Wirtschaftsprüfern, die Berufsgrundsätze, die Qualitätskontrolle und die Berufsaufsicht über Wirtschaftsprüfer mit Blick auf die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten durch Wirtschaftsprüfer.
- Pflicht des zur Prüfung zuständigen Organs einer Aktiengesellschaft zur Kontrolle und Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung.
- Im Wertpapierhandelsgesetz sollen mit den vorgeschlagenen Regelungen die Änderungen der Transparenzrichtlinie infolge der Nachhaltigkeitsberichterstattung für Emittenten nachvollzogen werden.
Steigende Anforderungen an die Wirtschaftsprüfer
Da die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts durch einen Wirtschaftsprüfer zu erfolgen hat, muss künftig sichergestellt werden, dass diese Prüfung durch sachkundige, unabhängige und für diese Aufgabe qualifizierte Prüfer erfolgt, die strengen Berufsgrundsätzen, einer fortlaufenden Qualitätskontrolle und der Berufsaufsicht unterliegen.
Hinweis: Den Referentenentwurf finden Sie hier.
Alexander Glöckner
Alexander Glöckner ist Wirtschaftsprüfer bei RSM Ebner Stolz in Frankfurt am Main. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Er ist in der Prüfung und Beratung von nichtfinanzieller Berichterstattung nach CSRD / ESRS, EU-Taxonomie, nichtfinanzieller Erklärung (§§289b, 315b HGB) und freiwilliger Rahmenwerke wie GRI und DNK über alle Branchen spezialisiert. Vor seiner Tätigkeit bei RSM Ebner Stolz war er über 20 Jahre bei einer Big4-Gesellschaft im Bereich Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten und Konzernabschlüssen tätig.