Private Equity und Erben

Können Finanzinvestoren die Nachfolgekrise im deutschen Mittelstand lösen?

Eine nie erreichte Zahl von Unternehmen wartet auf den Nachfolger. Private-Equity-Investoren verfügen über ungenutzte Mittel.
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Eine nie erreichte Zahl von Unternehmen wartet auf den Nachfolger, der sich im Familienkreis oder in der unmittelbaren Umgebung nicht findet. Private-Equity-Investoren verfügen über ungenutzte Mittel (Dry Powder), die einer Verwendung bedürfen. Eigentlich sollte dies für Traumhochzeiten reichen. Beispiele einer glücklichen Nachfolge durch Private Equity finden sich ebenso wie gescheiterte Nachfolgen – wie schafft man eine glückliche Nachfolge?

Immer wieder erweist sich als eines der Hauptprobleme bei der Unternehmensnachfolge die unterschiedliche Sichtweise zwischen Private-Equity-Investor und einem typisch mittelständischen Familienunternehmen.

Für den Private-Equity-Investor ist – überspitzt formuliert – das Unternehmen eine Handelsware. Es soll Wachstumschancen bieten, gegebenenfalls bestehende Portfoliounternehmen ergänzen und die Möglichkeit bieten, durch eine Erweiterung des Geschäftsmodells, etwa eine Internationalisierung, an Wert zu gewinnen.

Die Motivation des Private-Equity-Investors ist – aus seinem Daseinszweck heraus folgerichtig – immer darauf gerichtet, einen Wertzuwachs zu erreichen, der durch einen Verkauf des Unternehmens oder einen Börsengang realisiert werden soll.

Das mittelständische Familienunternehmen denkt eher in Generationen und wünscht sich eine dauerhafte Sicherung der Nachfolge. Die Aussage „ich möchte auch nach einem Verkauf noch durch die Stadt gehen können“ hat sicherlich jeder Berater schon mehr als einmal gehört; sie zeigt aber sehr deutlich ein Unternehmerbild, das auf soziale Einbindung und jedenfalls auch andere, nicht finanziell messbare Unternehmensziele ausgerichtet ist.

Was sich auf den ersten Blick wie ein Widerspruch liest, geht in der Praxis dennoch oft zusammen: Mittelständische Unternehmen müssen internationalisieren, sie haben möglicherweise – unabhängig von der Frage der Familiennachfolge – nicht das interne Know-how, um bei einer raschen Skalierung interne Prozesse anzupassen. Auch hier können Private-Equity-Investoren helfen.

Wann passen die Dinge zusammen?

Entscheidend sind die Positionierung des Verkäufers und seine Maßgaben. Soll insgesamt übertragen werden oder nur eine Beteiligung erfolgen, während weitere, zum Beispiel Familienmitglieder, in der Leitung des Unternehmens aktiv sind? Welche Geschichte hat der Investor – ist es eher jemand, der in vergangenen Investments durch Kostenreduzierung auffiel, oder findet sich eine stark auf die Ertragsseite ausgerichtete Unternehmensführung? Wurde das übernommene Unternehmen rasch integriert oder behielt es Eigenständigkeit? Die Erfahrung zeigt: Gute Berater, die den Markt kennen, die wissen, welcher Investor passt, sind hier von hoher Bedeutung. Sie verhindern manch aussichtslosen Verkaufsprozess, der am Ende Geld und Nerven kostet.

Kenne Dich und den „Feind“ (frei nach Sun Tzu)

Natürlich ist der Investor nicht der Feind – aber kennen sollte man ihn und auch sich selbst. Was heißt das? Lang etablierte Unternehmen haben eine lange Geschichte; da mag es auch zu Fehlern gekommen sein, da können die Steuergestaltungen der letzten Jahrzehnte wie Jahresringe eines Baumes sichtbar werden. Geht der Verkäufer hier ohne sehr detaillierte Vorbereitung in einen Verkaufsprozess, drohen Überraschungen. Akribische Anwälte werden dafür bezahlt, Risiken, Ungenauigkeiten, Probleme aufzufinden – nicht aus bösem Willen, sondern damit der Investor eine aufgeklärte Entscheidung treffen kann. Auch der Investor hat Aufsichtsgremien und Investoren, die wenig Toleranz für Fehler haben, die ins Geld gehen. Sinnvoll ist es daher, zunächst das eigene Unternehmen untersuchen zu lassen, Schwachstellen zu finden und vor der Ansprache eines Investors erforderliche Reparaturarbeiten auszuführen. Ebenso ist es gerade bei Familienunternehmen sinnvoll, erst einmal intern zu klären, ob alle an einem Strang ziehen. Treten Spannungen im Verkaufsprozess zutage, führen sie oft zu einem Abschlag auf den Kaufpreis oder gar zu einem Abbruch. Dies ist für alle Beteiligten das schlechteste denkbare Ergebnis – Zeit und Geld wurden ohne Ertrag investiert.

Klarheit sollte auch frühzeitig geschaffen werden über die Erwartungen an den Investor und die eigenen Dealbreaker. Wer mit unrealistischen Vorstellungen in einen Verkaufsprozess geht, lernt entweder schnell dazu oder wird den Verkauf nicht abschließen. Dies gilt natürlich wechselseitig: Klarheit darüber, was von der anderen Seite redlicherweise erwartet werden kann, hilft ungemein. Gleiches trifft auf die Dealbreaker zu: Ernsthaft zu definieren, wie weit man Zugeständnisse machen kann und wo die Verhandlungsbereitschaft endet, ist wesentlich, um eine Verhandlung sinnvoll führen zu können.

Auktion – der Königsweg?

Im Rahmen des Verkaufsprozesses kann mit einem exklusiven, kleineren Kreis verhandelt werden oder durch ein Bieterverfahren derjenige Investor ausgewählt werden, der den besten Deal (nicht nur: den besten Preis!) anbietet. Beides hat Vor- und Nachteile. Man muss sich allerdings im Klaren sein, dass ein Auktionsverfahren in der Organisation und der Belastung höhere Ansprüche stellt. Eine gute Vorauswahl anhand der Kategorien, die für den Verkäufer wesentlich sind, und eine Eingrenzung mögen manchmal nicht den besten Preis erlösen, aber das einfachere Management wiegt dies gerade bei Familienunternehmen durchaus auf.

Should I stay or should I go? (The Clash)

Der Verkäufer muss für sich die Frage beantworten: Kann ich loslassen? Manch gut gemeinte Übergangsregelung wird schnell zum Streitfall, wenn der Verkäufer (und häufig auch die Mitarbeiter) den „alten Chef“ immer noch als Chef sehen, wenn die Autorität der neuen Unternehmensleitung untergraben wird oder sich an zukunftsgerichteten Entscheidungen die Unterschiedlichkeit der Auffassungen zeigt. Wenn der Verkäufer im Unternehmen aktiv bleibt, dann mit klaren Leitplanken und zeitlich begrenzt.

Trends bei Freiberuflern und Kleinunternehmen

Private-Equity-Investoren bieten inzwischen auch neue Formen der Übernahme an, etwa im Bereich von ärztlichen Praxen oder von Handwerksbetrieben, die für einen Unternehmenskauf zu klein sein können. Der Kern des Unternehmens wird weiterbetrieben, während zentrale Funktionen wie Buchhaltung, Personal oder auch bestimmte Investitionen durch zentrale Einheiten erbracht werden. Hier werden Skalen- effekte gehoben, indem die unternehmerische Infrastruktur besser – das heißt durch mehr Nutzer – ausgelastet wird. Übrigens ein schönes Beispiel, wie innovativ Investoren vielfach sind und wie neue Wege zum Ziel führen.

FAZIT

Beratung, Vorbereitung, Struktur, Verständnis: Das sind die Hauptpunkte, die eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge durch Private-Equity-Investoren ausmacht. Wenn dies auf Investoren trifft, die Mittelstand und Familienunternehmen können und verstehen, dann werden wir auch in den nächsten Jahren viele solcher Nachfolgeregelungen sehen, mit denen Lebenswerke erhalten werden.

Autorenprofil
Prof. Dr. Hans-Josef Vogel
Prof. Dr. Hans-Josef Vogel

Prof. Dr. Hans-Josef Vogel ist Partner und Standortleiter des Düsseldorfer Büros von Advant Beiten, einer Allianz europäischer Wirtschaftskanzleien, sowie Co-Leiter der Praxisgruppe Corporate/M&A. Seine Beratung erstreckt sich auf Fragen des Vertrags- und Gesellschaftsrechts, einschließlich der Begleitung von M&A-Transaktionen, Finanzierungsthemen sowie der Gründung von Gesellschaften und Niederlassungen.

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