Fusionen und Übernahmen (Mergers and Acquisitions; M&A) ermöglichen Unternehmen schnelles Wachstum und Marktanteilsgewinne. Doch über 50% der Transaktionen erreichen nicht den erwarteten Wert – oft aufgrund der Post Merger Integration (PMI). Dieser Artikel beleuchtet die Erfolgsfaktoren einer PMI und zeigt, wie Verkäufer durch frühzeitige Einbindung zusätzlichen Wert schaffen können.
Entgegen der gängigen Meinung beginnt die PMI nicht erst mit dem Closing, sondern ist ein Kontinuum, das sich von den frühen Phasen der Due Diligence (DD) bis zur vollständigen operativen Integration erstreckt. Jede Phase des M&A-Prozesses − von der strategischen Planung bis zur Durchführung − legt den Grundstein für eine erfolgreiche PMI.
Die PMI selbst ist komplex und vielschichtig. Effektive Post Merger Integration gewährleistet die Wahrung der Geschäftskontinuität sowie die Realisierung der langfristigen Rentabilität und das Wachstum nach der Transaktion („Capturing Deal Value“).
Frühe Integrationsplanung steigert den Erfolg
Der Verkäufer, der sich oft auf den unmittelbaren Wert der Transaktion konzentriert, kann den Gesamterfolg durch eine frühzeitige Integrationsplanung erheblich steigern. So kann ein proaktiver Verkäufer konkret zu der Wertsteigerung beitragen, indem er detaillierte Einblicke in die operative und kulturelle Dynamik seines Unternehmens gewährt und dem Käufer hilft, eine fundierte Integrationsstrategie zu entwickeln.
Identifikation von Synergien während der Due Diligence
Der Erfolg der PMI basiert auf einer gründlichen Due Diligence. Synergien sowohl operativer als auch finanzieller Art müssen frühzeitig erkannt werden, und es muss ein klarer Plan erstellt werden, wie sie nach dem Zusammenschluss realisiert werden sollen. Fusionen und Übernahmen scheitern oft, weil die erwarteten Synergien entweder nicht realisiert werden oder sich als kostspieliger und komplexer erweisen als ursprünglich angenommen.
Der Verkäufer kann während der PMI Due Diligence eine zentrale Rolle spielen, indem er seine Kenntnis der eigenen Geschäftstätigkeit und des Markts einsetzt, um detaillierte und transparente Informationen zu liefern, mit denen der Käufer realistische und erreichbare Synergien besser identifizieren kann. Dieser proaktive Ansatz für die Bewertung von Integrationsfaktoren erfordert in der Regel die Einrichtung von „Clean Rooms“ während der Due Diligence. Diese ermöglichen es den Integrationsteams, sich frühzeitig einzubringen und eng mit externen Beratern sowohl auf der Käufer- als auch auf der Verkäuferseite zusammenzuarbeiten. Dieser kollaborative Ansatz hilft dabei, die Machbarkeit der Synergieerschließung genau einzuschätzen und sie mit der breiteren Integrationsstrategie abzustimmen.
Kulturelle Integration vor und während des Closings
Der menschliche Aspekt der PMI wird oft unterschätzt, ist aber einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren. Fusionen und Übernahmen führen zu erheblichen Veränderungen in der Organisationsstruktur, in den Prozessen und in der Unternehmenskultur, die für die Mitarbeiter verunsichernd sein können. Die effektive Bewältigung dieser Veränderungen erfordert eine starke Führung und eine klare Kommunikationsstrategie.
Verkäufer können dazu beitragen, indem sie Einblicke in die kulturelle Dynamik ihres Unternehmens gewähren und dabei helfen, kulturelle Unterschiede zwischen den beiden Unternehmen zu überbrücken. Diese frühzeitige Einbindung in die kulturelle Integration kann helfen, Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden, die den Integrationsprozess zum Scheitern bringen könnten. Die frühzeitige Einbindung von Führungskräften und Mitarbeitern in Schlüsselpositionen in den Integrationsprozess ist entscheidend für den Aufbau von Vertrauen und um sicherzustellen, dass das Unternehmen auf seine Ziele fokussiert bleibt.
Kontinuität des Kerngeschäfts während der Integration
Die Umsetzung identifizierter Synergien in greifbare Ergebnisse ist eine der schwierigsten Herausforderungen der PMI. Der Verkäufer kann diesen Prozess erleichtern, indem er auch nach dem Abschluss des Geschäfts beteiligt bleibt und dem Käufer sein Fachwissen und seine Erfahrungen zur Verfügung stellt, damit dieser die Synergien wirksam umsetzen kann. Dies wird in der Regel durch Transitional Service Agreements (TSAs) umgesetzt, die Kontinuität und Stabilität während der anfänglichen Integrationsphase gewährleisten.
Zu den größten Risiken während der Post Merger Integration zählt die mögliche Unterbrechung des Kerngeschäfts. Die Konzentration auf die Schaffung von Werten und die Nutzung von Synergien überschattet oft die Bedeutung der Aufrechterhaltung der Geschäftsdynamik. Zwischen dem Signing und dem Abschluss der Transaktion kann der Verkäufer eine entscheidende Rolle bei der Übertragung des Kerngeschäfts spielen und so gewährleisten, dass dieses ab „Day One“ nahtlos weitergeführt werden kann. Hierbei kann der Verkäufer, in Abstimmung mit dem Käufer, auch bereits erste Weichen in Richtung Integration stellen (Kerngeschäft und Synergien).
FAZIT
Die PMI ist nicht nur eine kritische Phase für den Käufer, sondern bietet auch erhebliche Chancen für den Verkäufer. Dieser kann, indem er sich frühzeitig an der Integrationsplanung beteiligt und seine Geschäftstätigkeit und Unternehmenskultur transparent darstellt, dem Käufer helfen, den vollen Wert des Geschäfts besser zu verstehen. Diese Transparenz führt zu einer genaueren Bewertung, die den Wert der Transaktion erhöhen kann. Der Verkäufer kann überzeugende Argumente in der Kaufpreisverhandlung liefern, wenn er die Bereiche aufzeigt, die sich gut integrieren lassen und Synergien bieten.
Darüber hinaus kann die fortgesetzte Einbindung des Verkäufers nach dem Abschluss der Transaktion den Erfolg der Integration weiter steigern. Durch die Beteiligung an der Umsetzung der PMI-Strategie − sei es in Form einer beratenden Funktion, eines TSA oder durch praktische Mitarbeit − kann der Verkäufer die Realisierung von Synergien und den reibungslosen Übergang der Geschäftstätigkeit direkt beeinflussen. Diese aktive Beteiligung versetzt den Verkäufer auch in die Lage, von Earn-outs oder anderen leistungsbezogenen Anreizen zu profitieren. Diese bedingten Zahlungen sind häufig an das Erreichen bestimmter Meilensteine oder finanzieller Ziele geknüpft. Das bedeutet: Je erfolgreicher die Integration ist, desto größer ist die potenzielle finanzielle Belohnung für den Verkäufer.
Der Integrationsprozess wird oft als käuferzentrierte Phase angesehen. Verkäufer können jedoch durch einen proaktiven Beitrag zum Integrationsprozess diesen in ein für beide Seiten vorteilhaftes Vorhaben verwandeln und den Wert der Transaktion maximieren.
👉 Dieser Beitrag erschien in der aktuellen Magazinausgabe der Unternehmeredition 3/2024.