Erfolgreiche Unternehmen werden häufig von sehr dominanten Unternehmerpersönlichkeiten geführt. Es liegt auch am Aufsichtsrat, ein zu hohes Abhängigkeitsverhältnis zu verhindern.
Die Nachkriegszeit prägten Unternehmer wie Willy Schlieker, Carl F.W. Borgward, Josef Neckermann oder Max Grundig. Auch der rasante Aufstieg z.B. von Technologieunternehmen der heutigen Zeit ist häufig mit der Prägung durch geniale Unternehmerpersönlichkeiten wie Steve Jobs, Marc Zuckerberg oder Jack Ma verbunden. Wie eine aktuelle Studie der Credit Suisse zeigt, entwickeln sich Unternehmen, die sich in der ersten oder zweiten Hand von Familien befinden, deutlich besser als ihre Wettbewerber. Aber diese Abhängigkeit von einzelnen Personen birgt auch Gefahren. Fallen diese Personen etwa durch Krankheit oder plötzlichen Tod aus, können Unternehmen rasch in Turbulenzen geraten. Und manchmal kann auch das zu lange Festhalten an einem scheinbar erfolgversprechenden Geschäftsmodell Unternehmenskrisen auslösen.
Dies gilt besonders für Familienunternehmen. Sie unterscheiden sich von anderen Unternehmen vor allem durch die Gesellschafterstruktur. Diese ist geprägt durch eine beherrschende, familiengebundene und generationsübergreifende Inhaberschaft. Eine beherrschende Inhaberschaft verkürzt die Distanz zwischen Gesellschafter und Management. Es ist eindeutig, wer im Zweifel Entscheidungen trifft. Auf der einen Seite führt das zu schnelleren Entscheidungen. Auf der anderen Seite besteht das Risiko, dass aufgrund von Partikularinteressen Entscheidungen getroffen werden, die dem Unternehmen schaden können.
Aufgaben eines Aufsichtsrats
Die wichtigsten Personalentscheidungen werden im Aufsichtsrat getroffen: Es geht um die Bestellung und Abberufung von Vorständen, um die Ausgestaltung der Vorstandsverträge und um die Verabschiedung einer Geschäftsordnung für den Vorstand. Der Aufsichtsrat hat insbesondere immer wieder zu überprüfen, wie viele Personen der Vorstand umfassen soll und ob die Zusammensetzung des Vorstands und die Performance seiner Mitglieder den Herausforderungen genügt, denen das Unternehmen ausgesetzt ist bzw. künftig ausgesetzt sein wird. Er hat sich bei der Personalauswahl ausschließlich an den Interessen des Unternehmens zu orientieren. Das setzt voraus, dass es eine klare Strategie für die operative Marschrichtung des Unternehmens und seine Zukunftsmärkte gibt. Damit wird die Besetzung der Leitungsebene auch zu einer Frage des Risikomanagements und ob z.B. eine zu dominante Person im Vorstand die richtige Wahl darstellt. Die Besetzung des Vorstands hat dadurch nicht nur eine fachliche und inhaltliche Dimension. In diese Entscheidung müssen auch die Aspekte eines zwischenmenschlichen Miteinanders der Vorstände untereinander und im Zusammenspiel mit dem Aufsichtsrat eingehen, aber auch die Kompatibilität mit dem Wertekanon eines Unternehmens.
Expertise wünschenswert
In vielen Aufsichtsräten, und das gilt selbst für DAX-Konzerne, ist die Human-Resources-Expertise kaum vertreten. Es dominieren im Rahmen der Kompetenzfelder der Aufsichtsratsmitglieder Strategie und Steuerung, Branchenkenntnisse, Finanzexpertise, Internationalität und Aufsichtsratserfahrung. Offensichtlich wird bei einer erfolgreichen Führungskraft eine spezielle Human-Resources-Erfahrung quasi automatisch unterstellt. Daher gilt es bei der Zusammenstellung eines Aufsichtsrats kritisch zu hinterfragen, ob nicht auch eine Person mit diesem spezifischen Erfahrungshintergrund dem Aufsichtsrat angehören sollte.
Personelle Besetzung ist entscheidend
Dem Aufsichtsrat kommt also gerade bei der Vorstandsbesetzung sowohl eine strukturierende als auch eine vermittelnde Aufgabe zu. Seine Neutralität bzw. Objektivität machen ihn zu einem natürlichen Ansprechpartner für die beteiligten Personen. Dies gilt natürlich auch, wenn sich der Aufsichtsrat einem sehr dominanten Unternehmer gegenüber sieht. Dieser kann versucht sein, einen eher schwachen Aufsichtsrat zu bevorzugen. Hier kommt es sehr auf den Einfluss der übrigen Gesellschafter und einer auf den aktuellen Herausforderungen passende personelle Besetzung an. Dafür sollte er in seiner Struktur homogen sein und vor allem Vertreter mit unterschiedlichem Know-how-Hintergrund enthalten. Hierbei ist insbesondere an Experten zu denken, die eigene unternehmerische Erfahrungen bei der Lösung zu erwartender Herausforderungen einbringen können. Aufsichtsratsmitglieder müssen darüber hinaus über die erforderliche persönliche und soziale Kompetenz verfügen und in der Lage sein, dem Unternehmen auch zeitlich im erforderlichen Maß zur Verfügung zu stehen. Es versteht sich von selbst, dass Aufsichtsräte unabhängig und neutral sein müssen. Insofern scheiden als Mitglieder in Aufsichtsräten alle Personen grundsätzlich aus, die aufgrund von Geschäftsbeziehungen mit dem Unternehmen verbunden sind.
Fazit
Ein qualifiziert besetzter Aufsichtsrat ist auch für Familienunternehmen keine lästige Pflicht, sondern ein strategisches Instrument zur Sicherung der Unternehmenszukunft. Richtig eingesetzt hilft er das unternehmerische Vermögen zu erhalten und zu mehren. Viele Familienunternehmen wissen die Vorteile eines hochwertig besetzten Aufsichtsrats inzwischen zu schätzen. Die Kosten-Nutzen-Relation ist nämlich nicht zu toppen.
Zum Autor:
Dr. Klaus Weigel ist seit 2007 Geschäftsführender Gesellschafter der Board Xperts GmbH, Frankfurt am Main. Er war 25 Jahre für verschiedene Banken im Corporate-Finance- und Private-Equity-Geschäft in leitender Funktion und als Mitglied in Beiräten und Aufsichtsräten tätig. Die Board Xperts GmbH ist spezialisiert auf die Vermittlung qualifizierter Aufsichtsräte und Beiräte. Dr. Weigel ist zugleich Mitgründer und Vorstandsmitglied des Verbands Aufsichtsräte Mittelstand in Deutschland e.V. (ArMiD) und gehört seit vielen Jahren dem Unternehmerbeirat der Oskar-Patzelt-Stiftung an.
E-Mail: klaus.weigel@board-experts.de
Dr. Klaus Weigel ist Gastautor.