Die Diskussion um “New Work” hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Sie prägt zunehmend den Alltag von Unternehmern. Dieser Beitrag beleuchtet, wie die nächste Unternehmergeneration in Familienunternehmen – die sogenannte „NextGen“ – den Wandel zu New Work selbst lebt und welche Herausforderungen und Chancen sie sieht. Eines ist gewiss: NextGens wollen auch weiterhin Verantwortung übernehmen und diese ausbauen.
Stichprobe und Methodik
In der vorliegenden Analyse wurden zehn NextGens aus den Branchen Bauindustrie, produzierendes Gewerbe, Landwirtschaft und Handel befragt. Die Stichprobe umfasst kleine, mittlere und große Unternehmen. Die Altersgruppe der männlich und weiblich ausgewogen verteilten Teilnehmer bewegt sich zwischen 20 und 39 Jahren. Methodisch wurde gemäß der qualitativen Inhaltsangabe nach Mayring ausgewertet.
Zukunftsorientierung und Verantwortungswille bei NextGens
„Ich strebe nicht nur die Geschäftsführung an, ich würde gerne in die Fußstapfen meines Vaters treten“
Entgegen dem allgemein verbreiteten Klischee, wonach junge Menschen weniger Verantwortung im Beruf übernehmen wollen, zeigt sich bei den befragten NextGens eine klare Richtung: Sie wollen Verantwortung übernehmen und ihren Handlungsspielraum aktiv erweitern. Diese Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung spiegelt den starken Innovations- und Gestaltungsdrang wider, der die nächste Generation von Unternehmern antreibt. Vom Trainee bis zum kaufmännischen Leiter – in allen Branchen und Unternehmensgrößen – sehen die Befragten ihre aktuelle Rolle als Übergang und streben Positionen an, in denen sie entweder die alleinige oder gemeinschaftliche Geschäftsführung bzw. eine beratende Gesellschafterrolle übernehmen können. Der Wunsch nach Einfluss und Gestaltungskraft lässt erkennen, dass die NextGens bestrebt sind, Unternehmenswerte zu bewahren und gleichzeitig die Weichen für ein nachhaltiges Wachstum zu stellen.
Vereinbarkeit von New Work mit den Anforderungen eines Unternehmers
„Es muss vereinbar sein, denn es ist die Zukunft. Wenn ich diesen Weg nicht mitgehe, werde ich bald kein Unternehmer mehr sein.“
„Es ist schwierig, da ein Unternehmer eigentlich für die Mitarbeitenden präsent sein sollte, um für Fragen zur Verfügung zu stehen. Es ist schwer zu vermitteln, dass ich von zu Hause arbeiten kann, während sie jeden Tag hierherkommen müssen.“
Einerseits ermöglicht New Work essenzielle Freiheiten, um mehrere Engagements gleichzeitig – wie etwa Beiratstätigkeiten – gut zu managen. Diese Flexibilität ermöglicht eine effizientere Nutzung der Arbeitszeit, was insbesondere durch ortsunabhängiges Arbeiten unterstützt wird. Hierdurch kann die knappe Ressource Zeit in zukunftsträchtige Projekte investiert werden. Besonders für Unternehmer, die an mehreren Standorten arbeiten, ist New Work vorteilhaft, da sie sich so flexibel organisieren können, ohne den Kontakt zu den Angestellten zu verlieren.
Andererseits bleibt die Anwesenheit der NextGens, insbesondere in Branchen mit Blue-Collar-Mitarbeitern am Verwaltungsstandort, in denen Ortsgebundenheit obligatorisch ist, oft unverzichtbar. Hinzu kommen Bedenken bezüglich der Struktur- und Finanzierungsanforderungen, die diese neuen Arbeitsweisen mit sich bringen. Einige Unternehmer äußern Skepsis gegenüber dem New-Work-Trend, da sich Prioritäten und Arbeitsmentalität verändert haben. Auch wird der grundsätzliche Nutzen von einigen Unternehmen angezweifelt und die abnehmende Bindung zu den Angestellten kritisiert.
Die erfolgreiche Operationalisierung von New-Work-Ansätzen erfordert Offenheit und klare Kommunikation mit den Mitarbeitern. Gemäß den Aussagen der befragten NextGens trägt die transparente Kommunikation hinsichtlich der Erwartungen und Anforderungen sowie die gemeinsame Erarbeitung von Lösungen mit den Mitarbeitern zum langfristigen Erfolg bei. Auch die Akzeptanz der Belegschaft bezüglich der Einführung oder auch Nicht-Einführung von New-Work-Maßnahmen kann hierdurch verbessert werden.
Wie NextGens New Work leben
„Ich lebe New Work gar nicht, da ich noch dem klassischen Bild eines Geschäftsführers entspreche und ohnehin jeden Tag vor Ort bin. Unser Betrieb ist ortsgebunden und für mich sind flexible Arbeitszeitmodelle weniger relevant.“
NextGens leben New Work sehr unterschiedlich: Für viele ist Flexibilität, wie ortsunabhängiges Arbeiten und flexible Arbeitszeiten unverzichtbar. Verwaltungstätigkeiten wie Zahlungsabwicklungen oder Rechnungswesen werden oft digital und zeitunabhängig erledigt. Jüngere NextGens setzen diesbezüglich auch gezielt und in großem Umfang Künstliche-Intelligenz-Tools ein, um ihre Tätigkeiten zu optimieren. Andere wiederum leben New Work kaum oder gar nicht. Vor allem in produktionsnahen Bereichen bleibt die Anwesenheit im Unternehmen wichtig. Hier steht die physische Präsenz weiterhin im Mittelpunkt, während flexible Arbeitsmodelle weniger relevant sind.
Einschätzung der Bedeutung von New Work in Abhängigkeit vom Alter und Beschäftigungsdauer
Es zeigt sich, dass jüngere NextGen-Führungskräfte New Work als essenziell für die Unternehmensentwicklung erachten, während ältere NextGens in der Altersgruppe 30-39 Jahre den Ansatz skeptischer bewerten. So sind es insbesondere die unter 30-Jährigen, die betonen, dass New Work wichtige Aspekte für das Kerngeschäft bietet und vor allem Künstliche Intelligenz großes Potenzial zur Reduktion repetitiver Aufgaben hat.
Rahmenbedingungen und die Notwendigkeit innovativer Personalstrategien
Die Umsetzung von New-Work-Maßnahmen hängt auch von strukturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen ab. So mancher NextGen wäre bereit, flexiblere Arbeitszeitmodelle für Blue-Collar-Mitarbeiter zu ermöglichen, damit nicht nur White-Collar-Arbeitnehmer von New-Work-Maßnahmen profitieren. Um jedoch weiterhin profitabel wirtschaften zu können, etwa bei reduzierten Arbeitstagen, müsste die Gesamtarbeitszeit beibehalten werden, was eine Verdichtung der Stunden zur Folge hätte. In diesem Zusammenhang wäre eine Anpassung des Arbeitszeitgesetzes erforderlich. Dies könnte zum Beispiel durch eine Umstellung von der täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit erfolgen. Diese Flexibilisierung würde nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärken, sondern auch Arbeitnehmern mehr individuelle Gestaltungsfreiheit ermöglichen. Gleichzeitig könnten Teilzeitkräfte einfacher ihre Arbeitszeit erhöhen, wodurch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert würde. So könnte ungenutztes Potenzial am Arbeitsmarkt besser ausgeschöpft werden.
Fazit
Die Bewertung und Nutzung von New Work hängt stark vom Unternehmenskontext sowie dem individuellen Verständnis des New-Work-Konzepts durch den NextGen ab. Für NextGens ist es häufig ein Balanceakt zwischen den eigenen Anforderungen an Flexibilität und den traditionellen Werten ihres Familienunternehmens. Die jüngeren NextGens sehen in New Work großes Potenzial, Abläufe im Unternehmen effizienter zu gestalten und attraktive Arbeitsbedingungen für Fachkräfte zu bieten. Gleichzeitig könnten laut der NexGens durch rechtliche Anpassungen flexiblere Arbeitsweisen in gewerblichen Berufen etabliert werden und somit die Attraktivität von Tätigkeiten in Branchen mit erheblichem Fachkräftemangel gesteigert werden.