Wenn man im M&A-Beratungsgeschäft erfolgreich sein will, dann kann eigene Erfahrung bei der Übernahme einer Firma nicht schaden. Das dachte sich das Team von sonntag corporate finance und Nachfolgekontor. Von langer Hand vorbereitet führten Sie einen eigenen Management buy out (MBO) durch.
„Mit gutem Vorbild voran und Bewährtes zum Wohle der Mandanten weiterentwickeln“ war das Motto beim firmeninternen MBO der M&A-Beratungshäuser sonntag corporate finance GmbH und Nachfolgekontor GmbH. Thomas Sonntag verkaufte Anfang dieses Jahres seine Anteile und ein achtköpfiges Management-Team übernahm. „Wir wollen unsere sehr gute Marktposition in einem umkämpften Markt langfristig ausbauen und durch den frischen Wind im Zuge der Vergrößerung des Partnerkreises zusätzliche Potenziale heben“, sagt Patrick Seip einer der beiden Geschäftsführer. Wenn man den ganzen Tag ununterbrochen damit beschäftigt sei, mit Leidenschaft die Lebenswerke von mittelständischen Unternehmern durch den Verkauf zu sichern, dann sei es nur konsequent, wenn auch das eigene Unternehmen im Rahmen einer sorgfältigen Nachfolgeregelung an die nächste Generation übertragen wird.
Professionelle M&A-Beratung für den Mittelstand
Die sonntag corporate finance wurde bereits 2004 von Thomas Sonntag gegründet. Mit einem kleinen Team wurden mittelständische Unternehmen bei Fragen rund um Wachstumsfinanzierungen und Nachfolgelösungen beraten. Die Finanzkrise 08/09 abgeschüttelt, setzte sich das Wachstum ab 2011 stetig fort. Da die Beratungsmandate immer größer wurden, entschloss sich das Team 2014 zur Gründung einer zweiten Gesellschaft – der Nachfolgekontor GmbH – die sich kleineren Unternehmen widmen sollte.
20 M&A-Professionals
Die Erfolgsgeschichte setzt sich weiter fort und inzwischen arbeiten 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Team – davon 20 Deal-erfahrene M&A-Professionals. Im Schnitt sind sie aktuell alle 2 Wochen erfolgreich – Tendenz steigend. Der Sitz des Unternehmens wurde der erfolgreichen Entwicklung angepasst und um wenige Kilometer von Gießen in den modernen Leitz-Park nach Wetzlar verlegt. Den Standort in der vermeintlichen Provinz abseits der Finanzmetropolen sieht Seip als Vorteil: „Wir spielen mittlerweile seit Jahren in einer Liga mit renommierten Beratungshäusern aus Frankfurt, München oder Hamburg und ermöglichen unseren Mitarbeitern ihr privates Umfeld beizubehalten.“ Die Mitglieder des Teams hätten sich in der Vergangenheit aktiv für „Professionelles M&A made in Mittelhessen“ entschieden und fühlten sich hier deshalb auch besonders wohl.
Nach dem MBO gibt es acht Partner
Team ist das richtige Stichwort, denn es ist nicht gewöhnlich, dass bei einem MBO die Firmenanteile gleich auf acht Partner verteilt werden. „Wir nannten das Management Buy Out by Team. Die Übertragung der Firmen war gut geplant und es gab eine lange Vorbereitungszeit“, erinnert sich Seip. Bereits Jahre vor dem eigentlichen MBO hätten er und sein Kollege Julian Will immer mehr Verantwortung in den wachsenden Unternehmen erhalten – das sei eine kontinuierliche Entwicklung gewesen. Von vornherein hätten sie aber gemeinsame Ideen gehabt, um das Unternehmen weiter wachsen zu lassen. Thomas Sonntag hat sich bereits vor einigen Jahren aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und damit vorbildlich die Weichen für eine gelungene interne Nachfolgeregelung gestellt.
Früh ans Unternehmen gebunden
Insofern war es eine konsequente Entscheidung, dass beide den MBO federführend vorantrieben und mittlerweile Hauptgesellschafter sind. Neben Seip und Will stocken die Projektleiter Fabian Schmidt und Benedikt Pohlner ihre jeweiligen Anteile auf. Die Projektleiter David Weidmann, Niklas Poppelreuter, Sebastian Wissig und Sebastian Ringleb, ebenfalls seit Jahren im Beraterteam tätig, kommen als neue Gesellschafter mit an Bord. Darüber hinaus steigt der Immobilien-Projektentwickler Jochen Ahl als Investor ein und erweitert das Netzwerk.
Unter den acht Partnern gibt es inzwischen eine klare Aufgabenaufteilung und Definition der Verantwortlichkeiten. Das Management-Team ist recht jung, die meisten sind um die 30 Jahre alt. „Es war für alle von uns schon ein großer Schritt, dass wir uns langfristig an ein Unternehmen binden. Der Effekt war aber zugleich, dass wir uns alle zusammen für das gemeinsame Unternehmen engagieren und damit vom Erfolg profitieren“, sagt Seip.
Spitzenplatz in Deutschland erreicht
Und dieser Erfolg stellt sich weiterhin ein. „Wir kommen aus der Beratung und unser Ansatz ist es seit jeher, unnötig komplexe und aufgeblähte Prozesse aus dem Investmentbanking zu vereinfachen und auf den mittelständischen Unternehmer zuzuschneiden. Prozesse im Zuge einer Digitalisierungsstrategie effizienter zu gestalten und noch mehr Freiraum für die Beratungsaufgabe zu schaffen, ist für uns selbstverständlich. Unsere gute Stellung resultiert damit aus unserem Beratungs-Know-how kombiniert mit effizienten Prozessen und einem Höchstmaß an Diskretion durch das anonyme Bieterverfahren“, so Seip weiter. Gerade in Pandemiezeiten hätten Unternehmensverkäufe im kleinen und mittleren Segment einen zusätzlichen Schub erhalten. In diesem Jahr steht im renommierten „Refinitiv League Table“ für das Zielsegment bislang eine Platzierung unter den Top-5 zu Buche. Bricht man die Liste auf die tatsächlichen Prozessberater herunter, geht es sogar noch weiter nach vorne. Die hohe Zahl von Transaktionen in der Vergangenheit sorgte auch weiter für wachsende Bekanntheit im Markt. Hinzu kommen zahlreiche Empfehlungen von Steuerberatern und Anwälten. „Wir haben im Markt inzwischen eine gute Bekanntheit erzielt – auch international“, freut sich Seip.
Richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt
So lässt sich rückblickend sagen, dass der Team-MBO ein Erfolg für Nachfolgekontor und sonntag corporate finance gewesen ist. „Es ist sicher nicht leicht, den optimalen Zeitpunkt für einen Übergang zu finden. Der Inhaber muss bereit sein, loszulassen und gleichzeitig müssen die eigenen Manager bereit sein, den nächsten Schritt zu tun“, erklärt Seip. Dafür gebe es kein Patentrezept, denn es müsse immer wieder eine individuelle Lösung gefunden werden – beim Nachfolgekontor und der sonntag corporate finance wurde das erreicht.
„Viele Unternehmer sind verunsichert“
Unternehmeredition: Sie haben Ihren Fokus auf Firmen aus dem Mittelstand. Wie sehen hier Ihre Angebote aus?
Julian Will: Wir konzentrieren uns inzwischen auf deutschsprachige Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 2 – 100 Mio. EUR. Wir betreuen unsere Mandanten bei Unternehmensverkäufen, z.B. im Zuge der Nachfolgeregelung, Umsetzung von Akquisitionsstrategien sowie strategischen Kapital- und Finanzierungsmaßnahmen. Zu unseren Kunden auf der Verkäuferseite zählen größtenteils mittelständische Unternehmer, auf der Käuferseite begleiten wir Family Offices sowie Konzerne und wachstumsstarke Familienunternehmen bei der Erarbeitung und Umsetzung von Akquisitionsstrategien.
Unternehmeredition: Hat sich aus Ihrer Sicht die Corona-Krise auf die Investoren-Szene ausgewirkt?
Will: 2020 hat das gesamte Deal-Volumen von Transaktionen in Deutschland die bedeutende Grenze von 100 Mrd. EUR unterschritten. Das war zuletzt 2013 der Fall. Gleichzeitig stellen wir fest, dass die Krise ohnehin bestehende Trends wie Digitalisierung und Marktkonsolidierungen – bspw. im Einzelhandel – stark beschleunigt und sich Suchprofile der Investoren zum Teil deutlich ändern. Inzwischen genießen krisenresistente Branchen wie bspw. IT-Service Provider/Software-Entwickler, Life Science/Healthcare sowie generell digitale und skalierbare Geschäftsmodelle in unterschiedlichen Bereichen eine deutlich stärkere Nachfrage als vor Corona. Auch erhoffen sich Investoren bei gebeutelten Branchen bzw. Unternehmen mit Verkaufsdruck einen günstigen Einstieg. Weitere Nachwirkungen der Krise sind deutlich intensivere Unternehmensprüfungen und die Forderung von Investoren nach flexibleren Transaktionsstrukturen wie beispielsweise Verkäuferdarlehen, Rückbeteiligungen oder Earn-Out-Komponenten. Doch auch hier bestimmen Angebot und Nachfrage – nicht nur den Preis, sondern auch die Strukturierung der Transaktionen-.
Unternehmeredition: Und welche Anpassungen stellen sie auf der Seite der Verkäufer fest?
Will: Viele Unternehmer sind verunsichert und stellen den Nachfolgprozess vorerst um einige Monate zurück. Schließlich möchte der Unternehmer nicht auf Basis zweier nicht repräsentativer Geschäftsjahre veräußern. Andere Unternehmer zeigen sich unbeeindruckt oder sogar beflügelt in ihren Verkaufsabsichten – nach dem Motto: „So etwas mache ich nicht noch einmal mit, da soll sich der nächste drum kümmern“. Insgesamt erkennen wir den klaren Trend, dass Gründer und Inhaber immer früher den eigenen Nachfolgeprozess anstoßen. Seit Jahren sinkt das Durchschnittsalter unserer Mandanten. Es ist fast selbstverständlich geworden, dass sich die nächste Generation „frei entfaltet“ und nicht zwingend das alteingesessene Familienunternehmen übernimmt. Gleichzeitig erkennen wir wie Inhaber und Unternehmer ihr Privatleben und die Familie immer stärker und vor allem früher in den Lebensmittelpunkt rücken, insbesondere nach Erreichung der subjektiven finanziellen Sättigung. Der Vollverkauf ist dann nicht immer notwendig/gewünscht. Oft unterstützen wir auch bei der Suche nach kapitalstarken Partnern, um den nächsten Wachstumsschritt partnerschaftlich auf mehrere Schultern zu verteilen und um die verbleibenden Anteile weiter zu veredeln. Zudem gibt es immer mehr Unternehmen, die ihre Ideen unternehmerisch ausgründen und im Markt etablieren – mit der einzigen Absicht, es anschließend direkt wieder gewinnbringend zu veräußern. Mit dem Trend geht einher, dass sich die Unternehmer bereits viel früher, zum Teil 2-10 Jahre vor dem geplanten Ausstieg, mit der eigenen Nachfolge beschäftigen. Waren es vor wenigen Jahren noch unter 4% unserer Anfragen, interessieren sich mittlerweile über 15 % für unseren Bereich der Transaktionsvorbereitung vor dem eigentlichen Verkaufsprozess. Das Thema der eigenen Unternehmensnachfolge wird mehr und mehr enttabuisiert.
Kurzprofil Nachfolgekontor GmbH
Gründungsjahr: 2014
Branche: Unternehmensberatung
Unternehmenssitz: Wetzlar
Mitarbeiterzahl: 25
www.nachfolgekontor.de/
Dieser Beitrag erscheint in der Unternehmeredition 3/2021.
Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.