Schon seit vielen Jahren wird die Diskussion um die Mitarbeiterkapitalbeteiligung in erster Linie von der Politik und den Verbänden geführt. Dies ist natürlich wichtig, weil die Attraktivität derartiger Programme maßgeblich von den rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen abhängt, die nun einmal vom Gesetzgeber vorgegeben werden. Die Sichtweisen der Unternehmen und der Beschäftigten sind aber mindestens genauso wichtig, weil sie es schließlich sind, die Mitarbeiterbeteiligung praktizieren sollen.
Eine aktuelle Umfrage von Allianz Global Investors unter mehr als 1.000 Bürgern zeigt, dass die Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Deutschland eine Mehrheit hat. Während sich knapp 23% (2021: 19%) uneingeschränkt vorstellen können, sich an ihrem Unternehmen zu beteiligen, würden dies weitere knapp 31% (2021: 25%) mit einer steuerlichen Vergünstigung tun. Wie die Auswertung der Umfrage zeigt, ist die Bereitschaft zur Kapitalbeteiligung damit gegenüber der vorangegangenen Umfrage von 2021 noch einmal gestiegen. Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass die steuerlichen Rahmenbedingungen mit der Erhöhung des Freibetrags auf 1.440 EUR verbessert wurden.
“Es zeigt sich auch”, so Hans-Jörg Naumer von Allianz Global Investors, “dass die Mitarbeiterkapitalbeteiligung ein Katalysator für die Aktienbeteiligung insgesamt sein kann, denn sie hat deutlich mehr Interessenten, als es Aktionäre in Deutschland gibt.” Gemäß den Zahlen des Deutschen Aktieninstituts besaßen 2021 knapp 12,1 Millionen Menschen in Deutschland Aktien, Aktienfonds oder ETFs auf Aktien. Das ist zwar der dritthöchste Stand seit 1997, allerdings hat immer noch nur jeder sechste Bürger über 14 Jahre in irgendeiner Form Aktien. “Der Weg zu einer Aktienkultur ist also noch weit”, so Naumer. Die Umfrage zeigt weiterhin, dass die jüngeren Beschäftigten – und damit die am wenigsten rentennahen Jahrgänge – das stärkste Interesse daran haben, sich an den Unternehmen zu beteiligen, bei denen sie auch arbeiten. Ähnliches gilt auch für die jungen oder jüngeren Unternehmen, bei denen Beteiligungsprogramme ein nahezu unverzichtbarer Baustein der Unternehmenskultur sind.
Welche Erfahrungen machen die Unternehmen mit Beteiligungsprogrammen?
Diese Frage war Gegenstand einer Umfrage des Deutschen Aktieninstituts und des Bundesverbands Mitarbeiterbeteiligung – AGP im Sommer 2022. Fast alle befragten Unternehmen betonen, dass die Mitarbeiterkapitalbeteiligung die Attraktivität als Arbeitgeber erhöht (96%). Von rund vier Fünfteln aller Umfrageteilnehmer werden die Aspekte Zufriedenheit, Motivation und unternehmerisches Denken der Mitarbeiter genannt, die von einem Beteiligungsprogramm positiv beeinflusst werden können. Genauso viele Umfrageteilnehmer betonen, dass die Einführung der Teilhabe am Produktivkapital Teil der eigenen Unternehmenskultur ist. Die Hälfte der Umfrageteilnehmer gibt an, dass die Mitarbeiterkapitalbeteiligung die Fluktuation im Unternehmen senkt.
Welche Rolle spielt der Freibetrag?
Die Erhöhung des Freibetrags zum 1. Juli 2021 wird ausnahmslos positiv bewertet: Fast die Hälfte (47%) der befragten Unternehmen gab an, dass sie in ihren Beteiligungsprogrammen den erhöhten Freibetrag bereits jetzt vollständig ausschöpft. Bei künftigen Beteiligungsangeboten wollen sogar 55% der Unternehmen den Betrag von 1.440 EUR komplett nutzen. 51% der Befragten sprechen sich zudem für eine weitere Erhöhung des Freibetrags aus. Der Steuerfreibetrag leistet einen wesentlichen Beitrag dazu, dass Unternehmen attraktiver werden und dass sich die Motivation, die Zufriedenheit und das unternehmerische Denken der Mitarbeiter erhöhen.
Was ist zu tun?
Der Vorschlag in den Eckpunkten des Zukunftsfinanzierungsgesetzes, den Steuerfreibetrag auf 5.000 EUR anzuheben, erkennt also die Zeichen der Zeit und ist geeignet, der Mitarbeiterkapitalbeteiligung einen weiteren Schub zu verleihen. Dies würde auch die Aktienkultur und die Vermögensbildung in Deutschland nicht zuletzt im Hinblick auf die Altersvorsorge deutlich befördern.
Dr. Heinrich Beyer
Dr. Heinrich Beyerist seit 2006 Geschäftsführer des Bundesverbands Mitarbeiterbeteiligung – AGP in Kassel. Er ist zusammen mit Hans-Jörg Naumer Herausgeber des Bandes „CSR und Mitarbeiterbeteiligung“.