Die DPE Deutsche Private Equity hat Ende September einen Continuation Fund, den DPE CF I, aufgelegt. Der Fund investiert in die Unternehmen Eraneos und valantic, zwei Beteiligungen des von DPE gemanagten Fonds DPE Fund III aus 2017 und 2019. Wir sprachen mit dem geschäftsführenden Gesellschafter und DPE-Mitbegründer Volker Hichert über die Hintergründe.
Unternehmeredition: Herr Hichert, im August hatten wir uns bereits über das Thema Continuation Funds (CF) unterhalten. Sie bezeichneten die Entwicklung damals als einen starken Trend. Nun hat DPE selbst einen solchen Fund aufgelegt. Wie zufrieden sind Sie damit und planen Sie eine Serie?
Volker Hichert: Wir sind mit dem bisherigen Verlauf und mit den Investoren, die wir bis jetzt gewinnen konnten, sehr zufrieden. Insofern würden wir jederzeit, wenn wir geeignete Assets haben, wieder über die Einrichtung eines Continuation Funds nachdenken.
Was waren die ausschlaggebenden Gründe dafür, diesen Fund aufzulegen?
Es gab zwei wichtige Gründe. Der erste war, dass das ganze Thema IT und IT Services durch den Erfolg dieser Unternehmen, die an sich schon zu den größeren Unternehmen im Portfolio des Fonds III gehörten, und durch die Wachstumsstrategie – vor allem durch externe Zukäufe – einen sehr hohen Wertanteil in unserem Fund III bekommen hat. Wir müssen natürlich immer auch auf unsere Portfoliostrukturierung achten. Es gab dort ein Konzentrationsthema, die Befürchtung, dass der Fund ein Übergewicht des IT-Sektors aufweist und damit unbalanciert wird.
Punkt zwei: Die Unternehmen sind beide an ihre Grenze gekommen, was den Umfang ihres Eigenkapitals anging. Wir hatten ja bei beiden schon Syndizierungspartner drin, sahen aber trotzdem hinsichtlich unserer Eigenkapitalmöglichkeiten für die Wachstumsstrategien der Unternehmen das Ende nahen. Wir standen vor der Situation, dass gute Akquisitionen getätigt werden sollen, wir aber das Eigenkapital dafür nicht mehr bereitstellen können.
Warum fiel die Wahl auf die Unternehmen Eraneos und valantic?
Sowohl Eraneos als auch valantic sind beide sowohl intern organisch als auch extern akquisitionsgetrieben schnell wachsende Unternehmen. Eraneos hat einen Schwerpunkt im Bereich strategisches IT-Consulting und valantic hat einen stärkeren Schwerpunkt im Bereich Implementierung. Wir sahen innerhalb des Fund III die maximale Größe an Eigenkapitalinvestment auf beide Unternehmen zukommen und konnten ihnen durch den Continuation Fund nochmal knapp das Doppelte an Eigenkapital zur Verfügung stellen. Damit haben sich die Investitionsmöglichkeiten insgesamt fast verdreifacht. Das war der entscheidende Punkt. Beide haben in Deutschland und den europäischen Nachbarländern sehr erfolgreich akquiriert und wollen jetzt noch viel stärker internationalisieren. Das sind herausragende Managementteams, die im Rahmen ihrer Akquisitionsstrategien zusammen über 20 Akquisitionen getätigt, sich dabei kaum einen Fehler geleistet und sehr gute Integrationsarbeit geleistet haben. Insofern wäre es schade gewesen, wenn wir die Unternehmen hätten verkaufen müssen, weil nach unserem Eindruck auch die Managementteams sehr gerne mit uns arbeiten und wir ein eingespieltes Team sind.
Ein Verkauf wäre als Alternative also nicht attraktiv gewesen?
Es gab zuvor ein paar Verkaufsgespräche, unter anderem auch deshalb, weil wir die Marktüblichkeit des Verkaufspreises belegen mussten. Unsere Aufgabe ist ja im Prinzip, unseren Kunden lukrative Investitionsmöglichkeiten zu erschließen und nicht, diese an andere Investoren zu verkaufen.
Es handelt sich um eine Win-win-win-Situation, in der das Unternehmen profitiert, weil man Kontinuität auf der Eigentümerseite hat, wir profitieren, weil wir mehr Assets unter Management haben und unser Geschäft weiter wachsen kann, und unsere Investoren profitieren, weil sie zwei herausragende Unternehmen weiter in ihrem Portfolio halten können.
Gibt es jetzt nicht Probleme, weil dem Fund III wichtige Assets rausgeschnitten wurden?
Wir haben das Vorhaben den Investoren in Fund III vorgestellt und die sind mit dem bisherigen Investitionsergebnis außerordentlich zufrieden. Das ist ein sehr guter Multiple geworden für den Fund, und es gab überhaupt keine Beschwerden, weil ja jeder einzelne der Investoren entscheiden konnte, ob er sich an dem Folgevehikel beteiligen oder ob er lieber das Geld nehmen möchte.
Aber das ist schon ein wichtiger Punkt. In letzter Zeit gab es in der Presse aus Limited-Partner-Kreisen gelegentlich Kritik an diesem Modell. Es war von der Gefahr eines Schneeballmodells die Rede, in dem diese Assets immer nur weiter zu immer höheren Bewertungen von einem Vehikel ins nächste gerollt werden. Also da kann ich wirklich schwer folgen – jeder beteiligte Investor kann zum Transaktionszeitpunkt verkaufen und wird auch zweifelsfrei sein Geld bekommen. Mit dem neu eingeworbenen Geld werden echte Assets zu echten Marktpreisen erworben nach einer professionellen Due Diligence. Das hat mit einem Ponzi-Schema nun wirklich nichts zu tun.
Wie viel Geld wurde mit dem neuen Fund eingesammelt?
Die Gesamttransaktion hatte einen Wert von etwa 1,3 Mrd. EUR, im Continuation Fund gab es ein hohes Reinvestment der beteiligten Manager, die überzeugt von dem sind, was sie da tun, und quasi alles wieder investiert haben, was sie aus der Transaktion bekommen hätten, das sind sehr hohe Beträge. Es gibt natürlich einen Anteil Schuldenfinanzierung und deswegen blieben dann für den Continuation Fund etwa 710 Mio. EUR übrig.
Wie viele solcher Funds gibt es und wo konzentrieren sie sich?
Die Zahlen sind besonders im angloamerikanischen Raum sehr hoch. Pro Jahr wird ein zwei- oder dreistelliger Milliardenbetrag auf diese Art und Weise investiert. Das läuft im angloamerikanischen Raum auch unter der Bezeichnung GP-led Secondary. Mein klarer Eindruck ist, dass das ein Trend ist, der sich beschleunigt und dass die Beträge mittlerweile sehr hoch sind.
Wir hinken in Deutschland also wieder traditionell hinterher?
Das ist einfach so. Es gibt im angloamerikanischen Raum deutlich mehr Marktteilnehmer. Es gibt viel mehr GPs und viel mehr LPs und die Beträge sind deutlich höher, weil die Pensionssysteme anders sind. Unsere Bürger müssen mit einer negativen Investitionsrendite im Rentenbereich leben. Im angloamerikanischen Raum wird es bevorzugt, eine positive Rendite auf die eigene Renteneinzahlung zu bekommen und das funktioniert über ein privatwirtschaftliches System. Die Beträge in diesen privaten Pensionssystemen oder halbstaatlichen Systemen sind sehr hoch.
Wie lange hat die Vorbereitung gedauert?
Es hat fast zwölf Monate gedauert, weil die Umsetzung technisch sehr aufwändig war. Die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, war recht kompliziert. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass wir es zum ersten Mal gemacht haben und dass es in Deutschland noch kein Standardprozedere ist. Hinzu kommt, dass die Assets zum Großteil international waren. Das führte zu langen Genehmigungs-, Aufsichts- und Kartellrechtsprozessen.
Glauben Sie, dass sich in Deutschland noch etwas tut, damit die Umsetzung leichter wird?
Wir werden uns sicherlich leichter tun, wenn sich bei uns erst einmal Routine eingeschlichen hat. Tatsache ist, dass die regulatorischen Rahmenbedingungen gerade auch in unserer Branche in den letzten Jahren immer aufwendiger geworden sind.
Woran liegt das?
Infolge der damaligen Finanzkrise wurde vor allem Richtung Banken und Finanzinstitute eine neue Aufsichts- und Bürokratisierungsflut gestartet. Leider ist es dem Gesetzgeber nicht gelungen, zwischen alternativen Investmentmanagern zu differenzieren. Private Equity Fonds werden beispielsweise wie Hedge Fonds behandelt, was natürlich gar keinen Sinn macht. Hinzu kommt: Je größer und anspruchsvoller die Transaktion, umso mehr schlägt die Regulierung zu.
Hat sich die aktuell unsichere Marktlage auf den Verhandlungsprozess ausgewirkt?
Das haben wir natürlich gespürt. Die relevanten Märkte für die Bewertung dieser Assets sind seit Januar, als wir in die Investorendiskussion eingestiegen sind, zwischen 20 und 30% zurückgegangen. Und natürlich hat das die Diskussion mit den Investoren über die richtige Wertfindung verlängert.
Wurden die Preise dadurch nach unten gedrückt?
Da sind ja gegenläufige Effekte am Werk. Auf der einen Seite entwickeln sich die Unternehmen weiter und werden inhärent wertvoller, auf der anderen Seite sinken die Multiples im Markt, und dann muss man das zusammen mit den Investoren bewerten. Tatsächlich blieb der Wert im Zuge der Diskussion konstant. So positiv wie die Unternehmen sich entwickeln, bestand keine Notwendigkeit, das Preisniveau zu senken. Aber natürlich gab es diese Diskussion und natürlich gab es Investoren, die die Höhe des Preises nicht akzeptieren wollten und nicht mitgegangen sind.
Wie viele der Altinvestoren sind denn mitgegangen?
Es sind eine ganze Reihe von Altinvestoren mitgegangen. Wenn man die wirtschaftlichen Einheiten anschaut, haben zwar alle zunächst verkauft. Es haben dann allerdings eine ganze Reihe aus neuen Töpfen reinvestiert.
Gibt es bei Ihnen schon Lessons Learned? Was empfehlen Sie anderen, die einen CF auflegen wollen?
Was uns geholfen hat und wodurch wir es auch kommunikativ mit unseren Investoren gut hinbekommen haben, ist, dass es tatsächlich aus den Assets heraus einen wirtschaftlichen Grund dafür gab. Wenn die Investoren das Gefühl bekommen, dass man das nur macht, um immer mehr Assets zu akkumulieren und zu verhindern, dass echte Verkäufe generiert werden, dann steigen die Ressentiments. Aber hier war es faktisch so, dass dieser Schritt für die Unternehmen das Beste und für die Begleitung einer weiteren Wachstumsgeschichte quasi unerlässlich war. Und mit dieser „sauberen“ wirtschaftlichen Logik waren die Investoren gut zu überzeugen.
Wie sehen Ihre weiteren Wachstumspläne für die beiden Unternehmen aus?
Der Continuation Fund zerfällt in zwei Teile, einen, der die Unternehmen in Cash bezahlt hat, und einen zweiten mit sogenanntem Dry Powder, also Investitionscommitments, die die Investoren abgegeben haben, um die Wachstumsstrategie weiter zu unterstützen. Daher kommen die frischen Investitionsmittel für die Unternehmen. Es war ja von Anfang an unser Ansatz zu sagen: Es reicht nicht, wenn der Continuation Fund kauft, sondern er muss auch Geld für das weitere Wachstum bereitstellen. Und die Unternehmen machen nun genau das weiter, was sie die letzten drei bis vier Jahre mit uns gemeinsam gemacht haben, nämlich Unternehmen zum Kauf zu identifizieren und dann zu integrieren und das Ganze jetzt auf einer stärkeren europäischen Basis und mit „größeren Tickets“.
Eraneos ist ja ein Unternehmen, das wir in der Schweiz gekauft haben mit einer starken Marktstellung in der Schweiz, wo von Anfang an das Investitionsziel war, das Investitionsmodell mindestens in den deutschen Raum auszubreiten. Mittlerweile hat es zwei sehr erfolgreiche Akquisitionen im deutschen Raum gegeben, und eine im Raum Benelux, und darauf soll nun aufgebaut werden. Insbesondere der Marktanteil in Deutschland soll weiter ausgebaut werden. Deutschland hat ja gegenüber der Schweiz ungefähr den Marktfaktor 10. Wenn die Eraneos Gruppe in Deutschland die Marktbedeutung erlangen möchte, die sie in der Schweiz hat, ist das Investitionsfeld quasi endlos.
Valantic ist bereits europäischer, das Unternehmen ist ja weniger ein Strategieberater und mehr ein Implementierungshaus, vor allem im SAP-Umfeld, aber auch darüber hinaus im Bereich Customer Relationship. Das Unternehmen verfügt ausgehend von Deutschland bereits über eine starke Marktstellung in Zentraleuropa. Diese Position soll sowohl in den einzelnen Ländern, als auch paneuropäisch ausgebaut werden.
Wie geht es dann weiter?
In drei bis vier Jahren wird das Geld der Investoren aufgebraucht und die Unternehmen werden zwei oder dreimal so groß sein wie heute und dann wird die nächste Finanzierungsüberlegung anstehen, weil das Feld dieser Unternehmen groß genug ist, um sehr lange zusammenzuarbeiten.
Das heißt natürlich nicht, dass das unser konkreter Plan ist, aber es kann sich sehr gut in drei bis vier Jahren eine ähnliche Situation wie heute ergeben und es könnte sein, dass wir dann wieder die Eigenkapitalseite mit einem neuen Fund umfinanzieren. Es kann aber auch sein, dass wir die Unternehmen verkaufen. Da sind wir noch nicht festgelegt.
Herr Hichert, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch.
ZUR PERSON
Volker Hichert ist geschäftsführender Gesellschafter und Mitbegründer der DPE Deutsche Private Equity. Die DPE setzt in ihrem Portfolio auf mittelständische Unternehmen mit starker Marktpositionierung und großem Wachstumspotenzial. Der Fokus liegt auf Firmen aus der DACH-Region mit einem Unternehmenswert zwischen 20 Mio. und 200 Mio. EUR.
Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.