„Minderheiten werden wieder stark nachgefragt“

Interview mit Goetz Hertz-Eichenrode, Sprecher der Geschäftsführung, Hannover Finanz GmbH

Beteiligungsgesellschaft Hannover Finanz: Branchenoffener Evergreen-Investor mit spezialisierter Sanierungseinheit.
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Die Beteiligungsgesellschaft Hannover Finanz ist ein branchenoffener Evergreen-Investor. Für Sanierungen wurde zuletzt eine eigene Geschäftseinheit gegründet.

Unternehmeredition: Welche Unternehmen eignen sich aus Ihrer Sicht besonders für Investments?

Goetz Hertz-Eichenrode: Es muss einen plausiblen Investitionsanlass geben – sei es eine Wachstumsfinanzierung, eine Refinanzierung oder eine Nachfolge. Wichtig ist für uns ein Management, das mit uns gemeinsam an einer Strategie arbeitet, wie man das Unternehmen voranbringen kann. Und wenn man dann tiefer in das Geschäftsmodell hineinschaut, dann sollte das Unternehmen in einem wachsenden Markt unterwegs sein, es sollte möglichst starke Differenzierungsmerkmale aufweisen, möglichst wenig zyklisch in den Endmärkten sein und über starke Kundenbeziehungen verfügen.

Gibt es denn genügend Unternehmen auf dem Markt, die diese Anforderungen erfüllen?

Wir haben immer wieder spannende Beteiligungsprojekte. Es gibt aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage zahlreiche Unternehmen mit Problemen. Einige davon sind für uns, aber auch für unsere Wettbewerber interessant. Aber es gibt auch solche Unternehmen, die einen gravierenden Makel haben und deswegen weder für andere Beteiligungsgesellschaften noch für Banken interessant sind. Mit diesen Unternehmen beschäftigen wir uns auch. Gerade in Zeiten wie diesen ist es eine große Chance für Gesellschaften, die sich nicht nur den Mainstream anschauen. Wir waren immer wieder erfolgreich beim Unterstützen solcher Unternehmen.

Sie haben dafür sogar einen eigenen Bereich gegründet?

Richtig. Wir haben die HF Opportunities gegründet. Da beschäftigen wir uns nur mit Unternehmen in Umbruchsituationen. Es geht um Unternehmen, bei denen vergangene  Fehlentscheidungen zu einer Schwächung der Profitabilität oder sogar zu leichten Verlusten geführt haben. Das Geschäftsmodell ist aber zukunftsfähig und die Fehler sind leicht zu korrigieren. Diese Unternehmen wollen wir in dem neuen Geschäftsbereich unterstützen. Dafür haben wir ein neues, erfahrenes Team aufgebaut.

Die HF Opportunities wird im ersten Schritt über unsere Evergreen-Fonds investieren – mit dem Ziel, mittelfristig ein eigenes Vehikel aufzubauen, aus dem sie investiert. Auch hier verfolgen wir einen langfristigen Ansatz. Im Gegensatz zu vielen klassischen Sanierungsfonds haben wir einen transformatorischen Ansatz. Wir wollen das Unternehmen nicht nur kurzfristig gesund dastehen lassen, sondern wir wollen es auch nachhaltig und längerfristig begleiten.

Wie hat sich die Eigenkapitalsituation im Mittelstand entwickelt?

Das hängt jeweils von den Geschäftsmodellen ab, aber insbesondere im industriellen Bereich und auch im Bereich Konsumgüter hat sich das Eigenkapital in den letzten Jahren durch die multiplen Krisen reduziert oder wurde zumindest nicht mehr aufgebaut. Damit hat sich die Finanzierungskapazität insgesamt verringert. Es kommt hinzu, dass Banken immer zurückhaltender in der Unternehmensfinanzierung werden. Wenn man dann aber doch eine Finanzierung bekommt, geht sie einher mit einer hohen Zinsbelastung.

Wo drückt der Schuh die Unternehmen derzeit am meisten?

Die drängendste Frage ist zumeist, wie man sein Unternehmen weiter durchfinanzieren kann. Es gibt immer mehr Unwägbarkeiten. Mal ist es die Inflation, mal sind es die Lieferketten oder Corona. Die sprichwörtliche „Handbreit Wasser unterm Kiel“ fehlt vielen Unternehmen mittlerweile. Die Manövriermasse wird immer kleiner. Es geht ja nicht nur darum, aktuelle Brände zu löschen, sondern man muss auch die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens aufrechterhalten. Man muss also investieren. Das gelingt einigen nicht mehr. Hinzu kommt, dass viele Unternehmer wegen der Vielzahl der Probleme nicht mehr allein weitermachen wollen. Sie suchen deshalb einen kapitalkräftigen Partner mit Know-how, um mit ihm das Unternehmen zu stabilisieren und weiterzuentwickeln.

Sie zielen immer auf die Mehrheit?

Als Hannover Finanz machen wir sowohl Minderheits- als auch Mehrheitsbeteiligungen. Die Nachfrage nach Minderheitsbeteiligungen steigt seit zwei Jahren sogar wieder stark an. Als die Zinsen noch niedrig waren und sich die Unternehmen gut durch Kredite finanzieren konnten, war dieses Geschäftsfeld für uns kaum mehr existent. Jetzt aber kommen immer mehr Anfragen für Minderheiten, gepaart mit dem Wunsch, damit auch einen Sparringspartner zu bekommen – damit man als Alleingesellschafter und Geschäftsführer nicht alles mit sich selbst austragen muss.

Welche Auswirkungen hätte eine Zinssenkung auf Ihre Unternehmen und Ihr Geschäft?

Für die Gesamtbeteiligungsbranche sind sinkende Zinsen durchaus wiederbelebend. Für Unternehmen, denen es nicht so gut geht, wird das aber aktuell auch keine großen Unterschiede mehr machen, ob sie zwei Prozentpunkte mehr oder weniger zahlen müssen. Sie haben eher das grundsätzliche Problem, dass viele Banken heutzutage sehr risikoavers in der Finanzierung bestimmter Geschäftsmodelle sind. Aber grundsätzlich sind niedrigere Zinsen schon eine Entlastung, sowohl für die Unternehmen als auch für unsere Branche.

Wir danken Ihnen für das interessante Gespräch!


ZUR PERSON

Beteiligungsgesellschaft Hannover Finanz: Branchenoffener Evergreen-Investor mit spezialisierter Sanierungseinheit.

Goetz Hertz-Eichenrode,

Sprecher der Geschäftsführung,

Hannover Finanz GmbH

ghertz@hannoverfinanz.de

 

 

Dieses Interview erscheint in der nächsten Ausgabe des Spezials “Investoren im Mittelstand”.

Autorenprofil
Bärbel Brockmann

Bärbel Brockmann ist eine freie Wirtschaftsjournalistin, die schwerpunktmäßig über Finanz-, Energie- und Immobilienthemen schreibt. Die frühere Leiterin des Düsseldorfer Korrenspondentenbüros der Nachrichtenagentur Reuters begann ihre berufliche Karriere bei einer großen Regionalzeitung.

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