Angst vor „Heuschrecken“ unbegründet
Die aktuellen Zahlen täuschen ein wenig darüber hinweg, dass der deutsche Mittelstand dem Beteiligungskapital noch immer skeptisch gegenübersteht. Vorbehalte haben die Unternehmer nicht nur vor unangemessen hohen Renditeerwartungen, sondern auch vor eventuellen Mitspracheansprüchen bei unternehmerischen Entscheidungen sowie vor einer allzu kurzfristigen Perspektive der Investoren. Bei vielen dominiert noch das Negativimage von Finanzinvestoren als „Heuschrecken“, die um jeden Preis den Unternehmensgewinn maximieren wollen, um die eigene Rendite zu steigern. Dieses vorgefasste Bild jedoch erlaubt keine differenzierte Betrachtung der unterschiedlichen Marktteilnehmer und greift daher zu kurz. Sieht man sich die Bandbreite der in Deutschland aktiven Beteiligungsgesellschaften an, so wird deutlich: Klassische Private-Equity-Gesellschaften mit oftmals angloamerikanischem Hintergrund streben Mehrheitsbeteiligungen bis hin zu Komplettübernahmen an. Um die überdurchschnittlichen Renditeerwartungen ihrer institutionellen Kapitalgeber zu erreichen, wird mit kürzeren Haltedauern, starker Einflussnahme auf die Geschäftsleitung sowie hohen Transaktionsvolumina gearbeitet. Die Gegenfinanzierung des Kaufpreises spielt in der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung der Transaktion eine erhebliche Rolle und hat somit unmittelbare Auswirkungen auf den zu leistenden Kapitaldienst des Zielunternehmens.
Anders jedoch die Beteiligungsgesellschaften mit Fokus auf Minderheitsbeteiligungen: Auch sie arbeiten renditeorientiert, aber nicht renditemaximierend. Ausschüttungen werden so gestaltet, dass Unternehmenssubstanz und Investitionspotenzial erhalten bleiben. Wichtigstes Ziel ist es hier, die nachhaltige Entwicklung des Unternehmens zu fördern und Wachstum zu ermöglichen. Studienergebnisse einer renommierten Unternehmensberatung belegen, dass Investoren bei Minderheitsbeteiligungen in der Regel eine Mindestbeteiligungsdauer von drei Jahren anstreben. Im Schnitt liegt die Dauer einer Unternehmensbeteiligung bei fünf bis sechs Jahren. Sie kann aber auch eine Zeitspanne von über zehn Jahren umfassen. Darüber hinaus ergab die Studie, dass die Größe eines Unternehmens mit der durchschnittlichen Haltedauer korreliert: Je kleiner ein Unternehmen war, desto höher fiel die Beteiligungsdauer aus.
Immer mehr Family Offices suchen nach Beteiligungen
Neben Beteiligungsgesellschaften investieren zunehmend auch sogenannte Family Offices in den Mittelstand. Ihre Aufgabe besteht in der Vermögensverwaltung für eine oder mehrere solvente Familien. Aufgrund der schwindenden Attraktivität der Finanzmärkte und des gestiegenen Preisniveaus im Immobilienmarkt investieren vermögende Familien verstärkt in den Kauf von Unternehmen. Die Finanzierung erfolgt meist aus Barmitteln. Da kein Exit-Druck vorhanden ist, ist die Haltedauer nicht vorgegeben. Nicht selten stehen hinter diesen Family Offices ehemalige Unternehmer, die ihr Vermögen durch den Verkauf des eigenen Unternehmens erworben haben. Diese Investoren fördern gerne mit Rat und Netzwerk die Entwicklung der Beteiligungsunternehmen. Selten jedoch interessieren sie sich für eine Einbindung in operative Tätigkeiten. Die positiven Aspekte einer Beteiligung werden oft unterschätzt: Erfolgt die Investition beispielsweise im Rahmen einer Kapitalerhöhung, kann die Liquidität gestärkt und die Eigenkapitalquote des Unternehmens erhöht werden.