Kai Wiesinger ist als Schauspieler und Regisseur bekannt, jetzt macht er sich auch als Autor einen Namen. In seinem Werk nimmt sich der mehrfache Familienvater das Thema Familie und Paarleben vor.
Unternehmeredition: Herr Wiesinger, Sie sind ein bekannter deutscher Schauspieler. Spielten Prominenz und Erfolg eine Rolle bei Ihrer Berufswahl?
Kai Wiesinger: Als ich mich entschloss, Schauspieler zu werden, kam das Wort Prominenz gar nicht vor. Ich wollte spielen, Menschen Geschichten erzählen, weswegen sie sich in einem anderen Lichte sehen oder ihren Horizont erweitern. Heutzutage habe ich den Eindruck, dass es vielen Menschen darum geht bekannt zu sein. Das war aber nie mein Ziel.
Sie waren im Laufe Ihrer Karriere schon in sehr unterschiedlichen Rollen zu sehen, auf der Bühne, im Kino und in Fernsehfilmen und -serien, darunter als Serienmörder, Pianist, Staranwalt, Bundespräsident. Welcher Auftritt war für Sie der bedeutendste?
Ich hatte das Glück in wirklich tollen Filmen spielen zu können. Natürlich war „Kleine Haie“ als der erste Film für mich sehr wichtig, genauso wie „14 Tage lebenslänglich“, ein Film, der mir geholfen hat, mich von der Komödie hin zu einem Charakterdarsteller zu entwickeln. Dadurch, dass ich mich die letzten sieben Jahre als Regisseur um meine eigene Serie „Der Lack ist ab“ gekümmert habe, ist wohl der Eindruck entstanden, ich würde nur noch meine eigenen Sachen machen wollen. Es würde mich jedoch sehr freuen, wenn ich mal wieder eine interessante Rolle angeboten bekäme und ich mir nicht alles selbst ausdenken müsste.
Was wäre denn Ihre Wunschrolle?
Das ist für jemanden, der Filme macht, gar nicht so leicht zu sagen. Es kommen immer wieder völlig neue Rollen zum Vorschein. Ich hätte beispielsweise nicht geahnt, dass ich mal Christian Wulff spielen würde. Ich habe sehr großen Spaß an Komödie. Gerade in diesen schwierigen Zeiten ist es besonders wichtig, mit niveauvoller Unterhaltung die Zuschauer zum Lachen zu bringen. Ich habe mich ehrlich gesagt lange gesträubt, den Serienmörder im Tatort zu spielen und habe es letztlich doch gemacht, weil es mir interessant erschien, die dahinterliegende psychologische Schädigung zu ergründen. Die Darstellung von Leid ist an sich nicht meins.
Sie haben gerade Ihr zweites Buch veröffentlicht: „Liebe ist das, was den ganzen Scheiß zusammenhält“. Was hat Sie dazu bewogen?
Mein erstes Buch „Der Lack ist ab“, das sich als Ratgeber auf sehr lustige Weise mit Themen des körperlichen Verfalls auseinandersetzt, lief so erfolgreich, dass mir der Fischer Verlag anbot zu schreiben, was ich will. Ich wollte dann etwas entwickeln, das kein Ratgeber ist und nicht nur meine Sicht der Dinge darstellt. Ich fand es spannend, aus einer 20 Jahre langen Erfahrung anhand von Momentaufnahmen eines fiktiven Paares, von der Geburt des ersten Kindes bis zum Auszug des zweiten Kindes, kleine Glanzlichter des Familienlebens hervorzuheben und die Fragen zu beleuchten, wie sich das Verhältnis und die Liebe dieses Paares ändert und es ihnen gelingt, weiterhin als Paar zusammenzuleben.
Was waren für Sie die bewegendsten Momente?
Natürlich gibt es immer diese Schlüsselmomente, das Kind dreht sich zum ersten Mal um, sagt zum ersten Mal Papa, der erste Schultag, das Abitur, der Führerschein, der Auszug in die eigene Wohnung… Aber natürlich hofft man als Paar auch wieder auf ein paar gemeinsame Stunden, wo einem niemand am Bein hängt oder noch etwas von einem braucht. Das Thema des Buches ist, wie man es schafft, sich diese Momente zu ermöglichen, damit man als Paar nicht untergeht und sich gegenseitig nicht nur als Eltern wahrnimmt, sondern genau das bestehen bleibt, weswegen es die Kinder überhaupt gegeben hat, nämlich die Liebe als Paar.
Können sie uns dafür ein Beispiel aus dem Buch geben?
Ein Kapitel finde ich sehr schön, in dem das Paar nach langer Zeit erstmals für drei Tage allein in den Urlaub fährt. Aber während der Fahrt im Zug spricht die Mutter über nichts anderes als über die Kinder, und sie basteln aus den vorhandenen Bildern auf dem Handy ein Fotoalbum für die Großeltern, anstatt mal nicht an die Kinder zu denken. Unterwegs hilft die Mutter immer wieder anderen Müttern und Kindern und als das Paar dann bei der Freundin ankommt, überlässt diese ihnen ihre drei Kinder, damit sie selbst mal einen Abend mit ihrem neuen Partner für sich haben kann.
Sie stammen aus einer Journalistenfamilie. Woher kommt Ihre Neigung zur Schauspielerei?
Die wurde ausgelöst durch meinen Deutschlehrer, der uns von der Reaktion der Zuschauer bei der Uraufführung von Schillers „Räuber“ erzählt hat, die sich und ihre Welt durch die Darstellung von Kunst ganz anders wahrgenommen haben. Das hat mich als 14-Jährigen so beeindruckt, dass mir klar war, das möchte ich machen. Von da an war ich jeden Tag im Theater, habe mir den Eintritt durch Loseerkauf verdient und mit 15 mit dem Schauspielunterricht begonnen.
Sie haben schon zahlreiche Filmpreise gewonnen. Was macht einen guten Schauspieler aus?
Da gibt es sicherlich unterschiedliche Definitionen und Wahrnehmungen. Für mich macht einen guten Schauspieler aus, dass er in der Lage ist, einen Menschen so darzustellen, dass der Zuschauer den Eindruck hat, er schaut nur zufällig zu und beobachtet ein wirkliches Geschehen. Die größtmögliche Wahrhaftigkeit war schon immer mein Ziel. Es geht dabei nicht um Selbstdarstellung. Eitelkeit ist völlig fehl am Platz, wenn es darum geht eine Geschichte zu erzählen. Wichtig ist, im Zuschauer Gefühle hervorzurufen und wer das kann, ist ein guter Schauspieler.
Sie waren auch mal Herrenmodel. Wie kam es denn dazu und wie fühlten Sie sich dabei?
Als Schauspieler haben wir damals immer mal wieder mit verschiedenen Modelabels zusammengearbeitet. Und so bekam ich eine Anfrage, für Peek & Cloppenburg einen Katalog mit Milla Jovovich zusammen zu machen. Ich habe mich nie als Model gefühlt und nie auf Äußerlichkeiten geachtet. Ich war selbst überrascht, dass jemand wie ich, der eigentlich nur mit Reclam-Heften groß geworden ist, plötzlich viel Geld dafür bekam, indem ich mein Äußeres zur Schau stellte. Aber es war natürlich schon sehr beeindruckend, eines Tages mit Riesenplakaten an Hochhäusern zu hängen, auf der einen Seite Milla Jovovich und auf der anderen Seite ich. Schade nur, dass ich Milla Jovovich dabei nicht getroffen habe.
Wie meistern Sie das Älterwerden?
Ich bin dankbar, dass ich älter werde und nicht jung sterbe, aber toll finde ich es natürlich nicht. Also ich habe mich mit 30 eindeutig wohler in meinem Körper gefühlt als mit 56. Das Einzige, was mir am Älterwerden Spaß macht, ist, dass man ernster genommen wird. Es wird honoriert, dass man 56 Jahre Erfahrung in das legen kann, was man sagt. In vielen Bereichen, gerade beruflich, hatte ich vor 17 Jahren die gleichen Ideen wie jetzt, aber da hat mir keiner zugehört, und erst als ich ein gewisses Alter erreicht hatte, fing es an sich in die Realität umsetzen zu lassen und man hörte mir ganz anders zu. Und darin liegt glaube ich das positive des Alters, dass man anders wahrgenommen wird.
Unsere aktuelle Magazinausgabe widmet sich dem Schwerpunkt „Unternehmervermögen“. Wie ist Ihre Einstellung zum Geld?
Ich bin überhaupt kein Zahlenmensch. Was meine Einstellung zum Geld betrifft, so freue ich mich, wenn es mehr wird und sehe zu, dass ich so viel arbeite, dass im Idealfall immer genug da ist. Aber das Glück hängt nicht von der Masse ab. Es ist erwiesen, dass die Zufriedenheit ab einer gewissen Summe nicht mehr steigt. Ich liebe meine Arbeit und bin dankbar, dass ich durch Dinge, die mir Spaß machen, mein Geld verdienen kann. Das ist ein riesiges Privileg. Ich hätte allerdings sicher viele Entscheidungen anders getroffen, wenn es mir in erster Linie um Gewinnmaximierung gegangen wäre.
Dann sind Sie wohl auch niemand, der täglich die Börsenkurse studiert?
Das habe ich mal eine Zeit lang gemacht und mich mit Elliot Wave beschäftigt. Ich habe früher auch immer wieder in Aktien investiert, habe aber durch die sogenannte Blase alles wieder verloren und bin zurückhaltender geworden. Mit vier Kindern muss man in unserem Beruf schon zusehen, dass man alles zusammenhält.
Würden Sie gerne Ihr eigenes Unternehmen steuern?
Ich hatte lange auch eine eigene kleine Filmproduktion. Aber ich bin viel zu sehr ein Kreativer und lasse das lieber andere Menschen um mich herum machen. Es hat sich für mich wirtschaftlich auch noch kein Grund aufgezeigt, eine GbR oder eine GmbH zu haben, sondern ich arbeite mit vielen verschiedenen Firmen zusammen und kann meine Sachen auch als Privatperson einbringen. Es liegt nicht in meinem Interesse, ein großes wirtschaftliches Risiko einzugehen. Daher kooperiere ich natürlich gerne mit Firmen, die eine ganz andere Struktur haben, als ich sie je aufbauen könnte.
Was kommt als Nächstes?
Ich arbeite an verschiedenen Projekten gleichzeitig. Die sind aber alle noch nicht spruchreif. Es hat auch mit meinem eigenen Buch zu tun. Zurzeit bin ich mit Lesungen beschäftigt und werde auch noch ein weiteres Buch schreiben. Außerdem hoffe ich, dass demnächst wieder mal ein gutes Rollenangebot kommt und ich eine Zeitlang einfach nur als Schauspieler arbeite, ohne alle Verantwortung zu tragen.
Herr Wiesinger, wir danken Ihnen für diese sehr interessanten Einblicke!
Kurzprofil
Geboren: 1966 in Hannover, verheiratet, vier Kinder
Beruf: Schauspieler, Regisseur, Autor
Hobbys: Tischlerarbeiten, Golf
Größte Erfolge:
1992: Bayerischer Filmpreis für „Kleine Haie“ (Kategorie: Bester Darsteller)
1997: Nominierung für den Deutschen Filmpreis als Bester Hauptdarsteller für „14 Tage lebenslänglich“
1997: Bayerischer Filmpreis für „14 Tage lebenslänglich“ und „Hunger – Sehnsucht nach Liebe“ (Kategorie: Bester Darsteller)
1998: Bayerischer Filmpreis für „Commedian Harmonists“
2014: Bayerischer Fernsehpreis „Der Rücktritt“
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Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.