Mehr unbezahlte Rechnungen im B2B-Geschäft

Foto: © Miha Creative_AdobeStock
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Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland blieb auch im ersten Halbjahr 2024 insgesamt schwach. Die schlechte Geschäftslage in vielen Branchen zeigt laut dem Creditreform Zahlungsindikator Deutschland zunehmende Auswirkungen auf das Zahlungsverhalten und die Höhe der offenen Forderungen. Lieferanten und Kreditgeber verzeichneten nach der aktuellen Auswertung mehr überfällige Rechnungen, während sie gleichzeitig ihren Kunden längere Zahlungsfristen einräumten. Das durchschnittliche Zahlungsziel erhöhte sich in den ersten sechs Monaten auf 31,37 Tage. Das ausstehende Forderungsvolumen wuchs auf 23.600 Euro je Schuldner. Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, kommentiert die aktuellen Entwicklungen: „Die steigenden Außenstände infolge der Konjunkturkrise belasten Kreditgeber und Lieferanten. Insolvenzen und Zahlungsausfälle nehmen teils sprunghaft zu. Die Daten der ersten sechs Monate zeigen deutlich krisenhafte Veränderungen im Zahlungsverhalten. Dabei ist der Höhepunkt vermutlich noch nicht erreicht und eine weitere Verschlechterung ist zu erwarten.“ Für die Studie hat die Creditreform Wirtschaftsforschung nach eigenen Angaben gut 3,8 Mio. Rechnungsbelege aus dem Creditreform Debitorenregister Deutschland (DRD) ausgewertet.

Gläubiger weiten Zahlungsziele aus

Die Ausweitung der Zahlungsziele im ersten Halbjahr 2024 habe vielen Schuldnern mehr Zeit gegeben, ihre Rechnungen zu begleichen. Dadurch verringerte sich branchenübergreifend die Zahlungsverzugsdauer auf 8,80 Tage und zugleich stieg der Forderungsbestand bei den Gläubigern an. Bislang hätten die Gläubiger die Forderungslaufzeit weitgehend stabil halten können. „Deutlich niedriger als im Vorjahreszeitraum war der durchschnittliche Rechnungswert bei Lieferungen an die Industrie und die Logistik. Hier macht sich die Konjunkturschwäche besonders stark bemerkbar“, ergänzt Hantzsch. Die wirtschaftliche Schwäche und die daraus resultierenden Änderungen im Zahlungsverhalten zeigten, dass deutsche Unternehmen weiterhin vor großen Herausforderungen stehen. Die erweiterte Zahlungsfristen und die steigenden Außenstände belasteten Lieferanten und Kreditgeber erheblich. Ob die Strategie der längeren Zahlungsziele auf lange Sicht erfolgreich sein wird, bleibe abzuwarten.

Abschwung nimmt weiter Fahrt auf

Der HCOB Einkaufsmanagerindex ist im Juli weiter gefallen. Die Einkaufspreise sanken langsamer, da steigende Frachtkosten die niedrigeren Rohstoffpreise teilweise aufwogen. Laut den jüngsten Daten habe sich der Abschwung in der deutschen Industrie im Juli beschleunigt. Produktion, Neuaufträge und Beschäftigung gingen gemäß der Befragung deutlicher zurück als im Vormonat. Dies spiegele sich auch in den Geschäftsaussichten für das kommende Jahr wider, die weniger optimistisch ausfielen. Die Hauptursache für das Absacken sei ein stärkerer Rückgang der Produktion. Der Abwärtstrend bei der Fertigungsrate spiegele die anhaltende Nachfrageflaute im verarbeitenden Gewerbe wider. Die Zahl der Neuaufträge ging zu Beginn des dritten Quartals so kräftig zurück wie seit drei Monaten nicht mehr. Die Umfrageergebnisse zeigten, dass die Wachstumsprognosen in den Chefetagen der Industrieunternehmen nach unten korrigiert wurden. Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, kommentiert: “Deutschlands Industrie legte einen denkbar schlechten Start in das zweite Halbjahr hin. Die Produktion rauschte auch im Juli ungebremst nach unten. Parallel dazu haben die Unternehmen ihr Personal noch stärker abgebaut. Sie haben offensichtlich wenig Hoffnung, dass sich die Lage kurzfristig bessert.

 

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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