MBGen: Regionale Finanzierungen für Gründer und Mittelständler

Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften haben sich etabliert. Dabei punkten sie mit regionaler Nähe, Marktkenntnis und Finanzierungskompetenz.
Als Stabilitätsanker dienen die MBGen in dieser herausfordernden Zeit. Foto: © JumalaSika ltd – stock.adobe.com

Als Kapitalquellen mit dem Fokus auf stille Beteiligungen für kleine und mittlere ­Unternehmen (KMU) haben sich die Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften
in den letzten 50 Jahren in Deutschland etabliert. Dabei punkten sie mit regionaler
Nähe, Marktkenntnis und Finanzierungskompetenz.

Mittelständische Beteiligungsgesellschaften (MBGen) sind heute in jedem Bundesland aktiv und bundesweit an mehr als 2.700 Unternehmen mit rund 1 Mrd. EUR beteiligt. Jährlich erhalten fast 500 Unternehmen stille Beteiligungen von einer MBG. Als Institution der regionalen Wirtschaftsförderung gegrün­det, richten sie sich jedoch an wirtschaftlichen Kriterien aus und sind ­gewinnorientiert. Das volkswirtschaftliche Gewicht der regionalen Kapitalquellen ist enorm, denn die von ihnen finanzierten Unternehmen beschäftigen rund 130.000 Mitarbeitende und setzen 29 Mrd. EUR um.

KMU und zunehmend Gründer im Fokus

Klassische Finanzierungsanlässe einer MBG-Finanzierung sind Wachstums- und Erweiterungsinvestitionen, aber auch Nachfolgelösungen und Gründungen. Dabei investieren die MBGen in der Regel zwischen 50.000 und 1 Mio. EUR – sowie in Einzelfällen bis zu 2,5 Mio. EUR. Die durchschnittliche Beteiligung beträgt derzeit rund 370.000 EUR. Die MBGen haben ihr Finanzierungsangebot im Laufe der Zeit erweitert und Geschäftsfelder wie auch ­Kapitalangebot stetig den Markterfordernissen angepasst. Ursprünglich als Finanzierungspartner des klassischen Mittelstands aufgestellt, investieren sie heute auch verstärkt in Gründungen und Kleinunternehmen.

MBG und stille Beteiligungen als Tandem

Die Umsetzung von Wachstumsplänen, Investitionsvorhaben oder der Unternehmensnachfolge stellt an mittelständische Unternehmen hohe Finanzierungsanforderungen, die Kreditfinanzierungen oder Eigenmittel allein oft nicht erfüllen können. Für KMU kann Beteiligungskapital im Allgemeinen und Mezzanine-Kapital im Besonderen vielfach eine Lösung darstellen. Mit stillen Beteiligungen wird die Finanzierungsbasis nachhaltig und langfristig gestärkt. Warum eigentlich still? Weil der Beteiligungsgeber nach außen nicht in Erscheinung tritt und nicht in das operative Tagesgeschäft eingreift. Auch wenn die stillen Beteiligungen mit offenen Minderheitsbeteiligungen kombiniert werden, bleibt der Unternehmer „Herr im Hause“. Dies macht MBG-Finan­zierungen besonders für auf Kontinuität bedachte Mittelständler attraktiv.

Mittelständische Beteiligungsgesellschaften

Quelle: BVK

Wirtschaftliches Eigenkapital

Stille Beteiligungen sind wie andere Mezzanine-Formen eine Mischung aus Eigen- und Fremdkapital. Im Fall einer Insolvenz wird der Kapitalgeber erst nach allen anderen Gläubigern bedient.­ Diese sogenannte Nachrangigkeit ist ein Kernmerkmal und Voraussetzung für die Behandlung als wirtschaft­liches Eigenkapital. Um als eben­solches zu gelten, betragen die Laufzeiten der stillen MBG-Beteiligungen zudem bis zu zehn Jahre. Danach wird die Beteiligung zum Nominalpreis zurück­gezahlt. Gleichzeitig verlangen die MBGen keine Sicherheiten, wie es Banken regelmäßig machen.

Steuerlich werden stille Beteiligungen wie Fremdkapital behandelt; das heißt, die Zinsen stellen aus Unternehmenssicht Betriebskosten dar. Unternehmen zahlen neben einem fixen Entgelt auch eine erfolgsabhängige Ver­gütung. Deshalb sollten bereits erste Umsätze realisiert werden oder in ­absehbarer Zeit fließen, denn nur über Umsatzerlöse können die fälligen Entgelte erwirtschaftet werden.

Die bilanzielle Einordnung als wirtschaftliches Eigenkapital und die entsprechende Anerkennung durch Banken und Sparkassen verbessern das Rating der finanzierten Unternehmen und eröffnen neue Finanzierungsspielräume. Diese Vorteile rechtfertigen dann auch die höheren Zinskosten im Vergleich zu einem Bankkredit.

Stabilitätsanker vor Ort

Die breite Aufstellung und regionale Verankerung hat dazu geführt, dass verschiedene MBGen neben dem Stammgeschäft im Auftrag des jeweiligen Landes als Geschäftsbesorger ­weitere Fonds für Mittelständler oder Start-ups managen. Seit 2020 sind zudem einige MBGen in ihren Bundesländern neben den Landesförderbanken als Ansprechpartner des sogenannten Säule-II-Programms der Bundesregierung aktiv. Das Eigenkapitalprogramm wurde zur Unterstützung von Start-ups und KMU bei der Überwindung der wirtschaftlichen Pandemiefolgen eingeführt. Über das Programm haben die beteiligten MBGen fast 170 Mio. EUR investiert und dienten damit vielen Unternehmen in dieser herausfordernden Zeit als Stabilitätsanker.

MBG-Investitionen (in Mio. EUR)

Quelle: MBG-Statistik; Investitionen umfassen Auszahlungen aus MBG-Eigengeschäft, Geschäftsbesorgungen und Mikromezzaninfonds

Ihre Expertise bringen die MBGen zudem seit 2013 bei dem vom Bundeswirtschaftsministerium initiierten Mikromezzaninfonds ein. Dessen Mittel werden in den jeweiligen Bundesländern durch die MBGen investiert und unterstützen Klein- und Kleinstunternehmen, die Kapital bis zu 50.000 EUR suchen, ebenfalls mit stillen Beteiligungen. Bis heute wurden so mehr als 3.000 Kleinstbeteiligungen zugesagt, im letzten Jahr rund 250.

Über das eigene Geschäft ­sowie die für Dritte gemanagten Programme ­haben die MBGen allein im letzten Jahr fast 200 Mio. EUR in KMU unterschiedlichster Größe und Start-ups investiert.

Zukunftssichernde Finanzierungspartner

MBGen beweisen mit ihren Beteiligungen, wie Beteiligungskapital kleinteilig und regional erfolgreich investiert werden kann. Mezzanine-Kapital in Form von stillen Beteiligungen wird auch ­zukünftig ein unverzichtbarer Finanzierungsbaustein für viele Unternehmen bleiben. Ob in Wachstumsphasen oder in der Krise: Echtes oder wirtschaft­liches Eigenkapital bildet das Fundament für eine krisensichere und ­zukunftsfähige Finanzierung.


Was unterscheidet eine offene von einer stillen Beteiligung?

Beteiligungsgesellschaften übernehmen im Falle einer offenen beziehungs­weise direkten Beteiligung Anteile (GmbH-Anteile oder Aktien) an einem Unternehmen und unterstützen dieses mit ihrer direkten Beteiligung durch ­finanzielle Mittel und Know-how sowie in ihrer Gesellschafterfunktion. Die ­Beteiligungsgesellschaft wird also über einen unbestimmten Zeitraum bis zum Verkauf der Anteile Mitgesellschafter an dem Portfoliounternehmen und ­erhält entsprechende Gesellschafterrechte. Eine offene Beteiligung wird zudem im Handelsregister eingetragen und ersichtlich. Ziel ist ein gesteigerter Unternehmenswert, an dem der Investor und die anderen ­Gesellschafter bei einem späteren ­Verkauf partizi­pieren.

Stille Beteiligungen sind eine Aus­prägungsform von Mezzanine-Kapital. Obwohl sie rechtlich kein Eigenkapital darstellen, werden sie als wirtschaft­liches Eigenkapital betrachtet und ­haben deshalb unter anderem auch ­einen positiven Einfluss auf das Rating eines Unternehmens. Der stille Gesellschafter leistet eine Einlage in das ­Vermögen eines Unternehmens, jedoch ohne notwendigerweise auch Anteile daran zu erwerben. Den eigenkapital­ähnlichen Charakter erhalten stille ­Beteiligungen durch ihre vertragliche Ausgestaltung. Sie werden langfristig vergeben, meist zehn Jahre und länger. Es sind dafür keine Sicherheiten durch das Unternehmen zu stellen, und die stille Beteiligung wird im Insolvenzfall nach den übrigen Gläubigern, aber vor dem Eigenkapital bedient. Darüber ­hinaus ähnelt sie grundsätzlich einem klassischen Kredit. Es werden vertraglich Laufzeit, Zins und in der Regel ­erfolgsabhängige Vergütungskomponenten festgelegt und das Unternehmen zahlt die stille Beteiligung zuzüglich der vereinbarten Zinsen zurück. Stille Beteiligungen bleiben in der Regel ­anonym – der Beteiligungsgeber tritt nach außen hin nicht in Erscheinung und wird nicht in das Handelsregister eingetragen. Wie bei offenen Beteiligungen partizipieren die Beteiligungsgesellschaften am Gewinn des Unternehmens. Bei Verlusten haftet die ­Beteiligungsgesellschaft gegenüber Gläubigern des Unternehmens lediglich in Höhe ihrer stillen Einlage.

Autorenprofil
Holger Zervas
MBG Mittel­ständischen Beteiligungsgesellschaft Schleswig-Holstein sowie der Bürgschaftsbank Schleswig-Holstein. | Website

Holger Zervas ist seit 2016 ­Geschäftsführer der MBG Mittel­ständischen Beteiligungsgesellschaft Schleswig-Holstein sowie der Bürgschaftsbank Schleswig-Holstein. Zuvor war er bei der Investitionsbank SH und der ehemaligen Landesbank Kiel tätig.

www.mbg-sh.de

Autorenprofil
Guy Selbherr
MBG Mittel­ständischen Beteiligungsgesellschaft Baden-Württemberg sowie Bürgschaftsbank Baden-Württemberg. | Website

Guy Selbherr ist seit 2004 Geschäftsführer der MBG Mittel­ständischen Beteiligungsgesellschaft Baden-Württemberg und Vorstand der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg.

www.mbg.de

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