Im Interview spricht Märklin-Geschäftsführer und Sohn des Simba-Dickie-Chefs Florian Sieber über Kindheitsträume, den Preis der Märklin-Übernahme und darüber, wie er das Göppinger Traditionsunternehmen in die Zukunft führen will.
Unternehmeredition: Über die Sieber & Sohn GmbH & Co. KG sind Sie Mehrheitseigentümer bei Märklin geworden. Warum macht es für Simba Dickie Sinn, das Unternehmen gekauft zu haben?
Florian Sieber: Die Simba Dickie Group führt mittlerweile ein sehr breites Spektrum an Spielwaren und deckt einen Großteil der am Markt relevanten Kategorien über ihre zahlreichen Marken ab. Das Modellbahnsegment wurde bisher noch nicht bedient. Märklin ist daher eine logische Erweiterung im Produktportfolio, mit einer speziellen, sehr unterschiedlichen Käuferschicht.
War es für Ihren Vater und Sie ein „Kleinjungentraum“, das Unternehmen zu besitzen?
Ich denke nicht, dass man von einem konkreten „Kleinjungentraum“ sprechen kann. Dennoch – mein Vater und ich, wir teilen die große Leidenschaft für Modelleisenbahnen. Ebenso wie ich stand auch er schon als Kind völlig fasziniert vor den großen Eisenbahnwelten. Genau dieses Herzblut, das er für die Marken Märklin, Trix und LGB mitbringt, ist die beste Voraussetzung, das Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft zu lenken.
Warum ließen Sie sich so viel Zeit, Märklin zu übernehmen?
Wir waren zum Zeitpunkt der Insolvenz 2009 noch intensiv damit beschäftigt, den französischen Spielwarenhersteller Smoby Toys in die Firmengruppe zu integrieren. Dieser Prozess hat relativ viel Zeit und einen hohen Anteil der Managementkapazitäten gekostet. Später wurden wir immer wieder seitens der Insolvenzverwaltung kontaktiert. Man versuchte, unser Interesse für die Firma zu wecken. Nach einer Besichtigung der beiden Produktionsstandorte in Göppingen und im ungarischen Györ waren wir überzeugt.
Wie hoch war der Preis?
Die Übernahme von Märklin war bisher unser größtes Engagement. Mit der Zahlung des Kaufpreises werden die Forderungen aller Gläubiger zu 100% bedient.
Setzen Sie künftig mehr auf die Spielzeuge und die Kinder im Spielzimmer oder haben Sie die Sammler im Fokus?
Grundsätzlich werden wir die von Herrn Pluta gestartete Strategie fortführen.
Wir werden also weiterhin unser Augenmerk auf den Sammlermarkt legen, parallel aber auch das 2010 lancierte my world Segment im Inland und Ausland weiter voranbringen.
Sie sagen, Übernahmen müssen sich rechnen. Wann ist es bei Märklin soweit?
Wir sehen das Invest in Märklin sehr langfristig und erwarten keinen Return On Investment (ROI) nach ein paar Jahren. Auch sehen wir, dass Märklin als Produktionsunternehmen weiterhin einen großen Teil der Einnahmen in seine Zukunft investieren muss – sowohl in Technologie, Montageautomaten und Werkzeuge als auch in Marketing und neue Absatzmärkte.
Wie entwickeln sich Umsatz und Profitabilität?
Der Märklin-Umsatz liegt derzeit bei zirka 107 Mio. EUR und Märklin ist profitabel. Sicherlich kann man die Umsätze noch weiter erhöhen. Aber sie sind nicht die einzige Größe. Wir wollen Märklin langfristig stabil und profitabel aufstellen. Das braucht Zeit und geschieht nicht von heute auf morgen. Mit weiteren Absatzmärkten, Produktentwicklungen und einem geschickten Marketing, davon sind wir überzeugt, wird Märklin die Zukunft meistern.
Viele Produkte lassen Sie in China produzieren – Märklin zog sich aus dem Reich der Mitte zurück. Bleiben Ungarn und Deutschland die einzigen Produktionsstandorte für Märklin oder kommen in Asien welche dazu?
Sowohl in Göppingen als auch in Györ ist ein enormes Produktionswissen vorhanden und an beiden Standorten wurde in den letzten Jahren erheblich investiert. Da die Produktionsbedingungen in China immer schwieriger werden, haben wir vor, diesen Weg weiterzugehen und den Anteil der eigenen Produktion weiter zu erhöhen.
Halten Sie auch künftig an den Wurzeln von Märklin fest?
Märklin steht für Modelleisenbahnen. Selbstverständlich werden wir an den Grundsätzen von Märklin festhalten. Mit dem Kindersegment my world werden wir ein zusätzliches Segment aufbauen, um Eisenbahnen als Spielzeug wieder in den Kinderzimmern zu etablieren und eine Faszination für die kommenden Generationen im Bereich Modellbau zu schaffen.
Das Interview führte Tobias Schorr.
schorr@goingpublic.de
Tobias Schorr war von März 2013 bis Januar 2018 Chefredakteur der "Unternehmeredition". Davor war er für die Gruner + Jahr Wirtschaftsmedien im Ressort Geld als Redakteur tätig. Von 2003 bis 2007 arbeitete er zunächst als Redakteur, dann als Ressortleiter beim Mittelstandsmagazin "Markt und Mittelstand". Sein Handwerk lernte er an der Axel Springer Journalistenschule.