Der Schreibgerätehersteller Lamy hat sich unter seinem ersten familienfremden Geschäftsführer Bernhard Rösner in den vergangenen Jahren zu einer internationalen Lifestyle-Marke gemausert. Der Erfolgskurs wirkt in der heutigen Zeit paradox.
Es reicht ein genauer Blick, um die Marke Lamy und ihren Erfolg zu verstehen. In den Gängen, welche die verschiedenen Geschäftsbereiche der Lamy-Welt in Heidelberg-Wieblingen verbinden, werden dem Besucher überlebensgroß verschiedene Modelle auf Plakaten präsentiert. Der Lamy 2000 vor blaugräulichem Hintergrund, ein gelbes Safari-Modell vor türkisem Hintergrund, das Gleiche beim Accent mit bordeauxrotem Hintergrund. Die Plakate sind schlicht gehalten, bis auf das geneigte Schreibgerät und eine angedeutete Zeichnung mit präzisen geraden Linien oder runden Bögen ist nichts zu sehen. Vielmehr fokussieren die Bilder den Betrachter automatisch auf das Schreibgerät, sei es ein Füller, ein Kugelschreiber oder ein Tintenroller. Mehr – so die unmissverständliche Botschaft der schlichten wie pathetischen Inszenierung – braucht man über Lamy nicht zu wissen.
Bauhausprinzip als Markenkern
Im vergangenen Jahr veröffentlichte Lamy ein PR-Buch. Anlass war das 50-jährige Jubiläum des Lamy 2000, mit dem 1966 die Geschichte der Marke begann. Das Unternehmen wurde indes schon 1930 von Carl Josef Lamy gegründet, der vorher für den amerikanischen Schreibgerätehersteller Parker arbeitete – bis heute ist Parker global der größte Konkurrent im Premiumsegment. Mit dem Lamy 2000 und der charakteristischen Zigarrenform schaffte sich Lamy seine Markenidentität. Oberstes Designprinzip ist das sogenannte Bauhaus, eine Kunstschule, die versucht, Handwerk und künstlerischen Ausdruck zu verschmelzen. Die Funktionalität soll auch optisch zum Vorschein kommen: Form follows function lautet der offizielle Leitspruch.
In dieser Tradition steht auch Geschäftsführer Bernhard Rösner. Seines Erachtens sind Design, Kunst und vor allem Architektur die wichtigsten Kommunikationsmittel einer Marke. Das zeigt sich nicht zuletzt in der Lamy-Zentrale. Eine aufwändig gestaltete Dachterrasse gehört genauso zum Fabrikgelände wie ein Atrium mit Ölgemälden und öffentlichen Wechselausstellungen. Das Entwicklungszentrum ist ganz im Sinne des Bauhaus-Prinzips als schwarzer Glaskubus mit Stützen und Seilen aus Stahl konzipiert.
In der Krise hat es Klick gemacht
Bernhard Rösner trat 2006 die Nachfolge von Manfred Lamy an. Nach zwei Familiengenerationen war er damit der erste externer Geschäftsführer. Als er startete, steckte das Unternehmen in der Krise. Seit zwei Jahren waren die Umsätze rückläufig. Der Inlandsanteil lag bei über zwei Dritteln des Gesamtumsatzes, die Internationalisierung lag dafür brach.